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Sport

Massage

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Der Autor

Thomas Meyer, Jahrgang 1967, ist promovierter Sportwissenschaftler und ausgebildeter Masseur. Er führt in Karlsruhe eine eigene Praxis, in der er unter anderem Breiten- und Hochleistungssportler physiotherapeutisch und sportpsychologisch betreut und Gesundheitssport lehrt. Selbst war er ehemals als Wasserspringer und Wasserballer im Hochleistungssport aktiv.

Weitere Informationen erhalten Sie im Internet unter www.praxismeyer.de

Vollständige E-BookAusgabe der im Copress Verlag erschienenen Printausgabe (ISBN 978-3-7679-1218-2).

Lektorat: Hans-Peter Copony, Patricia Fritsch-Lange, Pierre Sick

Produktion und Layout (Printausgabe):

VerlagsService Dietmar Schmitz GmbH, Heimstetten

Umschlaggestaltung: Pierre Sick

Umschlagfotos: Alle Tom Kohler, außer imago (unten rechts)

Alle Abbildungen im Innenteil:

Thomas Meyer, Tom Kohler, außer S. 25 (Jean Ribéry (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:MarseilleVieuxPortPontTransbordeur.JPG), »MarseilleVieuxPortPontTransbordeur «, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode); S. 149 (Sven Simon); S. 150 (Jugana Loder de:User:Jugana Loder (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gua_Sha.jpg), »Gua Sha«, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode)

Zeichnungen (nach Vorlagen des Autors):

Anneli Nau, München, digiartworx, Nittenau/Kaspeltshub

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

4., erweiterte Neuauflage 2017

© 1998, 2005, 2017 Copress Verlag in der Stiebner Verlag GmbH, Grünwald

Alle Rechte vorbehalten.

Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlags.

Gesamtherstellung: Stiebner, Grünwald

ISBN 978-3-7679-2058-3

www.copress.de

Für Heike und Hilla

Inhalt

Vorwort zur vierten Auflage

Einführung

Kapitel 1: Sportmassage – was ist das?

Der Begriff »Sportmassage«

Die verschiedenen Arten der Sportmassage

Prävention

Rehabilitation

Physiologische Grundlagen der Massage

Das Nervensystem

Das Muskelsystem

Das Knochensystem

Das Gefäßsystem

Das Hautsystem

Das Lymphsystem

Das Fasziensystem

Die physiologische Wirkung von Massagen

Die psychologische Wirkung von Massagen

Kapitel 2: Voraussetzungen zum Durchführen von Sportmassagen

Massage zwischen Berühren und Empfinden

Das eigene Körpergefühl

Maßnahmen für ein besseres Körpergefühl

Die Verantwortung für den Körper des Partners und für den eigenen

Organisatorische Vorbereitungen

Verschiedene Lagerungen

Die Position des Massierenden

Die Grundelemente der Sportmassage

Streichungen

Zirkelungen

Schüttelungen

Knetungen

Klopf- und Klatschtechniken

Kapitel 3: Einführung in die Praxis durch Selbstübungen

Selbstentspannung

Grundentspannungsposition

Audio-Datei »Grundübung« (Länge: 5:41)

