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1. Auflage 2017
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© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
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ISBN 978-3-17-022618-0
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Organisationen die ambulante oder stationäre Rehabilitation durchführen, sind durch die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) gesetzlich verpflichtet, ein internes QM-System aufzubauen und danach zu arbeiten. Dies ist entsprechend der aktuellen Verpflichtung nachzuweisen. Um diesen Anforderungen in geeigneter Weise zu begegnen, werden Fachkenntnisse in der Vorgehensweise im QM-Systemaufbau und in der Weiterführung benötigt.
Dieser Praxisleitfaden wendet sich an interessierte Projektleiter, um die Grundanforderungen der BAR und der DIN ISO in die Entwicklung und Weiterentwicklung des internen QM-Systems einzubeziehen und zu berücksichtigen.
Die hier beschriebenen Praxisbeispiele sind auf eine stationäre Rehabilitation angewendet. Die Qualitätskriterien sind auch auf ambulante Einrichtungen übertragbar.
In diesem Praxisleitfaden finden Sie neben den wichtigsten Anforderungen und Vorgaben einen detaillierten Leitfaden zum Aufbau eines rehabilitationsspezifischen QM-Systems. Im Praxisteil werden Hilfestellungen zur Interpretation und Anwendung der BAR-Anforderungen und der ISO-Normen-Anforderungen gegeben.
Oberursel/Taunus, im Juni 2017 |
Dr. Claudia Welz-Spiegel |
Der vorliegende Praxisleitfaden verwendet sämtliche Begriffe nur in männlicher Form. Dies geschieht allein aus Gründen der Lesbarkeit. Wird z. B. von Mitarbeitern gesprochen, sind natürlich auch die Mitarbeiterinnen gemeint.
Der rehabilitative Behandlungsansatz hat sehr früh Einzug in das ärztliche und therapeutische Handeln gehalten. Vereinfacht dargestellt, versteht man unter der Rehabilitation Maßnahmen zur Verhinderung, Linderung oder Beseitigung chronischer Leiden oder Behinderungen. Verhinderung chronischer Leiden bedeutet dabei die Beachtung des präventiven Gedankens, aus einem Akutleiden keine Chronifizierung entstehen zu lassen. Die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der körperlichen und geistigen Beweglichkeit ist heute mehr denn je Mittelpunkt des rehabilitationsmedizinischen Denkens sowohl im medizinischen als auch im Teilhabebereich. Übergreifend geht es um die positive Beeinflussung der vorliegenden Symptomatik, der Funktionalität und der sich daraus ergebenden sozialen Kompetenz. Die Versorgung der Rehabilitanden/Patienten soll auf seine individuellen Bedürfnisse ausgerichtet sein. Die Therapien sollen gemäß eines an die Probleme der Rehabilitanden angepassten innovativen medizinischen Konzeptes und auf der Basis evaluierter Standards geplant, durchgeführt und regelmäßig geprüft werden. Hierbei ist der Rehabilitand/Patient aktiv einzubeziehen. Ziel der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) ist es zudem, eine kompetente Anwendung objektiver Kriterien zur Leistungsbeurteilung und zur Begutachtung der Rehabilitanden insbesondere für die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten.
Die stationäre Rehabilitation soll eine Vorbereitung und Einbindung der Möglichkeit zur persönlichen und berufsbezogenen Rehabilitation ermöglichen.
Auf der Grundlage eines vernetzten Konzeptes sollen alle Berufsgruppen mit ihren entsprechenden Ressourcen sowohl personell als auch apparativ kompetent zusammenarbeiten. Im Rahmen der bio-psycho-sozial begründeten Herangehensweise im Rehabilitationsprozess soll der ganzheitliche und damit Fachgrenzen überschreitende Behandlungsansatz in den Vordergrund treten. Festgelegte ökonomische Ansätze für die Durchführung von Rehabilitation sind die Vermeidung einer Erwerbsunfähigkeit (Rehabilitation vor Rente) und die Vermeidung einer Pflegebedürftigkeit (Rehabilitation vor Pflege). Durch die Rehabilitation soll sich ein Nutzen für das Individuum und für die Gesellschaft entwickeln. Es werden beispielsweise durch die Vermeidung einer Berentung und der damit erreichten weiteren Erwerbstätigkeit die soziale Kompetenz des Patienten und seine finanziellen Möglichkeiten positiv beeinflusst. Gleichzeitig ergeben sich doppelte Vorteile für die Gesellschaft durch die Vermeidung einer Rentenzahlung und der Beitragszahlung in die Sozialsysteme.
