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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2017 Verlag Anton Pustet

Lektorat: Dorothea Forster

ISBN 978-3-7025-0860-9
eISBN 978-3-7025-8043-8

www.pustet.at

Die in diesem Führer beschriebene Wanderung wurde von den Autoren nach bestem Wissen erstellt. Inhaltliche Fehler sind jedoch nie auszuschließen. Es wird keinerlei Verantwortung und Haftung für Unstimmigkeiten übernommen. Leider werden immer wieder Wegtafeln entfernt oder falsch eingerichtet, Bäume mit Markierungen fallen Schlägerungen zum Opfer. Korrekturen werden gerne entgegengenommen: Alpenverein Freistadt, Salzgasse 23, 4240 Freistadt, freistadt@sektion.alpenverein.at

Österreichischer Alpenverein Freistadt (Hg.) Gerd Simon, Markéta und Michael Tauber

NORDWALD
KAMMWEG

WEITWANDERN IM GRENZLAND

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Nationalpark Sumava

Inhalt

Einleitung

Der Nordwaldkammwegführer

Zwölf Gründe, den NWKW durch Böhmen und das Mühlviertel zu wandern

Die Region rund um den NWKW

Zu beachten

Gastronomie am Weg

Vorschlag einer Tageseinteilung für Hin- und Rückweg

Nordwaldkammweg

Einteilungsvorschlag klassischer NWKW

Detaillierte Wegübersicht klassischer NWKW

1

Vom Hochstein bis Schöneben

2

Von Schöneben bis Haslach

3

Von Haslach bis Bad Leonfelden

4

Von Bad Leonfelden nach Freistadt

5

Von Freistadt nach Sandl

6

Von Sandl zum Nebelstein

7

Vom Nebelstein nach Nové Hrady

Nordwaldkammweg II

Kurze Wegbeschreibung des NWKW II

Einteilungsvorschlag NWKW II

8

Von Nové Hrady nach Žofín

9

Von Žofín nach Dolní Přibrání

10

Von Dolní Přibrání nach Eisenhut

11

Von Eisenhut nach Rading

12

Von Rading nach Svatý Tomáš

13

Von Svatý Tomáš nach Zadní Zvonková

14

Von Zadní Zvonková zum Dreisesselberg

Nordwaldkammweg III

Einteilungsvorschlag NWKW III

10A

Von Dolní Pribrání nach Rožmberk

11A

Von Rožmberk nach Vyšší Brod

12A

Von Vyšší Brod nach Frantoly

Anhang

Öffentliche Verkehrsverbindungen

Querwege und Weganschlüsse

GPS-Daten NWKW

Unterkünfte am klassischen NWKW

Unterkünfte am NWKW II

Unterkünfte am NWKW III

Orte am Weg

Sport an den NWKWen

Was steht alles auf einer gelben Markierungstafel?

Landkarten für die NWKWe

Kontrollstellen

Zuständigkeiten für die NWKW-Abschnitte

Europäischer Fernwanderweg E6

Historische Entwicklung des Kammwegs

Verwendete Abkürzungen

Nützliche tschechische Wörter für die Reise

Willkommen beim Alpenverein

Verleihungsantrag

Einleitung

Der klassische Nordwaldkammweg (NWKW) mit seiner markant blauen Kammmarkierung ist der älteste der zehn großen Weitwanderwege in Österreich und ein Abschnitt des Europäischen Fernwanderwegs E6.

Dieser mystische Wanderweg entlang der mitteleuropäischen Wasserscheide ist rund 160 km (früher 144 km) lang und zieht sich heute vom Böhmerwald/Hochstein (1 333 m) durchs nördliche Mühlviertel, oft nahe der tschechischen Grenze, über den Hochficht (1 338 m), Sternstein (1 122 m), Hirtstein (844 m), Braunberg (912 m), Nebelstein (1 017 m) und Mandelstein (874 m) bis zum Grenzübergang Pyhrabruck (543 m) bei Gmünd/NÖ.

Wer den Nordwaldkammweg erwandert, stößt auch auf die Alpenvereinshütten bei Helfenberg (840 m), am Braunberg bei St. Oswald (903 m) und am Nebelstein (1 017 m) in Niederösterreich.

