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Cyrus Achouri

Ist Kapitalismus gerecht?

Die menschliche Natur in Kapitalismus, Sozialismus und Evolution

Verlag W. Kohlhammer

1. Auflage 2017

 

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© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

 

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ISBN 978-3-17-033684-1

 

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pdf: ISBN 978-3-17-033685-8

epub: ISBN 978-3-17-033686-5

mobi: ISBN 978-3-17-033687-2

 

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Inhalt

Was Sie zu Beginn wissen sollten

1.  Gerechtigkeit ist normativ

1.1  Analyse und Kritik

2.  Ist Gleichheit gerecht?

3.  Gleichheitstheorien: Marxismus und Sozialismus

3.1  Der historische Materialismus

3.2  Bewusstsein und Sein

3.3  Die Entfremdung des Menschen

3.4  Wert

3.5  Arbeit

3.6  Produktivität

3.7  Gerechtigkeit

3.8  Natur und Kultur

3.9  Der Staat

3.10  Krisen im Kapitalismus

4.  Das Milieutheorie-Dilemma

5.  Gleichheits-, Gerechtigkeits- und Vernunftkonzepte

6.  Ungleichheitstheorien: Kapitalismus und Evolution

7.  Ist Gerechtigkeit unnatürlich?

Endnoten

Literatur

Was Sie zu Beginn wissen sollten

In den Sozialwissenschaften ist ein Passus gängig, der die soziale Ungleichheit aufs Korn nimmt, der sogenannte »Matthäus-Effekt«: Demnach wird dem gegeben, der eh schon hat. Das Leben scheint nicht gerecht zu sein, eine alte Weisheit, die in letzter Zeit beispielweise durch Statistiken des französischen Ökonomen Thomas Piketty gestützt wurde. Insbesondere seit der Finanzkrise gibt es eine neu erstarkte Kapitalismuskritik auch von jenen Fraktionen, die sich in der Vergangenheit durchaus positiv für eine freie Marktwirtschaft ausgesprochen haben. Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte gehen inzwischen auch manchen liberalen Marktgläubigen zu weit.

Und wie sieht der Durchschnittsbürger die soziale Frage? In Deutschland ist das obere Fünftel in der Einkommensverteilung zu 75 Prozent mit ihrer eigenen wirtschaftlichen Situation zufrieden. In der Mittelschicht sind es gerade noch 40 Prozent und in den unteren sozialen Schichten bewegt sich die Zufriedenheit nur noch knapp über 20 Prozent. So verwundert es nicht, wenn die Arbeiterschicht die sozialen Unterschiede in Deutschland gegenüber »Bürgertum« und »Großbürgertum« als überwiegend ungerecht empfindet. Insbesondere Letzteres findet die sozialen Unterschiede aufgrund der unterschiedlichen Leistung der Menschen größtenteils gerechtfertigt. So zeigt sich die Prägung durch die eigene soziale Herkunft in der Bevölkerung als ausschlaggebend bezüglich der grundlegenden sozialen Fragen.1

Im Rahmen der Kapitalismuskritik erfährt auch immer wieder der Marxismus Aufwind. Insbesondere junge Menschen flirten mit marxistischen Gedanken. Man sagt, wenn man in der Jugend nicht links sei, habe man kein Herz, wenn man im Alter nicht konservativ sei, fehle der Verstand. Jedenfalls ist es meist die ungestüme Emotionalität der jüngeren Generation, die die Welt verändern will, um die Ungerechtigkeiten, die in ihr vorkommen, auszumerzen. Der (Neo-)Marxismus ist für einige bis heute eine attraktive Theorie bzw. für manche sogar ein zu wünschendes Gesellschaftsmodell. Dabei ist oft unklar, welches Gesellschaftsmodell eigentlich genau propagiert wird. Meist sind es weder vergangene noch existierende sozialistische oder kommunistische Staatsformen, noch Karl Marx’ eigene Utopie. Oft werden nur Anleihen insbesondere am Marxismus genommen, um eine Argumentationsgrundlage für die Bekämpfung von Ungerechtigkeit, sozialer Ungleichheit, Armut oder Ausbeutung zu haben. Deshalb macht es durchaus Sinn, sich mit der ursprünglichen Theorie des Marxismus näher auseinanderzusetzen, um zu sehen, ob, bzw. welche Ideen und Aussagen ggf. auch heute noch innovatives Potenzial haben.

