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Jürgen Holdenrieder (Hrsg.)

Betriebswirtschaftliche Grundlagen Sozialer Arbeit

Eine praxisorientierte Einführung

2., erweiterte und überarbeitete Auflage

Verlag W. Kohlhammer

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2., erweiterte und überarbeitete Auflage 2017

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-033407-6

E-Book-Formate:

pdf:      ISBN 978-3-17-033408-3

epub:   ISBN 978-3-17-033409-0

mobi:   ISBN 978-3-17-033410-6

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Vorwort

 

 

 

Die Soziale Arbeit ist eine Branche, die in den letzten Jahrzehnten und selbst in Zeiten der Krise durch hohes Wachstum und steigende Beschäftigungszahlen gekennzeichnet war. Allerdings haben sich die strukturierenden Rahmenbedingungen Sozialer Arbeit in jüngster Vergangenheit nachhaltig verändert und der Ausgang dieser Entwicklungen ist bislang noch nicht absehbar. Eindeutig beobachtbar ist jedoch, dass Marktmechanismen in die Sozialwirtschaft Einzug genommen haben und hier immer selbstverständlicher werden, u. a. mit der Konsequenz, dass der Wettbewerb zwischen öffentlichen, frei-gemeinnützigen und privat-gewerblichen Trägern spürbar zunimmt. Dabei konkurrieren die Sozialunternehmen mit ihren Einrichtungen und Diensten sowohl um knapper werdende Ressourcen als auch um ihre Adressaten oder Kunden. Deren sich wandelnde Ansprüche sowie Bedarfe beeinflussen ebenfalls den Wettbewerb. In der Sozialwirtschaft entsteht damit ein hoher Druck, die Leistungserbringung nicht nur entlang der eigenen fachlichen Standards zu gewährleisten, sondern diese auch mit ökonomischen Maßgaben der Effektivität (Wirksamkeit) und Effizienz (Wirtschaftlichkeit) in Einklang zu bringen. Dementsprechend sind an die Träger bzw. deren Mitarbeiter neue und wachsende Anforderungen hinsichtlich betriebswirtschaftlicher Kompetenzen gestellt. Diese gehören heute zu den unverzichtbaren Bestandteilen einer modernen und professionellen Aus- und Weiterbildung in der Sozialen Arbeit. Dabei verbieten sich einfache Adaptionen aus anderen Branchen. Vielmehr sind Konzepte zu einer auf die fachlichen Anforderungen und spezifischen Rahmungen der Sozialen Arbeit zugeschnittenen Betriebswirtschaftslehre notwendig, um passgenaue Handlungsoptionen für die komplexen Herausforderungen bereitzustellen.

In diesen Spannungsfeldern bewegt sich das vorliegende Lehrbuch. Es will, wie der Titel zum Ausdruck bringt, berufspraktische Aspekte einer Betriebswirtschaft für die Soziale Arbeit aufzeigen, ohne dabei die theoriegeleitete Wissensvermittlung zu vernachlässigen. Die Lektüre des Buches setzt keine betriebswirtschaftlichen Kenntnisse voraus und richtet sich an Studierende in sozialwissenschaftlichen Studiengängen, an Teilnehmer einschlägiger Weiterbildungsangebote sowie an Fach- und Leitungskräfte in Sozialunternehmen. Das Lehrbuch ist so strukturiert, dass dem Leser zunächst ein breit angelegter Einstieg zu den Rahmenbedingungen der sich entwickelnden Disziplin der Sozialwirtschaftslehre ermöglicht wird. Im Anschluss erfolgt ein grundlegender Überblick zur Betriebswirtschaftslehre und zu den zentralen ökonomischen Aufgaben und Bereichen für Sozialunternehmen. Darauf aufbauend werden die für die Soziale Arbeit zentralen Funktionen der Betriebswirtschaftslehre (Planung, Organisationsentwicklung, Personalwirtschaft, Rechnungswesen, Controlling, Finanzwirtschaft und Marketing) sowie ihre spezifischen Ausprägungen in eigenständigen Kapiteln durchleuchtet. Kernziel ist dabei, die Leserschaft in die Lage zu versetzen, aus der Vielfalt an Möglichkeiten, welche die Betriebswirtschaftslehre zur Verfügung stellt, die geeigneten Instrumente für den (auch eventuell zukünftigen) Bedarf des eigenen Sozialunternehmens zu identifizieren. Der konsequent hergestellte Praxisbezug vermittelt zudem Rüstzeug, um betriebswirtschaftlich relevante Prozesse in Sozialunternehmen zu analysieren, zu beurteilen und effizient zu gestalten sowie darüber kommunizieren zu können. Außerdem sollen die Ausführungen dazu beitragen, kompetent und überzeugend Führungsverantwortung zu initiieren oder auszufüllen. Nicht zuletzt versteht sich das vorliegende Werk als ein Beitrag zur Weiterentwicklung einer speziellen Betriebswirtschaftslehre für die Soziale Arbeit (Sozialwirtschaftslehre).

Der Lesbarkeit halber und aus Platzgründen wurde zumeist die männliche Schreibweise benutzt, Personen weiblichen Geschlechts sind jedoch stets mitgedacht.

Einer Vielzahl an Mitwirkenden und Unterstützern schulde ich großen Dank für ihr tatkräftiges Engagement bei der Erstellung dieses Lehrbuches. Mein Dank gilt insbesondere den Mitautoren Rainer Burk, Nina Maier, Bettina Müller, Arnold Pracht, Kathrin Seifert, Arnd von Boehmer und Reinhold Wolke. Den studentischen Mitarbeitern Sarah Baronner, Lena Eschle und Andreas Karl Gschwind danke ich für ihre sorgfältige Mitwirkung bei der redaktionellen Arbeit sowie für die Erstellung der Abbildungen. Meiner Kollegin, Studiendekanin der Sozialen Arbeit und Vorstandsmitglied des Fachbereichstages Soziale Arbeit Marion Laging für das Einbringen sozialarbeitswissenschaftlicher Kompetenz. Ebenfalls danke ich ganz herzlich den Studierenden der Hochschule Esslingen, den Studierenden der berufsbegleitenden Masterstudiengänge Sozialwirtschaft (Stuttgart) und Sozialmanagement (Berlin) sowie den Teilnehmern an zahlreichen Weiterbildungsseminaren, die durch ihre vielfältigen Beiträge und wertvollen Anregungen (aus der Praxis) zum Gelingen dieses Werkes beigetragen haben. Die Verschiedenheit der Mitwirkenden sollte sicherstellen, dass in diesem Lehrbuch, trotz allem Bestreben nach einer einheitlichen und zusammenhängenden Darstellung, ein möglichst vielfältiges Abbild der betriebswirtschaftlichen Ansätze für die Soziale Arbeit aufgezeigt wird.

Schließlich gilt mein ganz besonderer Dank der Leserschaft, die das vorliegende Werk sehr positiv aufgenommen hat, so dass es nach vier Jahren erforderlich wurde, eine zweite Auflage vorzubereiten. Zur neuen Auflage wurde das Lehrbuch vollständig überarbeitet, sozialstaatliche und gesetzliche Änderungen berücksichtigt sowie die Kapitel inhaltlich auf den neuesten Stand gebracht. Ein besonderer Schwerpunkt wurde auf gute Lesbarkeit gelegt. Zentrale Begriffe (Aussagen) sind im fortlaufenden Text durch Fettdruck hervorgehoben, so dass der Lesefluss begünstigt, die Suche nach Begriffen und Inhalten verbessert und die Wissensaufnahme erleichtert wird.