Seit 2012 gibt es zum klassischen Nordwaldkammweg, der vom Wegwart der Alpenvereinssektion Linz, Dipl.-Ing. Hellmut Feix, entworfen und 1960 anlässlich der Jahreshauptversammlung des Österreichischen Alpenvereins in Freistadt der Öffentlichkeit übergeben wurde, einen rund 175 km langen Nordwaldkammweg II als Rückweg. Er und der Nordwaldkammweg III entstanden als Euregioprojekt unter Projektleiter Dipl.-Ing. Gerd Simon und wurden 2012 in Český Heršlák feierlich eröffnet. Der Nordwaldkammweg II führt teilweise durch tschechische Grenzgebiete (Grünes Band) und teilweise durch Österreich in Grenznähe. In Tschechien ist dieser Weg mit lokalen Markierungen versehen, sonst mit dem Kammlogo und dem Zusatz „II“.

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Über im Buch vorhandene und auch von www.alpenverein-freistadt.at downloadbare Wanderkarten kann der genaue Verlauf mit den Markierungsfarben ersehen werden. In diesen Wanderkarten sind strichliert auch die Verbindungswege zwischen dem klassischen Nordwaldkammweg und dem Nordwaldkammweg II eingezeichnet, die es erlauben, beide Wege in Achterschleifen zu erforschen.

Der Nordwaldkammweg III ist eine Variante des Nordwaldkammwegs II, der durch den Ausgangsort des alten Kammwegs aus 1911, Rožmberk na Šumavě/Rosenberg an der Moldau, führt. Der Nordwaldkammweg III zweigt in Dolní Přibrání/Sinetschlag vom Nordwaldkammweg II ab und trifft auf ihn wieder in Frantoly/Frauenthal.

Der Dreisesselberg (1 332 m) in Bayern/Böhmerwald bildet die westliche Begrenzung, der Mandlstein (874 m), 3 Gehstunden nördlich der ÖAV-Nebelsteinhütte (1 006 m) in der Nähe von Gmünd in Niederösterreich, die östliche Berg-Begrenzung des Nordwaldkammwegs.

Der Nordwaldkammweg ist der Wanderweg im Mühlviertel.

Der Nordwaldkammwegführer

„Der Weg ist das Ziel“, wusste schon Konfuzius, der chinesische Philosoph. Wanderer haben diese Erkenntnis natürlich schon längst für sich entdeckt. Wer im Urlaub so richtig den Kopf freibekommen möchte, der sollte sich eine entsprechend schöne und ansprechende „Wanderkulisse“ suchen.

Was gibt es da Passenderes als „Panoramawandern“ im Böhmerwald, wo Berge, Bäche, Hochmoore, unberührte Wiesen und Wälder eine besondere Symbiose der Natur liefern. Wer einmal dort gewandert ist, kommt zur Entspannung gerne wieder. Zu jeder Jahreszeit, im Frühling mit dem frischen Grün auf den Laubbäumen, im Sommer unter kühlem Schatten des Waldes, im Herbst mit dem sich verfärbenden Laub oder im Winter mit den Schneeschuhen oder Cross-Country-Schiern an den Beinen ist das Wandern am tschechisch-österreichischen Grenzkamm ein großartiges Erlebnis.

Dipl. Ing. Hellmuth Feix, Vorsitzender des Sektionsverbandes Oberösterreich des Österreichischen Alpenvereins, schrieb im Vorwort zur 6. Auflage des Büchleins „Nordwaldkammweg“ 1980:

„In Verbindung mit der Schaffung der als Touristenzone Salzsteig bezeichneten Grenzübergangsstelle des NWKW zur Deutschen Bundesrepublik war bereits anlässlich seiner Errichtung an den Einbau in ein größeres Wegenetz über die Staatsgrenzen hinaus gedacht. Der direkte Anschluss an die „Nördliche Hauptwanderlinie“ des Bayerischen Waldvereines nach Westen über Lusen, Rachel und Arber und weiter hinaus, lag nahe. Schon damals fanden erste Kontaktaufnahmen zum Bayerischen Waldverein in Regensburg und seinen Sektionen in Straubing und Passau zur Schaffung eines Internationalen Weitwanderweges statt. – Die erste Weiterführung nach Osten erfolgte von der ÖAV-Sektion Horn durch den Kamptal-Seenweg.

Die Verwirklichung dieser Gedankengänge wurde durch den damaligen ersten Vorsitzenden des Österreichischen Alpenvereines Univ. Prof. Dr. Hans Kinzl in die Wege geleitet, indem er die Verbindung zum Präsidenten der „Europäischen Wandervereinigung“, Dr. Georg Fahrbach herstellte. – Die entscheidende Vorbesprechung mit Dr. Fahrbach fand dann am 28. April 1973 auf der „Silberhütte“ des Oberpfälzer-Waldvereines statt, die zur Krönung dieser Idee durch den Einbau des Wegzuges „Nordwaldkammweg Nordsüdweg“ in den „Europäischen Fernwanderweg Nr. 6“, „Ostsee – Wachau – Adria“, führte. Bei der Tagung der Europäischen Wandervereinigung am 6. Oktober 1973 in Malmedy wurde dann offiziell dieser damals rund 1 300 km lange, internationale Fernwanderweg „E 6“ beschlossen. Mit dieser Entwicklung wurde nun der „Nordwaldkammweg“ – als erster österreichischer Weitwanderweg – nicht nur Muster und Keimzelle zur größeren Entwicklung des Weitwanderwegsystems in Österreich, sondern auch zur Grundlage des Begriffes über das „Wanderbare Österreich“.