Ich möchte in diesem Buch die zentralen Aussagen verschiedener paradigmatischer Gleichheits- und Gerechtigkeitstheorien untersuchen, um die Frage zu klären, wie angemessen die jeweiligen Argumente sind. Dazu ziehe ich innerhalb der Naturtheorien die Evolutionsbiologie, innerhalb der Gesellschaftstheorien insbesondere Marxismus und Sozialismus heran. Einfach gesprochen: Mich interessiert, worauf die sozialistische Kapitalismuskritik fußt und inwieweit sie berechtigt ist. Steht der Kapitalismus wirklich der menschlichen Natur ausbeutend und entfremdend gegenüber? Worauf basieren diese Argumente? Sind sie überzeugend? Und von Naturrechts- und Evolutionstheorie aus gefragt: Ist der Kapitalismus wirklich eine der menschlichen Natur angemessene Ökonomieform? Welche Argumente gibt es dafür?

Wenn man die Kapitalismuskritik betrachtet, ist sie insbesondere aus sozialistischer und marxistischer Sicht teilweise zu einseitig vorgetragen worden. Schließlich gibt es nicht nur eine Spielart des Kapitalismus. Es hängt etwa davon ab, wie man Arbeitsmarkt, Finanzwesen, Unternehmensregeln, Sozialpolitik und rechtliche Regelungen miteinander in Einklang bringt. Dafür gibt es vielfältige Möglichkeiten, deren jeweilige Realisierung völlig unterschiedliche gesellschaftspolitische Ausprägungen schafft.

Darüber hinaus sind die Einwände fast ausnahmslos kultureller Prägung, mit anderen Worten milieutheoretisch formuliert. Dagegen gibt es sehr starke evolutionsbiologische Argumente, die für den Kapitalismus zu sprechen scheinen, unter anderem, dass dieser der menschlichen Natur am besten entspreche. Und in der Tat hat der Kapitalismus gezeigt, dass er fähig ist, sich immer wieder neu zu erfinden und Krisen zu überwinden, eine sehr evolutionäre Fähigkeit. So werden möglicherweise Gesellschaften heute und in der Zukunft genau dann erfolgreich sein, wenn sie Spielräume für Experimente und Möglichkeiten zum Wachstum lassen und Veränderungen fördern, auch wenn sie sich als vorübergehende Irrwege erweisen sollten. Die Natur selbst verfährt auch auf diese Weise.

Wie Sie sehen werden, halte ich die meisten sozialistischen Argumente nicht für stichhaltig, insbesondere weil sie meines Erachtens die evolutionsbiologischen Fakten schlicht ignorieren (wie leider viele geisteswissenschaftliche Theorien), oder sich weigern, die notwendigen Schlüsse daraus zu ziehen. Dennoch liegt es mir fern, einem kapitalistischen Marktliberalismus zu huldigen oder die »Natur des Menschen«, worin diese auch immer nach unserem heutigen Wissensstand bestehen mag, zu verabsolutieren. Gerade aber wenn politisch-kulturelle Strategien gesellschaftlich und ökonomisch erfolgreich sein sollen, muss man die evolutionsbiologischen Voraussetzungen mit einbeziehen, sonst landet man unweigerlich in kulturellen Ideologien.