 

Esslingen, im März 2017

Prof. Dr. Jürgen Holdenrieder

 

Inhaltsübersicht

 

 

 

  1. Vorwort
  2. 1 Einführung
  3. Jürgen Holdenrieder
  4. 1.1 Grundlagen
  5. 1.2 Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit
  6. 1.3 Trägerstrukturen
  7. 1.3.1 Öffentliche Träger
  8. 1.3.2 Frei-gemeinnützige Träger
  9. 1.3.3 Privat-gewerbliche Träger
  10. 1.3.4 Fachverbände
  11. 1.4 Rechtsformen
  12. 1.4.1 Öffentlich-rechtliche Rechtsformen
  13. 1.4.2 Privatrechtliche Rechtsformen
  14. 1.5 Sozialstaatliche Rahmenbedingungen
  15. 1.5.1 Sozialstaat – Sozialpolitik
  16. 1.5.2 Entwicklungslinien
  17. 1.5.3 Krise des Sozialstaates
  18. 1.5.4 Neue Wege im Sozialstaat
  19. 1.5.5 Ökonomisierung des Sozialen
  20. 1.6 Zwischenfazit
  21. Literaturverzeichnis
  22. 2 Gegenstand, Methoden und Inhalte der Betriebswirtschaftslehre
  23. Jürgen Holdenrieder
  24. 2.1 Grundlagen
  25. 2.2 Geschichtliche Entwicklung im deutschsprachigen Raum
  26. 2.3 Betriebswirtschaftslehre im System der Wissenschaften
  27. 2.4 Der Betrieb – Erfahrungsobjekt der Betriebswirtschaftslehre
  28. 2.5 Wirtschaften – Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre
  29. 2.6 Kennzahlen des Wirtschaftens
  30. 2.6.1 Produktivität
  31. 2.6.2 Wirtschaftlichkeit
  32. 2.6.3 Rentabilität
  33. 2.6.4 Liquidität
  34. 2.7 Gliederungen der Betriebswirtschaftslehre
  35. 2.8 Sozialwirtschaftliche Funktions-/Tätigkeitsbereiche
  36. 2.8.1 Managementfunktionen
  37. 2.8.2 Grundfunktionen
  38. 2.8.3 Gesamtkontext
  39. 2.9 Zwischenfazit
  40. Literaturverzeichnis
  41. 3 Planung
  42. Jürgen Holdenrieder
  43. 3.1 Grundlagen
  44. 3.2 Werte und generelle Ziele
  45. 3.3 Umweltanalyse
  46. 3.3.1 Allgemeine Umwelt
  47. 3.3.2 Wettbewerbsumwelt: Geschäftsfeldanalyse
  48. 3.4 Unternehmensanalyse
  49. 3.5 Strategische Optionen
  50. 3.5.1 Strategische Optionen auf der Gesamtunternehmensebene
  51. 3.5.2 Strategische Optionen auf der Geschäftsfeldebene
  52. 3.6 Strategische Wahl
  53. 3.7 Planung der Strategieimplementation
  54. 3.8 Zwischenfazit
  55. Literaturverzeichnis
  56. 4 Organisationsentwicklung
  57. Bettina Müller
  58. 4.1 Ausgangslage
  59. 4.2 Theoretische Grundlagen zur Gestaltung und Gestaltbarkeit von Organisationen
  60. 4.2.1 Der Organisationsbegriff
  61. 4.2.2 Strukturelemente von Organisation
  62. 4.2.3 Organisationstheorien
  63. 4.2.4 Ziele von Organisationsentwicklung
  64. 4.2.5 Konzeptionelle Ansätze der Organisationsentwicklung
  65. 4.3 Organisationsentwicklung in der Praxis
  66. 4.3.1 Methoden und Techniken
  67. 4.3.2 Organisationale Bedingungen
  68. 4.3.3 Unterstützung von »außen«
  69. 4.3.4 Veränderungshemmnisse
  70. 4.4 Veränderung als systematische Verbesserungsstrategie: Qualitätsmanagement
  71. 4.4.1 Qualitätsmanagement in der Sozialwirtschaft
  72. 4.4.2 Grundlagen des Managens von Qualität
  73. 4.4.3 Qualität managen – ausgewählte Konzepte
  74. 4.5 Zwischenfazit
  75. Literaturverzeichnis
  76. 5 Personalwirtschaft
  77. Arnd von Boehmer und Jürgen Holdenrieder
  78. 5.1 Grundlagen
  79. 5.2 Personalplanung
  80. 5.2.1 Personalbestandsplanung
  81. 5.2.2 Personalbedarfsplanung
  82. 5.3 Personalbeschaffung
  83. 5.3.1 Interner und externer Arbeitsmarkt
  84. 5.3.2 Personalrekrutierung
  85. 5.3.3 Personalauswahl
  86. 5.3.4 Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses
  87. 5.4 Personaleinsatz
  88. 5.4.1 Arbeitsrecht als Ordnungsrahmen
  89. 5.4.2 Entlohnung
  90. 5.4.3 Arbeitszeit
  91. 5.5 Personalführung
  92. 5.6 Personalentwicklung
  93. 5.6.1 Maßnahmen und Motive der Mitarbeiterbindung
  94. 5.6.2 Aus- und Fortbildung
  95. 5.6.3 Mitarbeiterentwicklung und -förderung
  96. 5.6.4 Eingliederung
  97. 5.7 Personalverwaltung
  98. 5.8 Personalfreistellung
  99. 5.8.1 Individualrechtliche Perspektive – Beendigung durch Arbeitnehmer
  100. 5.8.2 Individualrechtliche Perspektive – Beendigung durch Arbeitgeber
  101. 5.8.3 Kollektivrechtliche Perspektive – Mitwirkung des Betriebsrates
  102. 5.8.4 »Wertschätzende Entlassungen« und Outplacement
  103. 5.8.5 Arbeitszeugnis und Ausscheiden
  104. 5.9 Zwischenfazit
  105. Literaturverzeichnis
  106. 6 Finanzwirtschaft
  107. Reinhold Wolke und Jürgen Holdenrieder
  108. 6.1 Grundlagen
  109. 6.2 Begrifflichkeiten und Aufgaben der Finanzierungsfunktion
  110. 6.3 Grundzüge der Finanzierung
  111. 6.3.1 Finanzierungsströme in der Sozialwirtschaft
  112. 6.3.2 Grundstrukturen der öffentlichen Finanzierung
  113. 6.4 Betriebliches Finanzmanagement
  114. 6.4.1 Aufgaben und Inhalte
  115. 6.4.2 Ansatzpunkte des Finanzmanagements
  116. 6.5 Zwischenfazit
  117. Literaturverzeichnis
  118. 7 Rechnungswesen
  119. Nina Maier, Rainer Burk und Jürgen Holdenrieder
  120. 7.1 Grundlagen
  121. 7.2 Begriff und Aufgaben des Rechnungswesens
  122. 7.3 Formen des Rechnungswesens
  123. 7.4 Rechengrößen des Rechnungswesens
  124. 7.5 Externes Rechnungswesen
  125. 7.5.1 Allgemeiner Teil
  126. 7.5.2 Kaufmännisches Rechnungswesen
  127. 7.6 Internes Kaufmännisches Rechnungswesen
  128. 7.6.1 Grundbegriffe und Methoden
  129. 7.6.2 Teilgebiete der Kostenrechnung
  130. 7.6.3 Kostenmanagement
  131. 7.7 Zwischenfazit
  132. Literaturverzeichnis
  133. 8 Controlling
  134. Arnold Pracht
  135. 8.1 Grundlagen
  136. 8.2 Geschichtlicher Abriss, Definitionsansätze und Reichweite
  137. 8.3 Strategisches Controlling
  138. 8.3.1 Strategische Kontrolle und Frühwarnsysteme
  139. 8.3.2 Beispielhafte Methoden und Instrumente des strategischen Controllings
  140. 8.4 Operatives Controlling
  141. 8.4.1 Aufgaben und Ziele des operativen Controllings
  142. 8.4.2 Beispielhafte Methoden und Instrumente des operativen Controllings
  143. 8.5 Systeme des Performance Measurement – die Balanced Scorecard
  144. 8.6 Zwischenfazit
  145. Literaturverzeichnis
  146. 9 Marketing
  147. Kathrin Seifert und Arnd von Boehmer
  148. 9.1 Grundlagen
  149. 9.2 Begriffsbestimmung
  150. 9.3 Sozialmarkt
  151. 9.3.1 Integration des externen Faktors
  152. 9.3.2 Nichtschlüssige Tauschbeziehungen
  153. 9.3.3 Heterogene Anspruchsgruppen
  154. 9.3.4 Immaterielle Leistungen
  155. 9.3.5 Vertrauensgutcharakter
  156. 9.4 Perspektiven und Ansatzpunkte von Marketing in Sozialunternehmen
  157. 9.4.1 Absatzmarketing
  158. 9.4.2 Klassisches Sozialmarketing
  159. 9.4.3 Image- und Akzeptanzpolitik
  160. 9.4.4 Bürgernahe Sozialverwaltung
  161. 9.4.5 Beschaffung von Ressourcen
  162. 9.4.6 Interne Mitarbeiterorientierung
  163. 9.5 Marketinginstrumente/-maßnahmen
  164. 9.5.1 Produktpolitik
  165. 9.5.2 Preispolitik
  166. 9.5.3 Distributionspolitik
  167. 9.5.4 Kommunikationspolitik
  168. 9.6 Zwischenfazit
  169. Literaturverzeichnis
  170. Verzeichnis der Abbildungen
  171. Herausgeber
  172. Autorenverzeichnis