Von zentraler Bedeutung ist die Anforderung an die stationären Rehabilitationseinrichtungen ein teilhabeorientiertes Leitbild im interdisziplinären Team zu entwickeln. Hierbei sollen die Mitarbeiter in die Entwicklung aktiv miteingebunden werden. Das Ergebnis des Entwicklungsprozesses soll dann allen an der Rehabilitation Beteiligten und den Rehabilitanden mitgeteilt werden. Das erstellte Leitbild soll regelmäßig auf Aktualität geprüft und im Bedarfsfall weiterentwickelt werden. Gefordert ist ein umfassendes Einrichtungskonzept mit inhaltlich konkreter Darstellung der indikationsspezifischen Rehabilitationsschwerpunkte. Für das QM-System muss ein verantwortlicher Leiter (Beauftragter der Leitung), z. B. der ärztliche Leiter, benannt werden. Die Erfüllung von Basisanforderungen für das QM-System der Einrichtung wurden von der BAR festgelegt und dienen als Grundlage für alle anerkannten Zertifizierungssysteme. Zentrale Inhalte sind zum Beispiel das Prozessmanagement, das Beschwerdemanagement, das Schnittstellenmanagement, die Umsetzung eines internen Kontrollsystems, die Teilnahme an der externen Qualitätssicherung (QS), ein Fehlermanagement und die Erhebung der Rehabilitandenzufriedenheit. Ein besonderer Aspekt wird in der Mitwirkung und Förderung der Mitarbeiter mittels eines Personalentwicklungskonzepts gesehen. Alle getroffenen Regelungen müssen in einer Dokumentation (QMH) zusammengeführt werden. Die Prüfung des QM-Handbuchs auf Vollständigkeit in der Übereinstimmung mit den Anforderungen stellt den ersten Schritt in einem Zertifizierungsverfahren dar. Auch in Zertifizierungsverfahren, die keine Verpflichtung für ein QM-Handbuch mehr sehen, muss dies aufgrund der Vorgaben der BAR dennoch erfolgen. Die definierten Grundanforderungen der BAR sind gemäß den Qualitätsdimensionen nach Donabedian in die Strukturqualität, die Prozessqualität und die Ergebnisqualität gegliedert. In den zur Verfügung stehenden Zertifizierungsverfahren sind diese enthalten und durch Zusatzanforderungen ergänzt. Je nach Wahl des zugelassenen Zertifizierungsverfahrens ergeben sich somit die entsprechenden Anforderungen, die zu erfüllten sind. Die besondere Bedeutung der grundlegenden BAR-Kriterien zur Zertifizierung der stationären Rehabilitationseinrichtungen wird gesehen in:
• Der berufsgruppen-, hierarchie- und fachübergreifenden Zusammenarbeit
• Der stetigen internen systematischen Bewertung des QM-Systems und der Qualitätssicherung
• Der Identifizierung, Analyse und Verbesserung der Struktur-, Prozess-, Ergebnisqualität
• Der Ausrichtung auf Bedürfnisorientierung aller an der Rehabilitation Beteiligten
Die Vereinbarung zur Verpflichtung für ein QM-System in Rehabilitationseinrichtungen wurde im Oktober 2009 als verbindliche Anforderung für ein einrichtungsinternes QM-System beschlossen. Dies ist geregelt in § 20 Absatz 2a SGB IX: Verpflichtung zur Zertifizierung der Einrichtungen im stationären Reha-Bereich ab 01.10.2009. Die herausgebende Stelle ist von den Zertifizierungsgesellschaften zu suchen und die Deutsche Rentenversicherung Bund lässt über die herausgebende Stelle die Zertifizierungsstellen zu. Es besteht die Festlegung der Verpflichtung zur unabhängigen Zertifizierung durch einen unabhängigen Dritten. Der Nachweis über die Zertifizierung ist bis spätestens 01.10.2012 zu erbringen. Bei Neuinbetriebnahme muss innerhalb eines Jahres eine Zertifizierung erfolgen.
