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Carlo Manzoni

Der Hund trug keine Socken

Ein SuperKrimi mit einem Loch in der abstrakten Kunst, einer Feuersbrunst im Kleiderschrank, einem Engel unterm Wiegemesser und noch einer Menge Personen und Begebenheiten, scheinbar made in USA, aber statt dessen lachmuskelspannend

LangenMüller

Titel der Originalausgabe

»Ti svito le tonsille, Piccola!«

Aus dem Italienischen von Maria Kern

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© für das eBook: 2016 LangenMüller in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München

© alle Rechte für die deutsche Sprache: 1966 LangenMüller in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Wolfgang Heinzel

Umschlagmotiv: Shutterstock

eBook-Produktion: F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München

ISBN 978-3-7844-8270-5

Erstes Kapitel

Wenn man einen Partner hat wie den meinigen, kann man gewisse Aufträge nicht ablehnen – inzwischen lachen zwei sich tot – na, sollen sie!

Alter: sicher über sechzig. Sagen wir zweiundsechzig, dreiundsechzig, wenn’s recht ist. Jahre natürlich. Größe: bestimmt nicht über einsfünfzig, Gewicht: nicht abzuschätzen, vermutlich gar keines.

Ich glaube wirklich, sie hat ihr Gewicht zu Hause gelassen, oder es ist ihr aus irgendeiner Falte entschlüpft. Meiner Ansicht nach könnte ich schwören, daß sie leicht zur Tür hereingekommen wäre, ohne sie aufzumachen. Nun, jedenfalls ist sie hereingekommen und schaukelt bis zum grünen Fauteuil vor, der Sitzgelegenheit für Klienten neben meinem Schreibtisch. Ich halte den Atem an, weil ich befürchte, sie könne von einem Moment zum anderen auseinanderbrechen. Sie meine ich, nicht die grüne Sitzgelegenheit. So zerbrechlich und schwerelos erscheint sie mir, daß sie, verdammt nochmal, nur wie durch ein Wunder an Balance zusammenhält, einem Kartenhaus vergleichbar, nur um Ihnen einen Begriff von meinem Eindruck zu geben.

Sie setzt sich, öffnet eine große Handtasche, zieht einen Anker heraus, der an einer Kette befestigt ist, und läßt diese Kette so lange durch die Finger gleiten, bis der Anker auf Grund stößt.

Gott sei Dank. Sie hat vor meinem Fauteuil Anker geworfen, und ich kann aufhören, den Atem anzuhalten.

Ich entspanne mich.

Mein erster Eindruck ist, sie müßte leicht auseinander- und auch wieder zusammenschraubbar sein, deshalb hat sie sofort ihre Spitznamen weg: alte Schraube oder Patent-Oma, je nach Bedarf.

Sie ist ganz in Schwarz, und ihre Augen sind rot, wie wenn sie geweint hätte. Ich sehe, wie sie ein weißes Taschentuch aus ihrer Tasche nimmt, die Nase hineinsteckt und sich dann neugierig umsieht, wie wenn sie etwas suchen würde.

Ich sitze still da und warte.

Seit ich auf ihre Frage, ob ich Chico Pipa bin, geantwortet habe: »Das bin ich, nehmen Sie Platz«, habe ich den Mund nicht mehr aufgemacht.

Das spielte sich natürlich vorher ab, als das Alterchen auf meiner Türschwelle erschien.

Mir war gar nicht, als ob sie etwas gesagt hätte: ich nahm eher an, daß sie beim Aufmachen meiner Tür eine Handvoll Plastikknöpfe auf den Boden warf.

Dann bemerkte ich aber, daß dieses klappernde Geräusch mit einem fragenden Ton endete und es sich also nicht um auf den Boden geworfene Plastikknöpfe handeln konnte, sondern um Konsonanten und Vokale, so gemixt, daß daraus ein ziemlich originelles »Chico Pipa?« entstand.

Jetzt warte ich also, daß sie ein paar Töne von sich gibt, vor allem, weil ich nicht weiß, was ich sagen soll, und um auch nicht durch ein einfaches »Na und?« einen zu heftigen Luftwirbel zu verursachen, der ihr schaden könnte.