 

1          Einführung

Jürgen Holdenrieder

 

1.1       Grundlagen

Soziale Arbeit hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem bedeutenden Teil der Volkswirtschaft entwickelt. Bereits zwischen den 1970er und Anfang der 1990er Jahre verdoppelte sich die Gesamtzahl der Beschäftigten (Schilling 2012) und auch in jüngster Vergangenheit waren tendenziell steigende Mitarbeiter- und Einrichtungszahlen zu verzeichnen. Allein bei den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege wurden bei der bisher letzten Gesamterhebung im Jahr 2012 bundesweit 105.295 Einrichtungen und Dienste mit insgesamt 1.673.861 hauptamtlich Beschäftigen erfasst (vgl. 1.3). Von den Beschäftigten waren in etwa 3/4 in den Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit und 1/4 im gesundheitsmedizinischen Sektor tätig, der eigentlich nicht dem Sozialmarkt zurechenbar ist (Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege 2012). In Relation zu anderen Branchen bedeutet dies, dass die Wohlfahrtsverbände mit insgesamt 1,67 Mio. Menschen rund 4 Prozent aller Erwerbspersonen (43,8 Mio.) in Deutschland beschäftigen (Statistisches Bundesamt 2013), was beispielsweise die Beschäftigtenzahl der Automobilindustrie einschließlich ihrer Zulieferer (rund 742.000 Menschen) um mehr als das Doppelte übertrifft. Bemerkenswert ist zudem, dass die Beschäftigtenzahlen in der Sozialwirtschaft in den letzten Jahren deutlich angestiegen sind, während sie im produzierenden Gewerbe zurückgingen (ebd.).

Die wirtschaftliche Bedeutung wird durch neuere Analysen bestätigt. Gemäß einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln sind Sozialarbeiter und Sozialpädagogen aktuell die gefragtesten Akademiker auf dem deutschen Arbeitsmarkt und haben Absolventen von technischen und medizinischen Studiengängen überholt (Institut der deutschen Wirtschaft 2015). In Anbetracht dieser Datenlage und der gegenwärtigen gesamtgesellschaftlichen Entwicklungstendenzen kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Sozialen Arbeit auch zukünftig um einen Sektor mit hohem Wachstumspotential handelt. Hinzu kommt, dass sich das diesbezügliche Beschäftigungspotenzial, insbesondere aufgrund der Angebotsgestaltung (personenbezogene Dienstleistung), zukünftig in Deutschland halten und voraussichtlich nur im geringen Maße ins Ausland verlagern lassen dürfte.

Volkswirtschaftlich betrachtet zeigt sich die Soziale Arbeit als beeindruckende Branche. Erstaunlicherweise legten aber viele Sozialunternehmen bis vor wenigen Jahren eine meist ablehnende Haltung in Bezug auf betriebswirtschaftliches Denken und Handeln an den Tag, wofür sie häufig in der Kritik standen, u. a. in Bezug auf die Effektivität, Effizienz und Transparenz der Leistungserfüllung. Beispielsweise konstatierten Engelhardt/Graf/Schwarz (2000, 42) zur Jahrtausendwende: »Es gibt wenig gesellschaftliche Bereiche (von der Einkommens und Vermögensverteilung einmal abgesehen), deren interne Strukturen, Prozesse und Finanzen so undurchsichtig sind, wie der Sozialbereich«.

Seit einigen Jahren jedoch scheint sich das Qualifikationsniveau bei vielen Trägern der Sozialen Arbeit tendenziell in Richtung betriebswirtschaftlicher Kompetenz auszuweiten. Interessanterweise lässt sich ein vergleichbarer Perspektivwechsel auch bei gewinnorientierten Wirtschaftsunternehmen konstatieren. Hier erlangen neben den sogenannten wirtschaftlichen »hard facts« auch die weichen humanistischen Werte eine zunehmende Bedeutung. Allerdings basieren solche Veränderungen beiderseits nicht immer nur auf Einsicht oder freiwilligem Entschluss. Wirtschaftsunternehmen handeln oftmals mehr aus verschärften Konkurrenzkämpfen denn aus ethischen und moralischen Erkenntnissen und Einstellungen heraus. Die Ursache für einen Perspektivwechsel begründet sich häufig in der ökonomischen Logik moderner Produktionsweisen, mit welcher unter anderem die Erkenntnis einhergeht, dass die Beschäftigten nicht nur einen Kostenfaktor, sondern auch bzw. vor allem eine bedeutende ökonomische Ressource darstellen. Maßnahmen der Personalentwicklung, Partizipation, Motivation sowie die emotionale Bindung der Mitarbeiter gewinnen folglich an (ökonomischer) Bedeutung und die Zufriedenheit (psychosoziale Gesundheit) der Mitarbeiter wird zu einem mittelbar wirtschaftlichen Unternehmensziel (Schmidt 2010; Engelhardt/Graf/Schwarz 2000). Trotz der unterschiedlichen Hintergründe dieser beidseitigen Veränderungen sind vielerorts gegenseitige Annäherungen, mehr noch: wachsende Verständigungen und Brückenschläge zwischen den beiden, in der Vergangenheit sehr unterschiedlichen Bereichen »Wirtschaft« und »Soziale Arbeit« deutlich erkennbar (Engelhardt/Graf/Schwarz 2000).