Es sei angemerkt, dass ich den Begriff »Kultur« im Weiteren nicht umgangssprachlich verwende, sondern in Abgrenzung zur Natur. Politik, Kunst, Recht, Ökonomie, Wissenschaft etc. sind in dieser Hinsicht kulturelle Güter, die von Menschen geschaffen sind; die menschliche Natur zählt (noch) nicht dazu, auch wenn wir mit der Gentechnik gerade dabei sind, unsere Geschichte einschneidend zu verändern. Mir ist mit diesem Buch nicht daran gelegen, eine historische Übersicht zu bieten, sondern daran, mehr oder weniger eklektisch die für den Themenzusammenhang relevanten Inhalte aufzusuchen und daraus systematische Folgerungen zu ziehen. In dieser Hinsicht und bezogen auf den gegebenen Umfang müssen Inhalte fragmentarisch bleiben. Manchmal setze ich auch Grundlegendes voraus. Dies scheint mir zugunsten einer kurz gehaltenen Diskussion des Themas ein tragbarer Nachteil zu sein.

1.  Gerechtigkeit ist normativ

Die ersten Wirtschaftstheorien nannten sich »Politische Ökonomien«. Der Begriff geht zurück auf den griechischen Begriff »Oikonomia« (Haushalt) und wurde auf den Staat übertragen. Im 20. Jahrhundert wurde der Begriff dann durch »Wirtschaftswissenschaften« bzw. »Volkswirtschaftslehre« ersetzt. Heute wird der Begriff der Ökonomie bzw. ihr Gegenstand durchaus mehrdeutig verstanden: zum einen als das Bestreben, möglichst viel mit möglichst geringem Aufwand zu erlangen. Der Philosoph Richard Avenarius nannte das im 19. Jahrhundert das »Prinzip des kleinsten Kraftmaßes«. Wir würden das heute mit »Effizienz« übersetzen. Zum anderen verstehen nicht nur der Volksmund, sondern auch Definitionen in Lexika und Fachbüchern die Wirtschaft als Garant dafür, Entscheidungen zu treffen, die eine bestmögliche Bedürfnisbefriedigung der Menschen bei knappen Ressourcen erlangen. Man kann beide Desiderate durchaus kritisch betrachten, denn wir wirtschaften weder besonders effizient, noch »gerecht«.

Wenn wir über Gerechtigkeit sprechen, sollten wir klären, was damit gemeint sein soll. Ich möchte folgende Bedeutungen unterscheiden: Gerechtigkeit im Sinne des geltenden Rechts, Gerechtigkeit als Gleichheit, immanente Gerechtigkeit (positivistisch, analytisch) und Metagerechtigkeit (normativ, kritisch). Ursprünglich bedeutet Gerechtigkeit die Übereinstimmung mit dem geltenden Recht. Gerechtigkeit heißt dann, dass vor dem Gesetz alle gleich sein sollen. Gleiche »Fälle« sind gleich zu behandeln, doch wann können wir überhaupt von gleichen Fällen sprechen? Die Lebenssituationen sind unterschiedlich, und die Menschen sind es auch. Die Anwendung setzt also per se schon eine Abstraktion voraus.

Man kann die Frage nach Gerechtigkeit auch mit der Begrenztheit unserer natürlichen Ressourcen in Verbindung setzen: »Wo ein Überfluss seitens der Natur herrscht, wird die Gerechtigkeit aber nur weitgehend, nicht vollständig arbeitslos.«2 Man kann diese Korrelation aber auch anzweifeln. Nicht umsonst werden überproduzierte Lebensmittel in den reichen Industriestaaten aus ökonomischen Gründen durchaus auch vernichtet, anstatt sie den Hungernden zuzuführen. Zudem muss Überfluss die soziale Ungleichheit nicht zwangsläufig aufheben, sondern kann diese auch verschärfen.

Gerechtigkeit gilt den meisten (Rechts-)Philosophen als die erste und wichtigste Kategorie des Zusammenlebens. Höffe etwa nennt die Gerechtigkeit die »geschuldete Sozialmoral« mit dem »Rang des elementar-höchsten Kriteriums allen Zusammenlebens«3. Und in der Tat: Wenn man sich Gedanken macht, wie gesellschaftliches Zusammenleben idealerweise erfolgen könnte, und dabei das Leben aller beteiligten Individuen als gleichwertig setzt, wäre die erste universelle soziale Norm die Gleichstellung aller Menschen.