Entspannung durch Positionieren

Das Aufstehen

Eine weitere Entspannungsposition

Selbstlockerungen

Die richtige Durchführung der Selbstlockerung in Entspannung

Selbstmassagen

Die Streichung

Die Zirkelung

Knetungen

Gegenläufige zweihändige Knetungen

Klopfungen

Schüttelungen

Selbstmassage mit Hilfsmitteln

Selbstmassage mit der Bürste

Selbstmassage mit Tennisbällen

Selbstmassage leicht gemacht

Kapitel 4: Entspannende Sportmassage am Partner

Vorbereitungen

Einführung in die wichtigsten Handgriffe am Rücken des Partners

Die wichtigsten Griffe an den Extremitäten

Die wichtigsten Griffe an den Armen

Die wichtigsten Griffe an den Beinen

Griffe an Kopf, Gesicht und Nacken

Griffe an Brust und Bauch

Kapitel 5: Anregende Sportmassage am Partner

Vorbereitungen

Lockerungen an den Extremitäten

Schnelle Streichungen und Lockerungen am Rücken

Vibrationen, Klopfungen und Klatschungen

Kapitel 6: Sportmassage-Beispiele auf einen Blick

Zur Erinnerung: Die wichtigsten Regeln

Selbstmassagebeispiele

Übung 1: Erholung der Muskulatur durch Selbstmassage und Selbstlockerung in Entspannung

Übung 2: Selbstlockerung und Selbstmassage im Sitzen und Stehen zur Aktivierung

Weitere Übungsbeispiele

Die Entspannungsmassage

Die Massage am ganzen Körper als Entspannungsmassagebeispiel

Die Anregungsmassage

Die Massage am ganzen Körper als Anregungsmassagebeispiel

Kapitel 7: Selbstbehandeln und Behandeln

Allgemein über das Behandeln

Über Behandlungserfolge

Selbstbehandlung – der Ablauf

Selbstbehandlung mit Übungstools

Selbstmassage des Rückens mit Tandembällen am Boden (Level 1)

Audio-Datei »Tandembälle« (Länge: 6:27)

Selbstbehandlung der Beine (einzeln) mit einer kurzen Rolle (Level 1)

Audio-Datei »Rolle« (Länge: 10:09)

Beckenbehandlung mit der Rolle (Level 1)

Audio-Datei »Becken« (Länge: 4:55)

Selbstbehandlung mit einem einzelnen Ball

Einzelball an spezielle Schmerzpunkte legen

Vorgehensweise für die Durchführung von Level-2-Übungen

Selbstbehandlung der Füße – eine wichtige Grundübung für die Behandlung von Schmerzpunkten beim Partner (Level 2)

Vorgehensweise für die Durchführung von Level-3-Übungen

Das Innere und die Kunst »innerlich die Sonne scheinen und Wolken vorbeiziehen zu lassen«

Behandeln lernen

Sonderform der Selbstbehandlung

Die Lymphdrainage

Kapitel 8: Weitere begleitende gesundheitsfördernde Maßnahmen

Die Sauna

Entspannende Bäder

Schröpfen

Gua Sha

Thera Cane®

Wohlfühlsport

Ernährung

Anhang

Literatur

Register

Vorwort zur vierten Auflage

Ich freue mich, »Sportmassage« 20 Jahre nach dem Erscheinen der ersten Auflage zum nunmehr vierten Mal überarbeitet und erweitert vorlegen zu dürfen. Ich hatte die Gelegenheit zu überprüfen, was ich damals ausgearbeitet und empfohlen hatte. Erfreulicherweise haben die ursprünglichen Ansätze ihre Gültigkeit weitestgehend behalten und bilden gleichsam die Grundlage für neu eingefügte Kapitel.

Insofern stellt sich die Frage, welche Entwicklung die Sportmassage in diesem Zeitraum vollzogen hat – was hat sich im Sport, was bei der Massage getan?

In den Bereichen Gesundheitssport und Prävention, Sport im Betrieb und am Arbeitsplatz, im Fitness- sowie im Ausdauersport haben sich zahlreiche Trends und Märkte entwickelt. Und das in Deutschland 2015 in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention ist ein Beleg für die gesellschaftliche und politische Bedeutung dieser Themen.

Im Schulsport, so mein Eindruck, sind die Anforderungen gestiegen. Hinzu kommt der allgemein zu beobachtende Noten- und Leistungsdruck. Im Leistungssport hat sich der Trend zur erfolgsabhängigen Förderung des Bundes eher verstärkt: Ausreichende finanzielle Unterstützung gibt es nur noch in den medaillenträchtigen Sportarten. Im Hochleistungs- und Profisport sind wirtschaftliche Interessen noch stärker in den Vordergrund gerückt: Zu beobachten sind zunehmende Vermarktung und mediale Verwertung von Athleten und Sportevents, einhergehend mit teilweise institutionellem Doping sowie dessen unzulänglicher Bekämpfung.