Die Ursachen, welche die Träger der Sozialen Arbeit zunehmend dazu bewegen, neben der geforderten sozialarbeiterischen und sozialpädagogischen Fachlichkeit verstärkt auch betriebswirtschaftliche Kompetenzen zur Bewältigung der steigenden Anforderungen in ihren Einrichtungen und Diensten zu berücksichtigen, sollen durch die sozialstaatliche Diskussion gegen Ende dieses Kapitels aufgezeigt werden. Vorab erscheint es unabdinglich, die Vielfalt der Arbeitsfelder und Trägerstrukturen sowie gängige sozialwirtschaftliche Rechtsformen für die Zwecke dieses Lehrbuchs zu ordnen und dabei nicht nur Interessierten mit einer sozialwissenschaftlichen Grundausbildung, sondern auch bisher Fachfremden (z. B. Kaufleuten oder Steuerberatern) einen Zugang zur Sozialwirtschaft zu ermöglichen.

1.2       Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit

Die Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit bilden ein äußerst komplexes und heterogenes Untersuchungsfeld, welches in der Literatur aus unterschiedlichen Standpunkten heraus differenziert dargestellt wird. Es finden sich, je nach Schwerpunktsetzung, unterschiedliche Systematiken, welche die Praxisfelder der Sozialen Arbeit entlang von Funktionen, Aufgaben und Methoden, Institutionen oder Zielgruppen ordnen. Darüber hinaus bestehen zahlreiche Mischformen. Ebenso uneinheitlich geordnet sind die Schwerpunktsetzungen, welche in den Studiengängen der Sozialen Arbeit zur Strukturierung der Lehre angewendet werden. Zudem findet sich auch in empirischen Studien keine einheitliche Systematik. Gleich nach welcher Logik gehandelt wird, der Versuch, die Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit auf einheitlicher Grundlage zu definieren, gliedern und begrenzen, erscheint als Sisyphusarbeit (vgl. Wöhrle u. a. 2013; Chassé/v. Wensierski 2008). Aus diesem Grunde erhebt die anschließende, vor allem auf die Zielgruppen und Tätigkeitsbereiche von Sozialarbeitern und Sozialpädagogen ausgerichtete Systematik, die der in der Sozialwissenschaftlichen Literatur Rundschau (2000) vorgenommen Strukturierung folgt (image Abb. 1.1), keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit, sondern verfolgt vielmehr das Ziel, einen für die Zwecke dieses Lehrbuchs geeigneten Überblick zu ermöglichen.

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Abb. 1.1: Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit
Quelle: Sozialwissenschaftliche Literatur Rundschau 2000, H. 40, 99

Die in der Abbildung 1.1 angeführte Kinder- und Jugendhilfe bildet mit ihrem breiten Aufgaben- und Handlungsspektrum aktuell das größte Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit (Bock 2012) und lässt sich weiter unterteilen in verschiedene, eigenständige Tätigkeitsbereiche. Abbildung 1.2 gibt einen Überblick.

Die vielfältigen Tätigkeitsbereiche der Kinder- und Jugendhilfe können ihrerseits noch weiter aufgefächert werden. Beispielsweise lassen sich die Hilfen zur Erziehung unterteilen in ambulante Erziehungshilfen, Erziehungs-, Ehe- und Familienberatung, Ehe- und Familienbildung, Soziale Gruppenarbeit, Erziehungsschaft, Sozialpädagogische Familienhilfe, Heimerziehung, Pflegekinderwesen, Adoption und Vormundschaft sowie Trennungs- und Scheidungsberatung (Thole 2012; Chassé/v. Wensierski 2008).

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Abb. 1.2: Tätigkeitsbereiche der Kinder- und Jugendhilfe
Quelle: Eigene Darstellung nach Bock 2012, 448; Chassé/v. Wensierski 2008

Allein die exemplarische Beschreibung der Kinder- und Jugendhilfe dürfte die vorhandene Komplexität und Heterogenität der Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit verdeutlicht haben. Um darzustellen, wie sich eine andere als die aufgezeigte und auf die Tätigkeit von Sozialarbeitern und Sozialpädagogen ausgerichtete Systematisierung der Arbeitsfelder entwickeln kann, soll der Bereich »Hilfe für Personen in besonderen sozialen Situationen« herausgegriffen werden (Wöhrle u. a. 2013). Dieser lässt sich beispielsweise untersetzen mit einer Adressatengruppe, welche sich aufgrund individueller, spezifischer Problemlagen in einer besonderen sozialen Situation befindet. Tätigkeitsbereiche solch eines möglichen Arbeitsfeldes können beispielsweise sein die Sozialpsychiatrie, Sucht und Drogenhilfe, Straffälligenhilfe für Jugendliche, Heranwachsende und Erwachsene aber auch Schwangerschafts-, Sexualitäts-, und AIDS-Beratungen (Chassé/v. Wensierski 2008). Dabei gelangen, neben Sozialpädagogen und Sozialarbeitern, auch weitere Berufsgruppen (z. B. Ärzte, Psychologen, Pflegekräfte in einer psychiatrischen Tagesklinik) sowie ehrenamtliches Engagement ins Zentrum der Betrachtung (Wöhrle u. a. 2013).

1.3       Trägerstrukturen

Die Unternehmen, Organisationen und Institutionen (vgl. 2.4), welche soziale Dienste und Einrichtungen bereitstellen und »quer« zu den Arbeitsfeldern angelegt sind, werden in der Literatur als Träger der Sozialen Arbeit bezeichnet (Wöhrle u. a. 2013). Beim Versuch, das Trägerspektrum übersichtlich zu erfassen und zu strukturieren, wird dessen hohe Komplexität deutlich. Autoren, welche die vorhandene Auswahl als Labyrinth, Irrgarten und kaum durchdringbares Dickicht beschreiben (vgl. Merchel 2008; Lüers 1977), veranschaulichen dies in ihren Werken. Ganz allgemein ist in der neueren Literatur eine Dreiteilung in öffentliche Träger, frei-gemeinnützige Träger und privat-gewerbliche Träger prägend (vgl. Thole 2012; Bäcker u. a. 2010a), der sich auch dieses Lehrbuch anschließt. Freie und private Träger üben ihre Arbeit freiwillig aus und erbringen ihre Leistungen, im Gegensatz zu aus einer Verpflichtung heraus handelnden öffentlichen Trägern, auf Basis eigener Motivation und Absicht. Zusätzlich sind in diesem Zusammenhang die Fachverbände zu benennen, welche maßgeblich bedeutsame Beiträge in der sozialpolitischen Steuerung und der fachlichen Entwicklung liefern. Dennoch sind Fachverbände im engeren Sinne nicht als Träger zu kennzeichnen, da sie nicht in herkömmlicher Form als Betreiber von sozialen Einrichtungen und Diensten tätig werden (Merchel 2008). Neben der prägenden Dreiteilung finden sich in der Literatur und Praxis der Sozialen Arbeit noch zahlreiche Mischformen bei der Klassifizierung von Trägerstrukturen. Beispielsweise werden in der juristisch geprägten Literatur die nicht-öffentlichen Träger häufig als private Träger bezeichnet, wobei die Gruppe der frei-gemeinnützigen Träger mit eingeschlossen wird (Falterbaum 2012). Weiterhin gibt es Ansätze, welche die nicht-öffentlichen Träger in frei-gemeinnützige Träger und frei-gewerbliche Träger zweiteilen (vgl. Horcher 2014; Hensen 2006). Abbildung 1.3 gibt einen Überblick zu der in diesem Lehrbuch angewandten Systematik.