Zur 5. Auflage dieses Wanderführers hatte Dr. Fahrbach das Geleitwort geschrieben. Darin hat er den NWKW als einen der schönsten Wanderwege in Mitteleuropa bezeichnet. Seither ist der Weg in einem hohen Maß zu einer erstrebten und immer wieder gerne besuchten und beliebten Wanderstrecke geworden. Dem Rechnung tragend war es nun notwendig, in einer Neufassung des Führers die zwischenzeitlich eingetretenen örtlichen Veränderungen in der Landschaft sowie in der Wegführung aufzunehmen und zu berücksichtigen.

Diese Neuauflage soll nun nicht nur zum genussreichen Wandern im einmalig schönen Mittelgebirgsgebiet des Böhmischen Massivs anregen, sondern auch die technischen Voraussetzungen, Hinweise und Auskünfte zur leichten und einwandfreien Begehung des Wegs vermitteln. Nicht zuletzt soll durch ihn aber auch der Erholungsund Naturwert des Wegs dokumentiert werden. Nach vollbrachter Tat möge er liebe Erinnerungen an schön verbrachte Tage, unvergessliche Eindrücke und Wandererlebnisse wachhalten.

Der Dank der Autoren, Dipl.-Ing. Gerd Simon sowie Markéta und Dr. Michael Tauber, gilt insbesonders den Autoren der 1. bis 6. Auflage des ursprünglichen Wanderführers, dem verstorbenen Obmann der Sektion Freistadt, Bmstr. Rudolf Gebetsroither, und dem Ehrenmitglied und langjährigen Obmann der Sektion Freistadt, Dr. Helmut Freilinger, den Korrekturlesern Dr. Dagmar Everding, Dr. Angela und Mag. Franz Priemetzhofer, sowie Franz Lasinger für das Kapitel „Die Region rund um den NWKW“, den Wegewarten Gottfried Gahleitner und Rudi Thumfart fürs Durchlesen ihrer Abschnitte, den Mitarbeiterinnen der Tourismusbüros Bad Leonfelden (Claudia Hartl), Freistadt (Petra Ellmecker) und Waldviertel (Silvia Kamleithner) fürs Korrigieren der Quartierslisten, der Lektorin Mag. Dorothea Forster, der Grafikerin Mag. Nadine Kaschnig-Löbel vom Verlag Anton Pustet und den Kartografen Mag. Herwig Moser und Roman Ertl der Arge-Kartografie.

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Adlerskulptur von Schöneben

Zwölf Gründe, den NWKW durch Böhmen und das Mühlviertel zu wandern

  1 Entlang des Weitwanderwegs erlebt man verschiedene Landschaftstypen: die Mühlviertler Kulturlandschaft auf dem Hinweg, das Grüne Band mit seiner hohen Biodiversität auf dem Rückweg.

  2 Weitwandern baut den Stress ab und bringt uns auf neue Gedanken. Insofern steht der NWKW als ältester Weitwanderweg Österreichs dem Jakobsweg in nichts nach.

  3 Die Übernachtungen auf den Berghütten, z. B. Braunberghütte oder Nebelsteinhütte, vermitteln trotz geringerer Höhe und Beanspruchung ein Feeling wie beim Wandern in den Alpen mit gemütlichen Abenden und neuen Bekanntschaften.

  4 Die zahlreichen alten Marterln und Bildstöcke, die den Weg säumen, laden zum Verweilen und Besinnen ein.

  5 Der NWKW führt zu interessanten mittelalterlichen Altstädten in Oberösterreich und in Böhmen: Freistadt, Bad Leonfelden, Nové Hrady, Rožmberk oder Vyšší Brod.

  6 Entlang des Weges finden sich keltische Opferschalen und alte Kraftplätze. Diese Schalen sind unerklärlicherweise immer mit Wasser gefüllt. Dienten sie dem Nachrichtenwesen in vergangener Zeit?