In unsere Leistungsgesellschaft ist der Sinn und Zweck von Leistung zu hinterfragen. Wir bedürfen einer kritischen Auseinandersetzung mit den Anforderungen, die uns prägen, denn Leistung sollte für sich genommen nicht negativ bewertet werden. Es hilft ein Blick zurück zu den Ursprüngen des Sportes: zum freudvollen Umgang mit Bewegung und Spiel. Sich zu fordern, die Umgebung zu erkunden, Höhen zu erklimmen, in Tiefen zu tauchen, Seen, Flüsse und Meere zu durchschwimmen, sich mit anderen zu messen, Sieg und Niederlage kennenzulernen.

Nicht unterschätzen sollten wir in diesem Kontext auch die Folgen der digitalen Kommunikation, der oftmals selbst verschuldeten ständigen Verfügbarkeit, die nicht selten in Burn-Out-Zustände mündet. Ist es nicht bereits eine Leistung, zur Ruhe kommen, zu sich selbst zu finden und sich z. B. bei einer Massage entspannen zu können?

Im Zusammenhang mit (Selbst)Massage sind vor allem Erkenntnisse und sich daraus ergebende Behandlungs- und Trainingskonzepte rund um die Faszien in das öffentliche Bewusstsein gedrungen. Dank der Arbeiten von Schleip (2014) in Deutschland, Stecco (2016) in Italien und Myers (2010) in den USA – um nur die bekanntesten zu nennen – hat die Bedeutung der Faszien als Stütz-, Halteaber auch Kommunikationsorgan im menschlichen Körper stark zugenommen. Dies beeinflusst manualtherapeutische Konzepte und Interventionen und erklärt Wirkungen altbekannter Methoden, wie der klassischen Massage oder – aus der chinesischen Medizin – Akupunktur, Tuina, Gua Sha.

Auf der immerwährenden Suche nach neuen Trends wurde das Faszien-Konzept in der Fitness-Branche bereitwillig aufgegriffen und es entstand in Kombination mit dem gestiegenem Interesse an Bewegungs-, Kräftigungs- und Regulationsverfahren wie Yoga, Pilates u. ä. mit der Entwicklung von Faszien-Rollen ein Markt für Selbstmassage bis hin zur Selbstbehandlung. In diesen Bereichen setzt die Erweiterung des vorliegenden Buches an. Ich fühle mich aufgefordert, Prinzipien der Themen Behandlung und Selbstbehandlung anzusprechen und zu überdenken.

Welche Maßnahmen zur Behandlung von Schmerzen können Sie, liebe Leser, für sich selbst als auch für Ihre Partner anwenden? Worauf sollten Sie dabei achten?

In den vorhergehenden drei Auflagen wurde aus medizinischen Gründen der Unfallverhütung davon abgesehen, Behandlungstipps an die Hand zu geben. Sportmassage wurde definiert als Massage am Gesunden. Nach den oben beschriebenen Entwicklungen im Bereich der Selbstbehandlung habe ich mir aus medizinischen Gründen der Unfallverhütung eher Gedanke darüber gemacht, wie eine Selbstbehandlung als auch eine Behandlung eines Laien an einem Partner zum Wohle gelingen kann. In meine Praxis kamen schon Patienten, die sowohl durch Selbstbehandlung als auch durch Laienbehandlung ihres Partners erst zu Patienten wurden.

Ansonsten hält sich das Buch an die bewährte Didaktik. Das Erlernen der Behandlungstechniken beim Sportler bzw. Partner baut auf den Erfahrungen an sich selbst auf.