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Abb. 1.3: Trägerstrukturen der Sozialen Arbeit
Quelle: Eigene Darstellung nach Merchel 2008, 12

1.3.1     Öffentliche Träger

Bei den öffentlichen Trägern kann zwischen der regionalen (kommunalen) und überregionalen Ebene unterschieden werden. Das Verhältnis zwischen den öffentlichen Trägern auf der überregionalen und regionalen Ebene ist im engeren Sinne nicht hierarchisch, es handelt sich vielmehr um eine nach Zuständigkeiten abgegrenzte, funktionale Aufgabenteilung. Während die öffentlichen Träger der überregionalen Ebene primär fachpolitisch, administrativ und planerisch fungieren und Aufgaben der Bedarfsplanung und Finanzierung übernehmen, haben die regionalen Träger oftmals eine Doppelfunktion, die vor allem in Prozessen der kommunalen Sozial- oder Jugendhilfeplanung deutlich wird. Hier nehmen die öffentlichen Träger einerseits eine moderierende Rolle ein und treten andererseits als Akteure mit eigenen Trägerinteressen auf (Schilling 2012; Merchel 2008). Im Folgenden sind die Strukturen und Aufgaben der für die Soziale Arbeit bedeutsamsten öffentlichen Träger beschrieben.

Jugendamt: Die gegenwärtige Existenz des Jugendamtes basiert auf dem achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe), wobei sowohl auf regionaler (kommunaler) Ebene eine Verpflichtung zur Errichtung besteht, als auch auf überregionaler Ebene (Landesjugendamt). Die Kernaufgabe eines Jugendamtes liegt in der Erfüllung aller im SGB VIII festgelegten Funktionen und Anforderungen in seinem Zuständigkeitsbereich. Die hierbei gesetzlich auferlegte Gesamtverantwortung des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe umfasst sowohl die Sicherstellung der Infrastruktur für die im achten Sozialgesetzbuch beschriebenen Leistungen als auch die letztendliche Verantwortung in Bezug auf Leistungsberechtigte (Merchel 2008). Die meisten Jugendämter verfügen einerseits über eigene Einrichtungen und Dienste (z. B. Kindergärten, Kindertageseinrichtungen, Beratungsstellen und Jugendfreizeiteinrichtungen) und haben andererseits die Aufgabe, die Prozesse der Jugendhilfeplanung zu initiieren und unter Beteiligung der frei-gemeinnützigen (ggf. privat-gewerblichen) Träger maßgeblich zu steuern (Merchel 2008). In diesem Zusammenhang sind die Jugendämter an das Subsidiaritätsprinzip gebunden, worin es heißt: »Soweit geeignete Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können, soll die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen« (Ortmann 1994, 165). Ferner kommt den Jugendämtern eine zentrale Rolle bei Aushandlungsprozessen zu (z. B. Hilfebedarf im Einzelfall), wodurch sie auch prägend für die Existenz anderer Träger sind. Ein spezielles Strukturmerkmal des Jugendamtes ist die sogenannte Zweigliedrigkeit. Diese beinhaltet die Verwaltung des Jugendamtes (idealtypisch die operative Ebene) und den Jugendhilfeausschuss (JHA), der auf strategischer Ebene tätig ist (Merchel 2008). Die Aufgaben des Landesjugendamtes umfassen vor allem administrative Aufgaben sowie die Errichtung eines Landesjugendhilfeausschusses (LJHA), welcher sich u. a. befasst mit Anregungen und Vorschlägen zur Weiterentwicklung der Jugendhilfe, Jugendhilfeplanung sowie der Förderung und Anerkennung nicht-öffentlicher Träger der Jugendhilfe (Eichenhofer 2015).

Sozialamt: Anders als in der Jugendhilfe (Jugendamt) sind die Kommunen nicht zur Errichtung eines Sozialamtes verpflichtet. Sie können sowohl über die Organisationsform zur Wahrnehmung der Aufgaben nach dem zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII, Sozialhilfe) als auch über die Art der Strukturierung und Erledigung von ihnen zugewiesenen Aufgaben weitgehend selbst entscheiden (kommunale Selbstverwaltung). Dennoch findet sich auf kommunaler Ebene zumeist ein Sozialamt, welches mit der Gewährung von Hilfen zum Lebensunterhalt und bei Hilfen in besonderen Lebenslagen betraut ist. Zudem können, je nach kommunalen Strukturen, weitere Aufgaben vom Sozialamt übernommen werden, beispielsweise nach dem Pflegeversicherungs-, Heim-, Schwerstbehinderten-, Unterhaltssicherungs- und Asylbewerberleistungsgesetz (Merchel 2008).

Gesundheitsamt: Regelungen zum Gesundheitswesen und folglich zu den Gesundheitsämtern liegen weitgehend in der Zuständigkeit der Länder. Dass sich das kommunale Gesundheitswesen dennoch bundesweit ähnelt, lässt sich auf das 1934 erlassene Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens (GVG) sowie auf damit verbundene Durchführungsverordnungen und Aufgabenbeschreibungen zurückführen (Merchel 2008; Ortmann 1994). Zusätzlich zu den sich aus dem GVG ergebenden Aufgaben obliegen den Gesundheitsämtern Tätigkeiten, die ihnen beispielsweise durch das Bundesseuchengesetz, das Bundessozialhilfegesetz und das Gesetz zur Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten auferlegt werden (Ortmann 1994). Insgesamt lässt sich das Aufgabenspektrum der Gesundheitsämter zweiteilen. Zum einen in den Bereich einer Kontrollfunktion (Gesundheitsschutz), welcher der staatlichen Gesundheitsaufsicht zu Grunde liegt. Zum anderen in jenes Spektrum, welches sich als regionale Gesundheitsfürsorge etabliert hat und zugleich eine aktive gesundheitsfördernde Rolle einnimmt (Merchel 2008).

Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD): Der ASD, welcher auch als Basisdienst der Sozialen Arbeit bezeichnet wird, ist nach Merchel »eine Organisationseinheit in der kommunalen Sozialverwaltung, die zur Erfüllung unterschiedlicher adressatenbezogener Aufgaben von Jugendämtern, Sozialämtern und (zum Teil) Gesundheitsämtern geschaffen worden ist« (2008, 46). Die organisatorische Ansiedlung kann zwar variieren, allerdings ist der ASD bei den meisten Kommunen (rund 90 Prozent) ihrem Jugendamt zugeordnet (Pluto u. a. 2007). Dem ASD obliegt die Zuständigkeit für ein Bündel von unterschiedlichen Aufgaben, wobei in vielen Kommunen die persönliche Beratung und planvolle Hilfegestaltung das Zentrum bilden. Der umfangreichste Teil der beratenden Aufgaben ergibt sich aus dem Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendhilfe und hier insbesondere durch die Hilfen zur Erziehung (Merchel 2008).

1.3.2     Frei-gemeinnützige Träger

Die frei-gemeinnützigen Träger umfassen im Wesentlichen folgende drei Blöcke: Selbsthilfe- und Initiativgruppen, Jugendverbände sowie Wohlfahrtsverbände.

Selbsthilfe- und Initiativgruppen sind selbst organisierte Bündnisse von Bürgern, die zumeist ein ähnliches Anliegen haben und hierzu gemeinsame Aktivitäten entwickeln. Beispiele sind Selbsthilfe- und Initiativgruppen im Falle von Lebenskrisen und chronischen Erkrankungen. Die Integration in die Trägerlandschaft der Sozialen Arbeit erfolgt häufig über die Mitgliedschaft in einem Verband der freien Wohlfahrtspflege, beispielsweise im Paritätischen Gesamtverband (Merchel 2008).

Jugendverbände bestehen primär aus Gruppierungen von Jugendlichen sowie jungen Erwachsenen, die üblicherweise selbst organisiert gemeinsame Ziele bzw. Interessen vertreten und deren gesetzliche Grundlage auf dem achten Sozialgesetzbuch basiert (SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe). Die Angebote umfassen beispielsweise Wochenend- und Ferienfreizeiten, offene Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit. Scheffold und Damm (1984) schlagen folgende Gliederung vor:

•  weltanschauliche bzw. konfessionelle Jugendverbände (z. B. Arbeitsgemeinschaft der evangelischen Jugend),

•  politisch orientierte Jugendverbände (z. B. Falken),

•  beruflich orientierte Jugendverbände (z. B. Bund der deutschen Landjugend),

•  fachlich orientierte Jugendverbände (z. B. Jugendfeuerwehr) und

•  freizeitorientierte Jugendverbände (z. B. Sportjugend).

Die Wohlfahrtverbände sind mit insgesamt 105.295 Einrichtungen und Diensten der größte und sozialpolitisch bedeutsamste Anbieter der Sozialwirtschaft (Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege 2012). Das System der Wohlfahrtsverbände setzt sich aus sechs unterschiedlichen Spitzenverbänden zusammen, die sich auf Bundesebene zur Vertretung ihrer Interessen in einer Bundesgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) zusammengeschlossen haben und sowohl gesetzlich als auch bezüglich ihrer sozialpolitischen Funktion als Einheit verstanden werden können (Schilling 2012). Bei den sechs Spitzenverbänden handelt es sich um folgende Organisationen (Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege 2012):

•  Arbeiterwohlfahrt-Bundesverband e. V. (AWO);

•  Deutscher Caritasverband e. V. (DCV);

•  Der Paritätische Gesamtverband (DPWV);

•  Deutsches Rotes Kreuz e. V. (DRK);

•  Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland e. V. (DW der EKD);

•  Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e. V. (ZWST).

Die sechs Spitzenverbände sind geprägt durch Gemeinnützigkeit (keine Gewinnorientierung), Freiwilligkeit (autonome Auswahl der Aufgaben) und Weltanschaulichkeit (Werte und Überzeugungen, die das fachliche Verständnis des Verbands maßgeblich prägen) (Merchel 2008). Sie vertreten die zahlreichen und meist eigenständigen, häufig nur teilweise miteinander verbundenen Sozialunternehmen, die sich einem Wohlfahrtverband angeschlossen haben, und schließen sie unter einem Dach zusammen (Schilling 2012). Teilweise unterscheiden sich die Profile der sechs Spitzenverbände sowohl organisatorisch als auch in ihren spezifischen Funktionen deutlich voneinander (Merchel 2008).

Bundesweit waren im Jahr 2012 1.673.861 Mitarbeitende hauptamtlich beschäftigt, wovon 727.694 Vollzeitarbeitskräfte (43 Prozent) und 946.167 Teilzeitarbeitskräfte sind (die Zahlen beinhalten neben der Sozialen Arbeit auch den gesundheitsmedizinischen Bereich). Dies bedeutet, dass die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege bzw. deren Einrichtungen und Dienste auch volkswirtschaftlich eine beachtliche Stellung einnehmen (vgl. 1.1) (Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege 2012). Insgesamt ist die freie Wohlfahrtspflege in allen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit vertreten. Größter Bereich bezüglich Einrichtungs- sowie Betten- und Platzzahl ist die Kinder- und Jugendhilfe mit 38.367 Einrichtungen (Diensten) und 2.076.693 Plätzen bzw. Betten. Dies entspricht einem Anteil von mehr als einem Drittel (37 Prozent) aller Einrichtungen und Dienste sowie 56 Prozent aller verfügbaren Plätze/Betten der freien Wohlfahrtspflege. Darauf folgen die Altenhilfe und die Behindertenhilfe mit 18.051 bzw. 16.446 Einrichtungen (Diensten), was einem Anteil von 17 Prozent bzw. 16 Prozent am Gesamtvolumen der freien Wohlfahrtspflege entspricht. Die Altenhilfe verfügt über 520.727 Plätze/Betten und die Behindertenhilfe über 509.395 Plätze/Betten (jeweils rund 14 Prozent am Gesamtanteil). Betrachtet man die Beschäftigtenzahlen, ist die Altenhilfe mit 444.977 Personen (dies entspricht rund einem Viertel der Gesamtkapazität) das Arbeitsfeld mit den meisten Beschäftigten, gefolgt vom Gesundheitsbereich (392.188) und der Kinder- und Jugendhilfe (362.950) (ebd.).

1.3.3     Privat-gewerbliche Träger

Privat-gewerbliche Träger, die in der Literatur auch als Profit-Unternehmen bezeichnet werden, treten in der Sozialen Arbeit in zwei unterschiedlichen Grundformen auf:

•  Privat-gewerbliche Träger, deren vordergründiger oder gar ausschließlicher Zweck die Dienstleistungserbringung in der Sozialen Arbeit ist;

•  Unternehmen, die neben ihren eigentlichen industriellen oder gewerblichen Produkten (Dienstleistungen) soziale Einrichtungen und Dienste betreiben, wie z. B. betriebliche Sozialberatung, Suchtberatung, betriebliche Kindertageseinrichtungen (Merchel 2008).

Charakteristisch für privat-gewerbliche Träger, deren primärer Zweck in der Erbringung von sozialen Dienstleistungen liegt, sind u. a. die volle unternehmerische Dispositionsfreiheit bezüglich spezialgesetzlicher Regelungen für soziale Einrichtungen, das Wirtschaften mit eigenem Kapital und die enge Gebundenheit an wirtschaftliches, rentables und kundenorientiertes Handeln. Weiterhin unterliegen privat-gewerbliche Träger zumeist keinen haushaltbedingten Verpflichtungen der öffentlichen Verwaltung, verfügen über ein hohes Maß an Flexibilität und nicht über den steuerlich bedeutsamen Status der Gemeinnützigkeit. Letztendlich sind sie zumeist auch durch die Spezialisierung auf bestimmte Arbeitsfelder geprägt (ebd.).