Es besteht somit eine Verpflichtung zur Zertifizierung der stationären Rehabilitationseinheit nach den BAR-Kriterien. Die Auswahl des Zertifizierers und des Verfahrens ist freigestellt. Je nach Verfahren gibt es Zertifizierungsanforderungen, die zu erfüllen sind. Gemeinsame Grundlage sind immer die BAR-Anforderungen. Meistens besteht die zusätzliche Integration oder Anlehnung an die Forderungen der DIN EN ISO 9001:2015. Mit Inkrafttreten der Zertifizierungspflicht müssen die Reha-Einrichtungen innerhalb von drei Jahren ein von der BAR anerkanntes Verfahren umgesetzt und mit einem gültigen Zertifikat nachgewiesen haben. Nach Ablauf der Übergangsfrist haben neue Reha-Einrichtungen innerhalb eines Jahres nach Inbetriebnahme der Einrichtung die geforderte Zertifizierung nachzuweisen. Reha-Einrichtungen, die mit Inkrafttreten der Vereinbarung oder kurz danach nach einem anderen QM-Verfahren zertifiziert sind, welches von der BAR noch nicht anerkannt worden ist, gelten bis zum Ablauf des bisher gültigen Zertifikates als nach § 20 Abs. 2a SGB IX geeignet, jedoch längstens bis vier Jahre nach Inkrafttreten der Vereinbarung.
• Der Ablauf der Zertifizierung erfolgt in folgenden Schritten:
• Verpflichtende Dokumentationsprüfung vorab (Handbuch),
• Vor Ort Prüfung durch akkreditierte Zertifizierungsstelle,
• Nachbesserungsverpflichtung, Meldung an BAR bei Nichterfüllung (max. neun Monate),
• Nachweis des Tatbestands mittels Zertifikat,
• Dreijährige Rezertifizierung und
• Kündigung des Versorgungs-/Belegungsvertrags bei Nichtzertifizierung.
Auch Ambulante Rehabilitationseinrichtungen und Einrichtungen der stationären Vorsorge müssen derzeit nach der Vereinbarung nach § 137d Abs. 1, 2 und 4 SGB V durch einen vorgegebenen Selbstbewertungsbogen Nachweise zu einem internen Qualitätsmanagement erbringen. So müssen ein internes QM-System und die Erfüllung der vorgegebenen Qualitätskriterien nachgewiesen werden. Diese Selbstbewertung ist erstmalig bis vorr. Mitte 2014 durchzuführen und einzureichen. Daher sind die Qualitätskriterien als wesentliche leitende Bausteine in ein internes QM-System einzubeziehen. Wenn eine ambulante Rehabilitationseinrichtung bzw. die Einrichtungen der stationären Vorsorge bereits ein anerkanntes Qualitätsmanagement-Zertifikat besitzt, wird keine Selbstbewertung zusätzlich erforderlich.
Qualität medizinischer und rehabilitativer Versorgung ist die Gesamtheit der Merkmale eines Gesamtprozesses oder einzelner Bestandteile darin hinsichtlich der Fähigkeit und Eignung, vorgegebene Anforderungen und Erfordernisse im Sinne des Patienten oder Rehabilitanden und unter Berücksichtigung des aktuellen fachlichen Standards der jeweiligen Fachgesellschaft zu erfüllen. Qualität in der Rehabilitation ist das Erbringen eines vereinbarten indikationsspezifischen Leistungsstandards nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Ein Qualitätsmanagementsystem ist eine systematische Vorgehensweise in der Ablaufsteuerung und Vernetzung von Abläufen und zur kontinuierlichen Verbesserung. Hierbei werden alle Tätigkeiten der Ausrichtung und Ausgestaltung der Organisation, die Ziele, die internen und externen Abläufe sowie Verantwortungen und das Schnittstellenmanagement festgelegt.
Für einen richtigen QM-Systemaufbau ist es wichtig, die grundsätzlichen Ziele und Strategien zu kennen und im Betrieb individuell festzulegen.