Idealerweise deshalb, weil es zum einen voraussetzen würde, dass alle Beteiligten der Gleichstellung zustimmen, und diese Zustimmung zum anderen sehr wahrscheinlich davon abhinge, dass es zum Zeitpunkt der Gleichstellung noch keine ungleiche Verteilung von Ressourcen, Macht oder Herrschaft etc. gäbe. Dies einmal hypothetisch zugestanden, stellte sich die Frage des Maßstabs (Gerechtigkeit) damit gar nicht, denn Gerechtigkeit wäre gleichbedeutend mit Gleichheit. Alle unmenschlich zu behandeln, wäre demnach auch gerecht, wenn die Gerechtigkeit keinen Maßstab über oder neben der Gleichheit einnimmt. Nimmt sie aber auf einer Metaebene Platz, dann sollte gezeigt werden, woher der Maßstab der Gerechtigkeit kommt.

Auch gesellschaftspolitisch verweist die Gerechtigkeit auf Gleichheit bzw. auf das Maß an Ungleichheit, das zugelassen werden kann, bevor die gesellschaftliche Stabilität darunter leidet. So kann man feststellen, dass Gerechtigkeit in einer Gesellschaft soweit gesellschaftspolitisch verwirklicht wird, wie der soziale Druck der Bürger es fordert. Gerechtigkeit wird auf diese Weise nicht zu einer moralischen, sondern zu einer politischen Kategorie, die das Maß der Stabilität über die soziale Ungleichheit und das Maß der abgeleiteten Zufriedenheit des Volkes steuert.

Wenn man Gerechtigkeit gleichbedeutend mit dem geltenden Recht setzt, so verfährt man positivistisch. Gerecht ist dann immer das, was in einem geltenden Rechtssystem gilt. Überspitzt geht das nicht nur in einem sogenannten »Rechtsstaat«, denn im weiteren Sinne meint man mit »Rechtsystem« zunächst nur die geltenden Regeln. Der Vorteil dieser Gleichsetzung liegt in der praktischen Handhabung: Gerecht ist dann, wenn die bestehenden Rechte eingefordert werden. Der Nachteil liegt darin, dass wir dann den Maßstab verlieren, bestehende Verhältnisse moralisch oder kritisch zu beurteilen. Denn der Maßstab zur kritischen Beurteilung von etwas kann nicht aus der Analyse derselben erfolgen.

1.1  Analyse und Kritik

G. E. Moore hat den Sachverhalt, dass aus der Analyse keine Kritik abgleitet werden kann, mit dem Begriff »naturalistischer Fehlschluss« bezeichnet. Demnach kann man aus dem Sein kein Sollen ableiten, von der deskriptiven Ebene nicht einfach zur normativen Ebene wechseln. Tut man es dennoch, wird die Normativität von einem externen Maßstab begründet, welcher nicht aus der Analyse des Faktischen kommen kann. Aus der Analyse bestimmter gesellschaftlicher Verhältnisse, z. B. Ungleichheit, Kapitalismus etc. ergibt sich demnach noch keine Kritik derselben, denn der Maßstab zur Beurteilung muss von außen kommen.

Hinzu kommt, dass eine »reine« Analyse des Faktischen gar nicht möglich ist, weil man nicht »rein« objektiv analysieren kann. Von welchem Maßstab aus würde denn die Objektivität bemessen? So gesehen beinhaltet jede Analyse immer schon Kritik in sich. Thomas Kuhn4 hat dies für die Wissenschaftstheorie so formuliert: Die Zustimmung zu einem Paradigma ist nicht zwangsläufig selbst wissenschaftlicher Natur. Die Gründe zur Zustimmung zu einem wissenschaftlichen Paradigma liegen außerhalb der wissenschaftlichen Sphäre, im Lebenslauf, in der Persönlichkeit, in der jeweiligen Peer-Group oder in anderen externen Umständen. Die Wahl eines Paradigmas hat nach diesem Verständnis also keine rationalen Gründe.