  7 Der Schwarzenbergische Schwemmkanal ist eine Ingenieurleistung aus der Vergangenheit: Über diesen Kanal wurde Holz über die transkontinentale Wasserscheide Richtung Wien geflößt. Im 18. Jahrhundert errichtete Josef Rosenauer mit rund 1800 Helfern und einfachen Werkzeugen dieses Bauwerk, das schließlich 54 km lang war und bis 1916 benutzt wurde. Der Kanal wurde vor allem in Tschechien wieder gut instand gesetzt. Zu bestimmten Terminen kann man auch bei uns in Österreich einem Schauschwemmen beiwohnen (www.boehmerwald.at). Beliebt ist der Schwarzenbergische Schwemmkanal heute vor allem bei den Radfahrern, bietet er doch wenig Steigungen und auch im Hochsommer immer Kühle und Schatten.

  8 Zahlreiche historische Stätten säumen den NWKW: alte Mühlen, Verteidigungsanlagen gegen die Schweden (Schwedenschanze), geschliffene deutsche Siedlungen – über dies alles kann man sich im Green Belt Center in Windhaag/Freistadt und im Schlossmuseum Freistadt informieren.

  9 Landmarken bieten beeindruckende Aussichten:

imageDer Moldaublick (Turm 24 m hoch), ein alter Ölbohrturm aus Gänserndorf, der bei Schöneben eine gute Aussicht auf den Moldaustausee bis zum Geburtsort Adalbert Stifters in Oberplan/Horní Planá ermöglicht.

imageDer Alpenblick bei Schöneben (Turm 33 m) gewährt Einsicht in das Mühltal.

imageDie Ruine Wittinghausen, auch Wittigstein/Vítkův kámen, bei Sv. Tomáš mit einer Aussichtsplattform, die einen weiten Rundblick nach Tschechien und Österreich eröffnet.

imageDie Sternsteinwarte des Alpenvereins Bad Leonfelden.

imageDer Turm der Feste Oppolz in Tichá (12 m hoch).

imageDer Sender am Kühberg/Kraví hora bei Hojná Voda.

imageDie Meditationsglocke in Hojná Voda – zwar kein Aussichtsturm, aber ein Kraftplatz mit schönem Blick ins Waldviertel und den Naturpark Reißbach/Dračice.

  10 Adalbert Stifter, Dichter und Ikone des Nordwalds, hat die Region in seinen Schriften verarbeitet. Ein Obelisk (Stifteruv pomník) beim Plöckenstein erinnert an den Herrn Landesschulinspektor.

  11 Die Spannung des ehemaligen „Eisernen Vorhangs“ ist immer wieder zu bemerken: Früher kamen öfters Schilder mit „Markierung nicht verlassen“ vor, heute stehen die Schilder „Vorsicht Staatsgrenze“/„Pozor státní hranice“ zur Erinnerung. Eine Gedenkstätte bei Guglwald erinnert künstlerisch an die traurige Zeit des Stacheldrahts.

  12 Den „alpinen Höhepunkt“ des Wegs bildet das Steinerne Meer: eine natürliche, etwa 9 Hektar große GranitBlockhalde, ein von Latschen besetztes Naturdenkmal in der Nähe des Dreisesselbergs.

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Allee bei Pohorí na Šumave/Buchers, Grünes Band, Marterl bei Waldburg

Freistadt Hauptplatz, Sternsteinwarte, Stifterdenkmal vor dem Linzer Landhaus

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Mahnmal Eiserner Vorhang Guglwald

Die Region rund um den NWKW

Die Landschaft des Mühl- und Waldviertels, in der Form eines Rumpfmittelgebirges, ist ein Teil des Böhmischen Massivs (Moldaudanubische Scholle). Geologisch ist dieses Gebiet dem Variszischen Grundgebirge zuzuordnen, das vor ca. 250 Mio. Jahren aufgewölbt wurde; es besteht aus Graniten und Gneisen. Im Mühlviertel, Südböhmen und im westlichen Waldviertel wird das hochplateauartige Hügelland (mittlere Höhe 500 bis 700 m) von Graniten aufgebaut, während im östlichen Teil des Waldviertels – bis zum Manhartsberg – anstelle von Granit Gneise und kristalline Kalke auftreten. Die höchsten Erhebungen liegen im nördlichen Mühlviertel (Plöckenstein/Plechý 1 378 m, Sternstein 1 125 m), denen im nordwestlichen Waldviertel Erhebungen von 1 000 m bis 1 070 m folgen: Nebelstein 1 015 m, Tischberg 1 073 m.