Anzumerken sei noch, dass sich die Empfehlungen zu den Behandlungstechniken an Gesunde bzw. Personen mit leichteren Beeinträchtigungen (Subgesunde) richten und nicht an Kranke. Im Zweifelsfall sollte stets ein Therapeut bzw. Arzt konsultiert werden.

Mein Dank gilt Tom Kohler (Internationale Fotografie; www.tomkohler.de) und Hannah Dopf, Sport-Model, für das gelungene Fotoshooting.

Viel Freude mit dem Buch

Thomas Meyer, im Sommer 2017

Einführung

Dieses Buch richtet sich zum einen an alle Sporttreibenden, die sich für verschiedene Möglichkeiten der Vorbereitung und Nachbereitung sportlicher Leistungseinsätze interessieren. Zum anderen sind ebenso alle Nicht-Sportler angesprochen. Denn der Begriff Sportmassage bezeichnet lediglich eine spezifische Form der klassischen Massage und setzt das Ausüben sportlicher Tätigkeiten weder für den Massierenden noch für den Massierten voraus. Die Sportmassage entstand in der Welt des Sports. Sie wird als Mittel zur Optimierung sportlicher Leistungsfähigkeit eingesetzt. Die Art und Intensität der sportlichen Leistung soll in diesem Ratgeber ganz bewusst keine Rolle spielen. Ebenso berücksichtigt das Buch weder Alter noch Leistungsstärke der Aktiven. Die Sportmassage will derart vermittelt werden, dass eine möglichst breite Gruppe von Interessenten angeregt wird, einfache und trotzdem sehr angenehme und wirkungsvolle Formen zu erlernen und zu üben. Heutzutage werden im Beruf, im Haushalt, in der Schule etc. ebenso Leistungen erbracht, die sich mit einer körperlichen Vor- oder Nachbereitung verbessern lassen. Seit einigen Jahren gibt es Dienstleistungen, die im Rahmen von Gesundheitsförderungsprogrammen etwa Massagen am Arbeitsplatz anbieten. Denn eine Massage (selbst durchgeführt oder von einem Kollegen oder einem professionellen Anbieter) kann die Arbeit am Computer oder am Schreibtisch durchaus erleichtern und dadurch eventuell die Kreativität fördern. Inwiefern unterscheidet sich die Sportmassage von herkömmlichen Arten der Massage? Die Sportmassage verfolgt eigentlich keine therapeutischen Ziele! Das bedeutet, sie wird nur am gesunden Körper durchgeführt. Liegen auch nur die geringsten Schmerzzustände, sei es an Rücken oder Kopf etc., vor, sollten Sie die im 7. Kapitel beschriebene Vorgehensweise üben. Nur unter diesem Gesichtspunkt kann es das Hauptanliegen dieses Buches sein, einer möglichst breiten Öffentlichkeit den Einstieg in die Sportmassage zu vermitteln. Denn die Sportmassage ist eine Kunst und erfordert Einfühlungsvermögen und Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit sich selbst und dem Körper des Partners. Das Buch soll aber nicht nur als eine Einführung für den Laien verstanden werden – auch Masseure oder Physiotherapeuten können hier Anregungen oder Ideen finden. Sie werden weder mit ungewohnten