Ich sehe aus den Augenwinkeln, daß mein Partner sich unter den Schreibtisch zu meinen Füßen schlafen gelegt hat. Man kann ja verstehen, daß die Patent-Oma ihn nicht interessiert, wenigstens für den Augenblick nicht, und daß er es mir überläßt, mich mit ihr und ihren Problemen auseinanderzusetzen.

Wenn jemand von Ihnen noch nicht wüßte, wer mein Partner ist, hier einige Informationen: Mein Partner heißt Gregorio Scarta, ich nenne ihn Greg, und ist der beste aller überhaupt existierenden Polizeihunde.

Miteinander haben wir die Lizenz als Privatdetektive erhalten und uns zusammengetan.

Deshalb können Sie auf der Glastüre meines Büros in goldenen Lettern lesen: Privat-Detektei Chico Pipa & Gregorio Scarta. Eine innige Freundschaft verbindet uns, wie sie es zwischen zweibeinigen Geschöpfen nie geben kann. Einmal nur habe ich versucht, mir einen Menschen zum Freund zu machen, und habe dabei nicht nur Brot und Suppe, sondern beinahe noch meine Haut riskiert, Brüder!

Hören Sie auf mich: wenn Sie jemandem vertrauen wollen, überzeugen Sie sich erst, ob er einen schönen, buschigen Schweif hat, wenn nicht, lassen Sie’s lieber sein und werkeln Sie allein weiter.

Ich und Greg ergänzen uns auch wunderbar, weil wir den gleichen Geschmack haben, wenigstens in den meisten Dingen.

Wir benutzen beide denselbenTreibstoff: Bourbon Whisky, wenn Sie nichts dagegen haben. Außerdem ist Greg wild auf Hundedamen mit langen, dichtbehaarten Schweifen, und ich kann ihm nicht unrecht geben, weil ich die gleiche Tendenz habe, auch wenn die, welche mir gefallen, weder einen langen noch einen kurzen Schweif haben, höchstens hier und da einen Pferdeschwanz. Womit ich nur sagen will, daß ich gegen den Charme des anderen Geschlechtes absolut nicht unverwundbar bin. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?

Aber es ist besser, wenn ich von meinen Abenteuern mit dem sogenannten schwächeren Geschlecht gar nicht zu erzählen anfange, sonst finde ich kein Ende.

Die alte Schraube hebt endlich ihre Nase aus dem Taschentuch und schüttet einen ganzen Eimer voll Plastikknöpfe vor mich hin, aber ich lasse mich nicht mehr überraschen und setze sie simultan in verständliche Worte. »Entschuldigen Sie«, sagt sie, »ich heiße Ines, Magigia Ines. Meine Geschichte werden Sie wahrscheinlich gar nicht interessant finden, aber für mich ist sie es. Ich finde einfach keine Ruhe, ehe ich nicht weiß, wer’s getan hat. Darum bitte ich Sie nachzuforschen. Lieber Herr, Sie sind Detektiv und müssen es tun! Sie müssen herausbekommen, wer Sebastiano umgebracht hat. Ich bin eine arme, alte Frau und Sie müssen mir helfen!«

»Beruhigen Sie sich«, sage ich, »und koordinieren wir das Ganze. Sie sprechen also von Mord und wollen, daß ich den Schuldigen finde.« »Mord«, sagt sie, »Mord ist genau das richtige Wort. Sie haben schon erfaßt, was ich will.«

Sie steckt die Nase wieder ins Taschentuch, und ich zünde mir inzwischen ein Stäbchen an und werfe das Päckchen dann auf die Schreibtischplatte.

»Hören Sie zu, Großmütterlein«, sage ich, »wenn sich’s um einen Ermordeten handelt, müßten Sie Ihre Pflicht eigentlich kennen. Die besteht darin, daß Sie zur Polizei gehen und um meine Adresse einen weiten Bogen machen.«

So voller Enthusiasmus nickt sie Zustimmung, daß ich es mit der Angst kriege, ihr Kopf könnte sich von einem Moment zum anderen vom übrigen Körperbau lösen. Glücklicherweise tut er’s nicht, und die Patent-Oma nimmt ihren Bericht wieder auf.