Die Möglichkeiten der privat-gewerblichen Träger, sich in den Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit zu etablieren, haben sich vor allem mit der Umgestaltung zahlreicher Sozialgesetze seit Mitte der 1990er Jahre und Veränderungstendenzen im Sozialstaat (vgl. 1.5) wesentlich verbessert, der bis dato häufig privilegierte Status der Wohlfahrtverbände hingegen wurde maßgeblich erschüttert (ebd.). Wenngleich es Arbeitsfelder gibt, in denen der Zugang für privat-gewerbliche Träger weiterhin nur erschwert möglich erscheint, oder solche, die wegen mangelnder (wirtschaftlicher) Attraktivität bewusst gemieden werden, ist deren zwischenzeitliche Ausweitung in vielen Tätigkeitsbereichen enorm. Neben bereits hohen Marktanteilen privat-gewerblicher Träger in der Sozialen Altenarbeit oder Kinder- und Jugendhilfe sind diese mittlerweile sogar mit ehemals hoheitlichen Aufgaben betraut, wie das Beispiel der Bewährungshilfe in Baden-Württemberg zeigt.

1.3.4     Fachverbände

Fachverbände sind üblicherweise gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von verschiedenen Trägern mit dem Zweck einer fach- und sozialpolitischen Meinungsbildung und -vertretung. Sie treten entweder in Erscheinung als Lobbyisten-Organisationen für bestimmte Tätigkeitsbereiche oder als trägerübergreifende Kooperations- und Koordinationsgremien. Die arbeitsfeldspezifischen Fachverbände der beiden konfessionellen Wohlfahrtsverbände sind ein eindrückliches Beispiel für die Einflussstärke von Lobbyisten-Organisationen. Ein besonders beachtenswerter Fachverband, der durch seine trägerübergreifende Kooperations- und Koordinationsarbeit sowie durch Beiträge zur Sozialpolitik als Konglomerat von öffentlicher und privater Fürsorge gilt, ist der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge. Der Verein hat eine über hundertjährige Geschichte vorzuweisen, in der vor allem die Wohlfahrtsverbände als Vertreter der Spitzenverbände und der fachlich relevanten Ministerien zusammenwirken, wenn es um die Realisierung sozialpolitischer und gesetzlicher Vorhaben geht (Merchel 2008).

1.4       Rechtsformen

Die Gründung eines in der Sozialen Arbeit tätigen Unternehmens kann trotz guter Absichten nicht ohne gewisse Voraussetzungen erfolgen. Dabei ist beispielsweise die Einbettung in finanztechnische Regelwerke sowie vor allem die Erfordernisse einer funktionalen und die Leistungserbringung unterstützenden Rechtsform von zentraler Bedeutung (Wöhrle u. a. 2013). Die Rechtsform muss bei Gründung feststehen, wobei nachträgliche Änderungen prinzipiell möglich sind. Wesentliche Kriterien bei der Entscheidung für eine Rechtsform sind vor allem Aspekte der Haftung und Organisationsstruktur, steuerliche Gesichtspunkte, Gründungsaufwendungen, Publizitätspflichten, Mitbestimmungsmöglichkeiten und Imageperspektiven. Grundsätzlich werden die Kategorien privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Rechtsformen voneinander unterschieden. Abbildung 1.4 gibt einen ausgewählten Überblick.

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Abb. 1.4: Rechtsformen der Sozialen Arbeit
Quelle: Eigene Darstellung nach Schick 2009, 402

1.4.1     Öffentlich-rechtliche Rechtsformen

Die öffentlich-rechtlichen Rechtsformen sind für die Soziale Arbeit vor allem im kommunalen (regionalen) Bereich von Bedeutung. Beispielsweise unterhalten eine Vielzahl von Städten und Landkreisen Pflegeheime und Krankenhäuser und betreiben diese oftmals in der rechtlich sowie organisatorisch relativ unselbständigen Form eines Regiebetriebs. Als noch häufiger gewählte Rechtsform für durch Kommunen und Landkreise betriebene Einrichtungen und Dienste findet sich die rechtlich ebenso unselbständige, organisatorisch jedoch verselbständigte Form des Eigenbetriebs. Weiterhin werden, zumeist auf kommunaler Ebene (teilweise ebenso im kirchlichen Bereich), Dienste und Einrichtungen der Sozialen Arbeit auch in öffentlich-rechtlichen Stiftungen betrieben (Schick 2009).

1.4.2     Privatrechtliche Rechtsformen

Die wesentlichen Rechtsformen im privatrechtlichen Bereich lassen sich gliedern in Personen- und Kapitalgesellschaften, Vereine sowie Stiftungen.

Eine Personengesellschaft entsteht, wenn sich mindestens zwei Personen zur Verwirklichung eines bestimmten Zweckes zusammenschließen. In der Sozialwirtschaft haben Personengesellschaften allerdings den großen Nachteil, dass sie im Gegensatz zu Vereinen, Stiftungen und Kapitalgesellschaften, nicht den Status der Gemeinnützigkeit erlangen können. Von hervorgehobener Bedeutung für Sozialunternehmen ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), welche häufig als Rechtsform bei privat-gewerblichen Trägern auftritt. Die GbR stellt einen Zusammenschluss von Personen zu einem gemeinsamen Zweck dar und bietet die Möglichkeit, mit vergleichsweise geringen rechtlichen Anforderungen und ohne Mindestkapital tätig zu werden. Als problematisch bei der GbR werden das erhebliche Haftungsrisiko (inkl. Privatvermögen) sowie die für den Bereich der Sozialen Arbeit vergleichsweise hohen Steuerfolgen angeführt (ebd.).