medizinischen Ausdrücken, anatomisch-physiologischen Theorien noch mit schwer erlernbaren Massagehandgriffen konfrontiert. Es werden die realen Verhältnisse berücksichtigt, unter denen Sportmassage für die meisten nur durchgeführt werden, falls keine Massagebank oder professionelles Lagerungsmaterial zur Verfügung stehen. Deshalb werden die meisten Massage- und Entspannungsmaßnahmen am Boden erläutert, sind aber so ausgewählt, dass sie auch für die, die eine Bank zur Verfügung haben, durchgeführt werden können. Der Aufbau des Buches richtet sich nach einer speziell dem Leser angepassten Methodik. Das Anregen und Erleben des eigenen Körpergefühls steht sozusagen vor dem Vermitteln anatomischer und physiologischer Erkenntnisse. Das Fühlen des fremden Körpers und die Konzentration auf den Menschen, der sich einem gegenüber befindet, steht vor dem Erlernen besonderer Knetungen oder schwerer Vibrationen. Außerdem sei hier erwähnt, dass auch die professionellen Masseure zu 90 Prozent auf die einfach auszuführenden Griffe und Techniken zurückgreifen, die in diesem Buch vermittelt werden. Die Techniken zur Anregung des eigenen Körpergefühls stellen selbst schon Maßnahmen dar, die der Vorbereitung eines Leistungseinsatzes oder der Regeneration dienen. Außerdem stehen sie am Anfang des praktischen Teils, weil man an sich selbst sehr gut die ersten Griffe ausprobieren kann und deren Wirkung unmittelbar spürt. Die Griffe und Techniken, die dann in der Partnermassage eingeführt werden, sind zum großen Teil die gleichen. Da die Sportmassage in eine entspannende und anregende Form unterteilt werden kann, werden die Griffe zuerst in der entspannenden Partnermassage geübt, weil diese wesentlich langsamer ausgeführt wird. So hat dieses Buch ein quantitatives Hauptgewicht auf entspannenden Maßnahmen. Trotz der Schwierigkeit, die Massagegriffe in einer entsprechenden Geschwindigkeit durchzuführen, werden dem Leser auch einfach auszuführende Anregungstechniken vermittelt. Im theoretischen Teil des Buches wird der Grund für dieses Vorgehen nochmals eingehend geschildert. Hier stehen die Informationen im Vordergrund, die man als Voraussetzung zum Massieren unbedingt benötigt, darunter auch die physiologischen, psychologischen und organisatorischen. In Kapitel 6 werden die wichtigsten Regeln nochmals Zusammengefasst und verschiedene Massagekombinationen vorgeschlagen. In Kapitel 7 haben Sie die Möglichkeit, grundlegende Prinzipien für Behandlungstechniken an muskulären Schmerzstellen nachzulesen, zu üben und anzuwenden. Auch zuerst bei sich selbst, dann beim Partner. Das heißt also: Wenn Sie das Buch gut durchgearbeitet und Spaß an den Übungen gefunden haben, können Sie den Ratgeber benutzen, um komplette Ganzkörpermassagen von einer Dauer zwischen 20 und 30 Minuten oder länger durchzuführen.