Für die Ökonomie hat etwa Thorstein Veblen bereits darauf hingewiesen, dass die Wirtschaftswissenschaft nicht als eigene Wissenschaft bestehen kann, sondern Soziologie und Anthropologie ebenso beinhalten müsse. Kuhn und Veblen verweisen auf die Notwendigkeit der Begründung von Normen von der Metaebene aus. Normen wie Gerechtigkeit oder die Kritik an bestehenden Verhältnissen lassen sich nicht aus diesen Verhältnissen selbst ableiten, sondern müssen transzendent begründet werden.* Analysiert man aktuelle, historisch konkrete gesellschaftliche Verhältnisse, so werden daraus keine historisch übergreifenden, anthropologischen Strukturen sichtbar. Mit anderen Worten: Aus der Analyse, wie die Menschen zu einem gegebenen Zeitpunkt in einer gegebenen kulturellen Ausgestaltung beispielsweise die Verteilung von Ressourcen regeln, kann man nicht schließen, wie die Menschen generell den Umgang mit sozialer Ungleichheit bewerten sollten. Wenn man sich fragt, wie soziale Ungleichheit entsteht, so reicht es also nicht, beispielsweise eine ökonomische Analyse der bestehenden Verhältnisse durchzuführen, denn das könnte etwa heißen, Ungleichheit sei erst durch den Kapitalismus entstanden. Vielmehr haben es die »herrschenden Klassen« zu allen Zeiten geschafft, sich die gesellschaftliche Ordnung als Nutznießer zu gestalten. Wir finden dies in der Vorantike und Antike, im Feudalismus, im Kapitalismus und wahrscheinlich auch noch im Postkapitalismus.

Wenn man nur die aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse untersucht, dann sieht man die gerade geltende geschichtliche Ausprägung von Herrschaft, angewandter Ungleichheit oder Ungerechtigkeit. Um diese zu beurteilen, reicht keine historisch konkrete Analyse, sondern man muss möglichst zeit- und kulturübergreifend beurteilen. Setzt man also Gerechtigkeit weder mit geltendem Recht gleich, noch in dem Sinne, dass eben das gerecht sei, was man zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer Gesellschaft vorfindet, so muss man einen Maßstab jenseits dieses Positivismus finden. Die Frage ist, woher dieser Metamaßstab kommt. Ich will auf zwei Möglichkeiten eingehen.

Eine Möglichkeit ist es, den Maßstab ideell abzuleiten. In diesem Sinne sind Gerechtigkeitstheorien zu sehen, die kulturelle Möglichkeiten entwerfen. Diese kulturellen Güter können rein virtuell sein, also beispielsweise noch nie in der Wirklichkeit vorgefunden, oder auch praktisch verwirklicht worden sein. Hierzu zähle ich etwa sozialistische, neomarxistische und philosophische Theorien allgemein, sowie jede Art von Utopien oder gesellschaftliche Ideologien.

Eine andere Möglichkeit ist, den Maßstab nicht aus der Kultur, sondern aus der Natur abzuleiten. Der Maßstab von Gerechtigkeit würde demnach aus unseren biologischen Voraussetzungen abzuleiten sein. Gerecht wäre so ein Attribut, das unseren evolutionsbiologischen Voraussetzungen entspricht bzw. diesen zumindest nicht entgegenläuft. Also: Gerechtigkeit ist ein normativer Maßstab. Soll sie nicht auf geltendes Recht reduziert werden, braucht es einen Maßstab, der nicht aus den bestehenden Verhältnissen abgeleitet wird. Dieser Maßstab kann kulturell oder evolutionär begründet werden.