In der Sozialen Arbeit wurden in den letzten Jahren zunehmend gemeinnützige Kapitalgesellschaften gegründet, vor allem gemeinnützige Gesellschaften mit beschränkter Haftung (gGmbHs), die nach dem gemeinnützigen Verein (e. V.) zwischenzeitlich bedeutendste rechtliche Ausgestaltungsform von frei-gemeinnützigen Sozialunternehmen (Merchel 2008). Die gGmbH ist keine eigene Rechtsform, sondern es handelt sich hier um eine GmbH, welche zusätzlich die Kriterien der Gemeinnützigkeit erfüllt. Dies bedeutet, dass ihr Vermögen für gemeinnützige Zwecke gebunden ist und keine Ausschüttung der Gewinne an die Gesellschafter erfolgt (Schick 2009). Die GmbH, deren Rechtsgrundlage das GmbH-Gesetz bildet, besteht aus einem oder mehreren Gesellschaftern. Die Gründung erfolgt durch den Gesellschaftsvertrag, welcher einer notariellen Beurkundung bedarf und u. a. den Namen und Sitz des Unternehmens, dessen Gegenstand sowie die Höhe des Stammkapitals (häufig 25.000 Euro) enthält (ebd.). Die Mitwirkung und das Stimmrecht der jeweiligen Gesellschafter sind an deren Anteile am Stammkapital gekoppelt. Gleichzeitig mit der Errichtung der GmbH ist die Geschäftsführung zu bestellen (Merchel 2008). Während die Geschäftsführung für laufende Geschäfte zuständig ist, trägt die Gesellschafterversammlung die Verantwortung für Grundsatzentscheidungen, beispielsweise die Feststellung des Jahresabschlusses, die Verwendung von Jahresüberschüssen sowie die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung (Schick 2009). Im Gegensatz zur GmbH, deren Gründung nach dem GmbH-Gesetz keines bestimmten Zweckes bedarf, muss eine gGmbH sich zu einem gemeinnützigen Ziel und Zweck verpflichten. Die gGmbH findet sich in der Sozialen Arbeit häufig dann, wenn Träger in einem Arbeitsfeld agieren, welches durch hohen Wettbewerb geprägt ist, wie beispielsweise die stationäre Altenarbeit, Beschäftigungsinitiativen und Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Weiterhin ist diese Rechtsform von besonderem Stellenwert, wenn die Ausgliederung eines oder mehrerer Bereiche aus dem ursprünglichen Unternehmen erfolgt, um das wirtschaftliche Risiko zu begrenzen oder im neu gegründeten Betrieb beweglicher und spezifischer zu agieren. Ebenso scheint die Gründung einer gGmbH attraktiv, wenn Einrichtungen und Dienste gemeinsam von mehreren Trägern getragen werden (Merchel 2008; Knorr/Offer 1999), eine flexiblere Vergütung der Mitarbeiter angestrebt wird und die Gestaltungsspielräume für Publizitätsverpflichtungen sowie Finanzierungen erweitert werden sollen.

Die Entscheidung, sich in einem eingetragenen Verein (e. V.) zu organisieren, ist die seit jeher häufigste Rechtsformwahl von frei-gemeinnützigen Trägern der Sozialen Arbeit (Merchel 2008). Das Vereinsrecht ist geregelt in den §§ 21–79 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Gemäß einer geläufigen Definition »ist ein Verein ein auf eine gewisse Dauer angelegter, körperschaftlich organisierter Zusammenschluss einer Anzahl von Personen, die ein gemeinschaftliches Ziel verfolgen« (Schick 2009, 417). Die körperschaftliche Struktur in diesem Zusammenhang bedeutet, dass Vereine auf einen wechselnden Mitgliederstamm hinausgelegt sein müssen, wobei für eingetragene Vereine mindestens sieben Mitglieder erforderlich sind. Gleichzeitig ist auch die Vereinssatzung von mindestens sieben Mitgliedern zu unterschreiben (Merchel 2008). Verbindliche Mindestanforderungen an die Vereinssatzung sind in § 57 BGB geregelt und umfassen den Zweck, Name und Sitz des Vereins sowie die Verpflichtung zum Eintrag in das Vereinsregister. Weiterhin sollte die Vereinssatzung gemäß § 58 BGB Regelungen enthalten über Ein- und Austritte von Mitgliedern, Mitgliedsbeiträge, Bildung des Vorstands, Voraussetzungen, unter denen die Mitgliederversammlung zu berufen ist, Form der Berufung und zur Beurkundung der Beschlüsse (Schick 2009; Knorr/Offer 1999).

Den Mitgliedern eines Vereins obliegt vor allem die Verpflichtung zur Entrichtung von Mitgliedsbeiträgen und zum loyalen Verhalten (Treupflicht) in Bezug auf den Verein und die anderen Mitglieder. Die Rechte der Mitgliedschaft liegen insbesondere in der Gleichbehandlung aller Mitglieder, im Stimmrecht bei der Mitgliederversammlung und unter bestimmten Voraussetzungen (zumeist wenn mindestens 10 Prozent der Mitglieder dies fordern) bei der Möglichkeit zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung. Sowohl der Vorstand (dieser vertritt den Verein im Außenverhältnis) als auch die Mitgliederversammlung sind Organe von Vereinen. Die Mitgliederversammlung ist beispielsweise zuständig für die Wahl des Vorstands und für Änderungen an der Satzung (Schick 2009). Abgesehen hiervon besteht bei eingetragenen Vereinen ein breiter Spielraum für satzungsmäßige Regelungen. Beispielsweise kann festgelegt werden, dass neben dem Vorstand besondere Vertreter für gewisse Aufgaben bestellt werden. Bei in der Sozialen Arbeit tätigen Vereinen (Wohlfahrtsverbänden) sind dies zumeist hauptamtliche Geschäftsführer, deren Vertretungsmacht sich auf alle Rechtsgeschäfte erstreckt, die der zugewiesene Bereich mit sich bringt. Abgesehen von Geschäftsführungen werden neben dem Vorstand und der Mitgliederversammlung zunehmend weitere Organe gebildet (z. B. Aufsichtsrat, Ausschuss oder Beirat), denen umfassende Aufgaben übertragen werden können (ebd.).

Die Stiftung bildet neben dem Verein und der gemeinnützigen GmbH die häufigste Rechtsform von Sozialunternehmen. Ihre rechtliche Grundlage ist das BGB (§§ 80 ff.) sowie die verschiedenen Stiftungsgesetze der Bundesländer, welche die Verfahren zur Anerkennung und Stiftungsaufsicht reglementieren. Eine Stiftung kann definiert werden als »Organisation, die bestimmte, durch ein Stiftungsgeschäft festgelegte Zwecke mit Hilfe eines Vermögens verfolgt, das diesen Zwecken dauernd gewidmet ist« (Schick 2009, 424). Im Gegensatz zu Vereinen und Gesellschaften verfügt die Stiftung über keine Mitglieder, Gesellschafter oder Eigentümer und gehört sich sozusagen selbst (Göring 2010). Prägnante Wesensmerkmale für eine Stiftung sind der Stiftungszweck, das Stiftungsvermögen und die Stiftungsorganisation.

Der Zweck einer rechtsfähigen Stiftung muss auf Dauer angelegt und im Stiftungsgeschäft bzw. der Stiftungssatzung festgeschrieben sein. Bei der Wahl des Stiftungszwecks werden dem Stifter grundsätzlich Freiräume eingeräumt. Allerdings müssen die durch das Stiftungsvermögen erzielten Erträge ausreichen, um den jeweiligen Stiftungszweck zu realisieren (Schick 2009). Entsprechend einer gängigen Anerkennungspraxis in den einzelnen Bundesländern ist für die Stiftung ein Vermögen von mindestens 50.000 Euro erforderlich (Göring 2010). Die Stiftungsorganisation ist zuständig für die Administration des Stiftungsvermögens und trägt Verantwortung dafür, dass mit daraus erzielten Erträgen der Stiftungszweck realisiert werden kann. Die Ausgestaltung der Stiftungsorganisation erfolgt zumeist in Abhängigkeit vom Stiftungszweck und Vermögen. Stiftungen, die beispielsweise ein spezielles Tätigkeitsfeld der Sozialen Arbeit begünstigen und hierzu eigene Einrichtungen und Dienste betreiben, müssen anders organisiert und ausgestattet sein, als reine Förderstiftungen, die ausschließlich darauf fokussiert sind, Kapital zu verwalten (ggf. Spendengelder zu generieren) und aus erzielten Erträgen beispielsweise andere Sozialunternehmen zu unterstützen (Schick 2009).

Die Gründung