»Habe ich getan«, nickt sie. »War auf der Polizei. Ich habe einem Polizisten dort gesagt, daß man Sebastiano umgebracht hat. Der Polizist hat mich dann an die Mordabteilung verwiesen zu einem gewissen Leutnant Tram, und der hat mir, als ich ihm alles erzählt hatte, gesagt, ich soll zu Ihnen gehen, und mir Ihre Adresse gegeben. Ich war sehr glücklich über diesen Rat, weil ich schon von Ihnen gehört habe. Ich bin eine begeisterte Verehrerin von Ihrem Partner. Wo ist er denn? Ich sehe ihn nicht!«

Sie schaut sich um und trocknet ein Auge mit dem Taschentuch. Ich frage mich, ob das ein Witz sein soll. Tram hat mir noch nie einen Kadaver in die Arme gelegt, ganz im Gegenteil, immer hat er alles drangesetzt, mich, wenn sich’s um Mord handelte, mit allen Mitteln abzuhängen.

Mein Hals wird ganz trocken, wenn ich daran denke, daß dieser Trottel mich auf den Arm nehmen will, aber ehe ich anfange, zu überlegen, was das wohl werden soll, wenn’s fertig ist, muß ich meinen Tank erst nachfüllen.

Es wäre nicht auszudenken: kein Sprit im Reservoir, wenn’s um Sein oder Nichtsein geht!

Ich hole also die Bourbonflasche aus der Kartothek hinter meinem Schreibtisch und fülle mein Glas.

»Wollen Sie?« frage ich, nur so.

Sie hebt die rechte Hand und zeigt mir die Spitze ihres Zeigefingers. »Ganz, ganz, ganz wenig«, sagt sie, »was ist’s denn?«

»Bourbon«, sage ich.

Ich hole noch ein Glas aus der Schreibtischschublade, gieße einen halben Finger Bourbon hinein und stelle das Glas der alten Schraube hin.

Sie streckt die Hand aus, nimmt es und führt es zum Mund.

»Nun erzählen Sie mir von diesem Sebastiano«, sage ich, »und wie er umgekommen ist.«

Sie sagt es mir nicht sogleich.

Kaum hat sie das Glas abgesetzt, kommt aus ihrer Nase ein Geräusch, das verblüffend dem einer hydraulischen Bremse von einem LKW ähnelt; dann folgt, von weiteren Bremsgeräuschen begleitet, ein Husterer, dann ein Doppelhusterer.

Dabei hüpft sie auf meinem Sessel auf und ab, wie wenn dieser im Begriff wäre, einen steinigen Abhang hinunterzurollen.

»Himmel!« schnappt sie. »Bomben und Granaten!« fährt sie nach einer Bremspause fort, »so ein Teufelszeug!«

Sie hustet noch viermal, dann funktioniert die Bremse wieder.

»Da muß doch Vitriol drin sein!« bremst sie weiter.

»Nicht bös sein«, sage ich, »es ist ein Supertreibstoff. Mir kommt er schon wie Wasser vor.«

»Beinahe wäre ich erstickt«, sagt sie.

Ich habe die Befürchtung, daß die Ankerkette reißt, aber sie beruhigt sich allmählich. Sie schafft es sogar, das Glas auf den Tisch zurückzustellen und die letzten Bremsspuren diskret in ihrem Taschentuch untergehen zu lassen. »Wenn Sie nichts dagegen haben«, sage ich, »befassen wir uns nun mit Sebastiano. Sie behaupten, daß man ihn ermordet hat.«

Sie nickt mit dem Kopf.

»Vergiftet«, sagt sie.

Dann fängt sie wieder zu rumoren an, knattert und hüpft auf und ab wie ein Automobil von Anno 1905.

»Sebastiano war Ihr Gatte?« frage ich.

Heftig wehrt sie mit Kopf und Händen ab.

»Nein«, sagt sie, als sie wieder gebrauchsfähig ist, »mein Mann ist vor dreißig Jahren gestorben, Friede seiner Seele! Aber ich sage es offen, daß ich damals keinen so tiefen Schmerz empfunden habe wie jetzt für Sebastiano. Sie werden mich sicher verstehen.«

Sie trocknet eine Träne mit dem Taschentuch.