Sie lernen die vielfältigen Möglichkeiten der Sportmassage kennen, die Sie für sich alleine oder mit Partnern nutzen können. Dadurch wird

Ihre Leistungsbereitschaft erhöht,

Ihr persönliches Wohlgefühl verbessert,

Ihre Lust am Sporttreiben vergrößert,

Verletzungen besser vorgebeugt,

die Regeneration Ihres Körpers und Geistes nach einer Belastung optimiert,

und Sie lernen, auch im Alltag mit Stresssituationen besser umzugehen.

Kapitel 1:
Sportmassage – was ist das?

Der Begriff »Sportmassage«

Sportmassage bezeichnet eine spezielle Form der Massage, die in erster Linie im Sport angewendet wird. Sie hat sich aus den jeweiligen Anforderungen, die sich an die Sporttreibenden stellen, entwickelt. Der Ursprung des Begriffes »Massage« ist nicht eindeutig zu erklären, vermutlich liegen die Wurzeln des Wortes im griechischen »massein« (= kneten, reiben, betasten). Das Wort Massage stammt jedoch aus dem Französischen.

Massage ist eine mechanische Beeinflussung der Haut, des Gewebes und der Muskulatur des menschlichen Körpers.

Das Medium, mit dem der menschliche Körper beeinflusst wird, ist vorzugsweise die menschliche Hand. Der Massierende berührt mit seiner Hand eine bestimmte Körperpartie eines Partners (z. B. den Rücken) und führt auf diesem bestimmte Bewegungen durch, mit dem Ziel, die Körperstelle zu entspannen oder mehr zu durchbluten. Es gibt in der Physiotherapie natürlich auch die Möglichkeit, indirekt innere Organe zu beeinflussen. Dieser Massage-Aspekt wird in diesem Buch im Abschnitt über das Fasziensystem berücksichtigt. Der Sporttreibende ist eine Person, die von ihrem Körper bestimmte Leistungen fordert. Diese Leistungen sind im Sport zum großen Teil an mehr oder weniger anstrengende Bewegungen des Körpers gebunden. Um diese Leistungen gut bewältigen zu können, muss sich der Körper in einem gesunden und voll funktionsfähigen, d. h. leistungsbereiten Zustand befinden. Deshalb kann der Sporttreibende vor dem Leistungseinsatz seinen Körper beispielsweise aktiv erwärmen, um den Kreislauf zu aktivieren und den Muskeln zu einer besseren Durchblutung zu verhelfen. Jeder Breitensportler weiß, dass, wenn er mit dem Auto zum Joggen fährt (möglicherweise sogar noch bei kalter Witterung) und sich nicht um eine vorbereitende aktive Erwärmung seiner Muskulatur kümmert, das Joggen dann nicht locker und leicht, sondern eher gequält und mühsam vonstatten geht. Möchte der Jogger auch noch in einer höheren Geschwindigkeit laufen, wird er merken, dass dies nur mit einer vorher aufgewärmten Muskulatur möglich ist. Abgesehen davon ist mit einer kalten Muskulatur die Gefahr einer Verletzung wesentlich größer.

Die Muskulatur muss vor einem sportlichen Leistungseinsatz gut erwärmt, das heißt gut durchblutet sein und sich locker anfühlen.

Um diese Lockerheit und Durchblutung der Muskulatur noch zu intensivieren, wird nun eine bestimmte Art der Sportmassage eingesetzt. Durch entsprechende Schüttelungen, Reibungen etc., die der Sportler auch selbst ausführen kann, wird die Leistungsbereitschaft des Körpers verbessert und das Verletzungsrisiko zusätzlich reduziert.

Die Sportmassage ersetzt nie das aktive Aufwärmen der Muskulatur, sie ergänzt es lediglich sinnvoll.

Nach dem sportlichen Leistungseinsatz ist es meist so, dass sich der Körper in einem mehr oder weniger angestrengten bis erschöpften Zustand befindet. Dieser Zustand kann unter gewissen Umständen als eine Art Stress verstanden werden. Der Körper musste sich während der sportlichen Leistung an ein anderes Niveau, z. B. der Herzaktivität oder der Hormonausschüttung, anpassen. Wir bleiben beim Beispiel Joggen: Genauso, wie man beim Joggen nicht einfach ohne Vorbereitung loslaufen kann, tut man seinem Körper nichts Gutes, wenn man das Joggen abrupt beendet. Vielleicht sind Sie einmal am Ende eines Laufs in einen Regenguss gekommen oder mussten wegen Verspätung sofort ins Auto steigen und losfahren. Dann können Sie bestimmt bestätigen, dass Ihr Gefühl für den eigenen Körper, die Zufriedenheit mit sich selbst ob der erbrachten Leistung viel weniger ausgeprägt waren, als wenn Sie noch eine Weile im Wald geblieben wären, ein paar Mal tief durchgeatmet hätten, umhergegangen wären und gewartet hätten, bis sich Ihr Pulsschlag beruhigt und das Schwitzen aufgehört hat. Hinweis: Fahren Sie nach Möglichkeit nicht mit dem Auto, sondern mit dem Fahrrad zum Joggen, oder gehen Sie zu Fuß.

Genauso, wie Sie sich vor einem Leistungseinsatz aufwärmen sollen, müssen Sie sich nach jedem Leistungseinsatz abwärmen. Man nennt dieses Abwärmen im Sport »Cool-down«.