Zahlreiche tief eingeschnittene Flussläufe prägen die charakteristische, reich gegliederte Form dieser urtümlichen Landschaft. Die Flüsse des Oberen Mühlviertels nehmen in Nord-Süd-Richtung ihren Lauf zur Donau. Die wichtigsten davon sind Große Mühl (sie heißt vom Ursprung bis zur bayrisch-österreichischen Grenze Michel), die Kleine und die Steinerne Mühl sowie Ranna und Pesenbach, deren Täler steil zur Donau abfallen. Das Mühlviertel, ursprünglich als „Riedmark“ bezeichnet, erhielt schließlich seinen Namen von den drei Mühl-Flüssen. Die Bäche Südböhmens nehmen in Süd-Nord-Richtung ihren Lauf zur Moldau (Vltava), die in diesem Bereich als Moldaustausee auftritt. Die wichtigsten Flüsse davon sind die Maltsch (Malše) und die Lainsitz (Lužnice).

Das Untere Mühlviertel ist geprägt von den Flüssen der Aist – Feldaist, Waldaist und deren Nebenflüssen. Das Waldviertel, auch „Viertel ober dem Manhartsberg“ genannt, bekam seinen Namen durch die noch weitflächig ausgebreiteten Waldbestände. Eingesenkt sind die mit Löss und tertiären Ablagerungen gefüllten Becken von Gallneukirchen und Katsdorf im Süden, aus denen die Freistädter Senke nach Norden führt.

Die zentralen Höhenzüge tragen die Europäische Hauptwasserscheide (Donau zum Schwarzen Meer und Moldau – Elbe zur Nordsee). Diese Hauptwasserscheide bildet gleichzeitig das Quellgebiet der Moldau und ihrer Nebenflüsse, Maltsch/Malše und Lainsitz/Lužnice nach Norden und das der Großen und Steinernen Mühl, der Rodl, der Aist und des Kamp nach Süden. Somit haben das Mühl- und das Waldviertel eine Übergangsstellung von den Donauniederungen im Süden zu der innerböhmischen Landschaft im Norden. Dies drückt sich z. B. im Klima aus, das ziemlich extrem ist, – nur in der Freistädter Senke eine gewisse Nischenlage zeigt und als Trockeninsel in dem sonst so niederschlagsreichen Gebiet gilt – und die Verbindung zu Innerböhmen auch in dieser Beziehung betont. Das feuchte und raue Klima machten das Land zu einem Waldland. Wenn auch heute weite Teile schon längst gerodetes Gebiet sind, so ummanteln doch noch ausgedehnte Nadelwälder – soweit sie von der Luftverschmutzung, vom Sturm Kyrill und dem Borkenkäfer verschont blieben – den lang gestreckten, stellenweise recht scharfen Höhenzug des Böhmerwaldes und die übrigen Höhenrücken.

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Rosenhoferteich bei Sandl

Das Vordringen des Menschen in dieses Land ging etappenweise vor sich. Es begann mit den Kelten, von denen so manche Opferschale auf den Gipfeln des Mühl- und Waldviertels noch heute zeugt. Die nächste Etappe war im 9. Jahrhundert unter den Karolingern, das Vordringen erfolgte im Süden von den Donauniederungen aus, entlang der uralten Handelssteige, die die Donaulandschaft mit dem Moldaugebiet verbanden. Dieser Vorstoß wurde durch die Ungarnstürme einschneidend unterbrochen. Die zweite Etappe der Rodungsarbeit nach den Rodungen der Karolinger fällt in das 12. und 13. Jahrhundert, in der alte Adelsgeschlechter und Stifte das geschlossene Waldgebiet im Nordteil (Nordwald, wie er bereits von den Römern bezeichnet wurde) planmäßig erschlossen und besiedelten, wobei immer wieder die alten, schon bestehenden Handelsstraßen als Basen benutzt wurden. Der Unterschied zwischen den beiden Siedlungszonen Nordwaldkamm und Donaunähe ist ein augenfälliger: Hier einzeln bestehende Vierkanthöfe und unregelmäßige Haufendörfer, dort Dreiseithöfe in planmäßig angelegten, regelmäßigen Straßen und Waldhufendörfer (bei Letzteren lagen die Felder streifenförmig hinter den Wohn- und Wirtschaftsgebäuden). Das Wald- und Mühlviertel sind Grenzlandschaft des weiten Alpenvorlandes und der Donaulandschaft. Die Höhenzüge und markanten Erhebungen an der Nordgrenze Österreichs schließen wie eine Mauer nach Norden ab. Dem Charakter einer Übergangslandschaft von Süden nach Norden trugen seit alters her die oben schon erwähnten Handelswege Rechnung, die zum Teil bereits in der Jungsteinzeit bestanden und ihre vermittelnde und verbindende Aufgabe bis heute erfüllen.