»Sebastiano war ein Hund«, sagt sie dann.

»Teufel, Teufel«, ist das einzige, was ich herausbringe.

Da haben wir ja den neckischen Scherz, den sich der Leutnant Tram, Chef der Mordkommission und Vollidiot, für mich ausgedacht hat! Die Alte kommt zu ihm, meldet den Tod ihres Hundes, und er fängt den Ball im Flug und schickt sie zu mir.

Konnte er diese Gelegenheit ungenützt lassen? Er konnte nicht! Und wenn es nicht seine Idee war, dann sicher die des Mastschweins Kautschuk.

Ich sehe die zwei direkt vor mir, wie sie sich die Bäuche halten vor Lachen, aber erst abwarten, meine Herren, wer zuletzt lacht… Ich beiße die Zähne zusammen und glotze die Alte mit aufgerissenen Augen an.

Ich sehe, daß sie erschrickt.

»Nein, nein, Signor Pipa«, sagt sie und wedelt mit der Hand, »Sie müssen nicht glauben, daß es sich um irgendein dummes Schoßhündchen handelt, klein wie eine Maus oder nicht viel größer. Sebastiano war ein Schrank von einem Hund, ein richtiger Riese; wenn er so dastand, war er ein ganzes Stück größer als ich. Er war auch kein Rassehund. Wie soll ich ihn Ihnen beschreiben? Er war eine Mischung aller Hunderassen, natürlich nur von großen. Eines weiß ich sicher: unter seinen Ahnen war keiner, der nicht mindestens einsachtzig lang war von Kopf bis Schweif. Und intelligent war er, Signor Pipa, und brav!« Sie schweigt, schaut zur Seite und beginnt, mit Mund und Nase zu schmunzeln.

»Gregorio!« sagt sie zärtlich.

Ich habe gar nicht mitgekriegt, daß Greg seinen Platz unter dem Schreibtisch verlassen hat.

Mein Partner hat die Ohren gespitzt, als er gehört hat, daß es sich um einen Hund handelt, und der Schlaf ist ihm schlagartig vergangen. Er beginnt, die Knöchel der Patent-Oma zu beschnuppern, und bewegt langsam den Schweif. Ich weiß, was das heißt.

Großmütterlein hat seine Kragenweite.

Ich habe auch verstanden, daß er den Fall in die Hand, pardon, in die Pfote nehmen will. In dem Augenblick, da der Ermordete ein Hund ist, fällt er eindeutig in seine Kompetenzen.

»Gerade so habe ich ihn mir vorgestellt«, sagt die alte Schraube.

»Hören Sie zu, Oma«, sage ich, »wenn Sie glauben, daß ich für so einen Witz zu haben bin, irren Sie sich gewaltig.«

»Wieso Witz?« begehrt nun die Patent-Oma auf, »für mich ist das alles andere als ein Witz!«

Greg fängt an zu knurren und zu bellen und stößt mir seine Schnauze in die Seite.

Ich haue mit der Faust auf den Tisch.

»Stell dir doch einmal vor«, brülle ich los, »wie der Kautschuk vor lauter Lachen schon den Schluckauf hat!«

Gregs Antwort ist nur ein noch lauteres Bellen.

»Basta!« schreie ich, »vor Klienten gibt’s keine Diskussionen. Du brauchst gar nicht so laut zu bellen, ich bin nicht taub.«

Ich schlucke den letzten Rest Bourbon hinunter, stehe dann auf und mache ein paar Schritte.

Klar, daß ich stocksauer bin, weil ich vor der Mordkommission den geistig Minderbemittelten spielen soll, aber andererseits kann ich den Auftrag nicht ablehnen, weil sich’s um einen Hund handelt. Greg hilft mir bei meinesgleichen, also ist’s nur logisch, daß ich ihn seinesgleichen helfen lasse, und Sebastiano ist nun mal ein Hund, ist das klar? Ich will gerade ja und amen sagen, als das Telefon klingelt. Ich nehme den Hörer.