Die Sportmassage wird nun eingesetzt, um diesen Cool-down zu verbessern bzw. zu intensivieren. Die Dauer eines Cool-downs ist abhängig von der Intensität und der Dauer einer erbrachten sportlichen Leistung. (Beispielsweise werden während der Tour de France die Radfahrer nach den jeweiligen Etappen bis zu zwei Stunden ausmassiert.) Da der Mensch nun aber nicht nur körperlich existiert, sondern auch eine Psyche hat, d. h. weiß, fühlt und erkennt, dass er Leistung bringen wird oder gebracht hat, nimmt die Sportmassage auch einen wichtigen Stellenwert im Bereich des psychischen oder mentalen Leistungsvor- und -nachbereitens ein. (Man kann sich vorstellen, wie zum Beispiel ein Radsportprofi nach einer 200 km langen Bergetappe auf dem Massagetisch liegend die besonderen Eindrücke Zuschauer, Leistungskrisen, Höhepunkte etc. gedanklich und emotional verarbeiten kann.)

Die Sportmassage beeinflusst neben dem Körper auch ganz besonders die Psyche des Sportlers. Und zwar unmittelbar durch die wohltuende Berührung und ein eventuelles Gespräch mit dem Massierenden.

Die verschiedenen Arten der Sportmassage

Sportmassagen lassen sich je nach dem Zeitpunkt der Anwendung und dem Zweck, den sie bewirken sollen, unterscheiden:

Möchte man eine eher beruhigende Wirkung erzielen, kann man die Sportmassage schlecht vor einem sportlichen Leistungseinsatz anwenden. Sinnvoll ist eine beruhigende, entspannende Massage nach körperlicher Anstrengung.

Ebenso ist eine anregende, motivierende Massage vor dem Leistungseinsatz sinnvoll.

Diese beiden Massageformen sind die wichtigsten, um die es in diesem Buch geht.

Vor dem Leistungseinsatz = Anregungsmassage

Nach dem Leistungseinsatz = Entspannungsmassage

Ziel der Anregungsmassage:

Förderung der Durchblutung

Lockerheit der Muskulatur

Allgemeine Leistungsbereitschaft

Wachheit

Ziel der Entspannungsmassage:

Entmüdung

Schnellere Regeneration

Körperliche und psychische Bewältigung der erbrachten Leistung

In der Sportwissenschaft werden noch andere Formen der Sportmassage auseinandergehalten, die in diesem Buch aus methodischdidaktischen Gründen nur an dieser Stelle erwähnt werden. Der Unterschied liegt nicht in der Anwendung der Grifftechniken, sondern in der Intensität, Dauer und im Zeitpunkt der Anwendung. Es gibt also die Trainingsmassage und die Massage zwischen den Wettkampfabschnitten, beispielsweise bei Leichtathleten, bei Fußballern in der Halbzeit etc.

Die Trainingsmassage kann durchaus unter die Rubrik Entspannungsmassage gestellt werden, denn die Trainingsmassage wird ebenfalls nach dem sportlichen Einsatz, nach dem Training, angewendet. Das bedeutet: Die regenerative Komponente steht hier im Vordergrund.

Die Massage zwischen den Wettkampfabschnitten stellt eine Mischform dar. Je nachdem muss die Muskulatur des Sportlers entmüdet und gelockert oder angeregt werden. Hier wird meist zuerst in entspannender Qualität, dann in anregender Qualität gearbeitet.

Wenn Sie durch dieses Buch die Anregungs- und Entspannungstechniken erlernt und geübt haben, dann werden Sie auch in der Lage sein, diese in einer Mischform anzuwenden. Wichtig bei allen Massagearten ist es immer zu wissen:

– Welches Ziel hat die Massage?

– Welche Wirkung hat die Technik, die ich gerade anwende?

Beides sollte übereinstimmen. Im nächsten Abschnitt werden die Wirkungen von Sportmassagen nach physiologischen und psychologischen Gesichtspunkten erklärt.

Prävention

Die Bedeutung von Prävention, also von Maßnahmen zur Vorbeugung von Erkrankungen, Verletzungen oder Verhütung von Unfällen, hat in der Gesellschaft und im Sport in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Nicht zuletzt aufgrund der Erkenntnis, dass damit Kosten für Krankenkassen und Versicherungen gesenkt werden können. Zu entsprechenden Maßnahmen und Verhalten werden Gemeinden, Städte, Betriebe, Sportvereine und jeder Einzelne motiviert.

Größter Versicherer ist in diesem Fall die gesetzliche Unfallversicherung VBG (www.vbg.de). Sie ist im Sport vorrangig im Fußball sehr aktiv mit der Aktion sei-kein-dummy.de. Auf dieser Website werden Verhaltensmaßnahmen erläutert und kleine Tests angeboten mit denen jeder Einzelne für sich überprüfen kann, wie fit und gedehnt er ist, um mögliche Verletzungen vorzubeugen.

Sowohl im Leistungs- als auch im Breitensport wird die Vor- und Nachbereitung im Hinblick auf zu erwartende Belastungen immer noch ein wenig stiefmütterlich behandelt. Die Verletzungsstatistik, alleine im Fußball der unteren Jugend- und Erwachsenen-Ligen, lässt auf ein enormes Verbesserungspotential schließen. Viele Vereine verfügen jedoch weder über Physiotherapeuten noch über Athletiktrainer.

Dennoch sind – vor allem im höheren Leistungsbereich – auch positive Entwicklungen erkennbar: Als ich 1997 begann für einen U19-Bundesligisten als Sportpsychologe tätig zu werden, waren den meisten Spielern Dehn- bzw. Stabilisationsübungen gänzlich unbekannt. Heutzutage leisten sich die Nachwuchsleistungszentren entsprechendes Fachpersonal wie etwa »Präventionstrainer«, Athletiktrainer, Reha-Trainer und selbstverständlich Physiotherapeuten sowie sportpsychologische Begleiter.

Der Deutsche Fußballbund nimmt in dieser Hinsicht eine Vorreiterrolle in Deutschland ein, es wäre allerdings zu wünschen, dass auch andere Sportverbände versuchen, in diesen Bereichen nachzuziehen (auch wenn sie in der Regel finanziell schlechter ausgestattet sind als die Fußballer). Es könnte verstärkt in Aufklärung und Information sowie in Trainerfortbildungen investiert werden.

Eine interessante Aussage der VBG ist, dass die Verletzungsanfälligkeit eines Sportlers als Indiz einer suboptimalen Trainingssteuerung gesehen werden kann: Verletzungsanfälligkeit kann ein Zeichen von Übertraining bzw. nicht ausreichender Erholung sein.

Leider legen viele Trainer immer noch viel zu wenig Wert auf Erholung. Damit sind wir bei unserem Thema: Wie hoch ist der Wert einer Sportmassage? Was können wir tun, wenn uns niemand einen Therapeuten bezahlt? Wir können uns selbst massieren und behandeln. Aber dieser Wert sollte ins Bewusstsein der Trainer dringen, sie sollten dafür Raum und Zeit zur Verfügung stellen!

In meiner langen Zeit als Betreuer im Sport habe ich leider schon zahlreiche Fälle erlebt, in denen die Bedeutung der Erholung völlig ignoriert wurde:

Eine rhythmische Sportgymnastin, die neben der Belastung auf dem Sportgymnasium einen Trainingsaufwand von 25 Stunden die Woche hat, musste den Weg zur Trinkflasche im Laufschritt zurücklegen, gehen war untersagt. Ihre Belastung im Krafttraining ging bis zum Heulkrampf und zur völligen Erschöpfung.