»Hallo«, sage ich, »hier Agentur Pipa & Scarta.«

Bei allen Hundeteufeln in der Hölle, ich höre Kautschuks Stimme.

»Hör zu, Pipa«, sagt er, »der Leutnant möchte wissen, ob du ihm Prozente zahlst für die Kunden, die er dir verschafft. Eine Alte müßte zu dir kommen mit einem mysteriösen Fall, den nur du lösen kannst.«

»Sie ist schon da«, sage ich, »wenn’s dich interessiert.« »Ah, sehr gut!« säuselt er. »Der Leutnant ist überzeugt, daß du den Fall in null-komma-nichts lösen wirst! Jedenfalls ist er sehr um dein Wohlergehen besorgt und empfiehlt dir allergrößte Vorsicht. Das Milieu ist doch ein ganz anderes als sonst. Weißt du, die beißen nämlich.«

»Hör zu«, sage ich, »deine tiefgründigen Weisheiten notierst du dir am besten auf Klopapier, dann kannst du sie mir vorlesen, wenn wir uns das nächste Mal treffen, vorausgesetzt, du kannst dann noch.«

»Das also ist dein Dank!« sagt er. »Aber, Spaß beiseite, der Leutnant rät dir, bei deinen Nachforschungen davon auszugehen, wer ein materielles Interesse an diesem Mord hat. Dieser Sebastiano scheint ein Testament hinterlassen zu haben …«

Ich haue den Hörer auf die Gabel.

Bis zum letzten Komma werde ich ihm seine Blödeleien in seinen feisten Hals stopfen. Die Gelegenheit dazu wird sicher nicht ausbleiben… Ich schlucke den größten Teil meiner Wut hinunter und ertränke sie in einem halben Glas Bourbon.

Mein Blutdruck sinkt soweit, daß ich mich wieder auf meinen Platz setzen kann.

Ich sehe, daß die Patent-Oma in ihrer Tasche herumkramt, dann nimmt sie eine kleine Geldbörse heraus, macht sie auf und entnimmt ihr ein Hundertlirestück.

»Seien Sie mir nicht bös«, sagt sie, »ich habe leider nicht viel Geld, wenn Sie so nett wären und sich einstweilen damit begnügen, als Akonto …«

Sie legt das Geldstück auf die Schreibtischplatte, stöbert dann wieder in ihrer Tasche und zieht ein Päckchen heraus, das sie aufmacht und auf den Boden legt.

»Eine kleine Anzahlung natürlich auch für Ihren Partner«, sagt sie. »Auch er hat ein Recht darauf.«

Ich schaue auf den Boden. Auf Pergamentpapier thront ein stattliches Stück Hackbraten mit Sauce drauf.

Es ist ganz ausgeschlossen, daß Greg von Fremden etwas Eßbares annimmt, schließlich ist er ein Polizeihund und muß auf seinen Ruf achten.

Diesmal achtet er nicht, Kinder. Er ißt ihn nicht, er schlürft den Hackbraten, wie wenn es Wasser wäre, dann begießt er ihn mit Bourbon, den ich ihm in seinen Plastikbecher gegossen habe. Man merkt, daß er Vertrauen hat in die alte Schraube.

Er braucht keinen Menschen zweimal zu beschnüffeln, einmal genügt, und er ist im Bild, mit was für einer Type er’s zu tun hat.

»Also gut«, sage ich, »wie Sie sehen, hat mein Partner ohne lange Vorreden den Auftrag angenommen. Auch wenn ich wollte, könnte ich mich nicht mehr zurückziehen, da mein Partner seine Anzahlung bereits aufgefressen hat und wir nicht mehr in der Lage sind, sie Ihnen zurückzuerstatten …«

»Ich war sicher, daß Sie annehmen würden«, sagt sie, »und ebenso sicher bin ich, daß Sie den Schuldigen finden.« »Und wenn ich ihn gefunden habe, was wollen Sie dann tun?« frage ich.

»Das überlassen Sie nur mir«, sagt sie und schmunzelt, »wenn Sie Beweise gefunden haben, brauchen Sie sich um nichts mehr zu kümmern, dann ist’s an mir, dem Mörder ein schmackhaftes Diner zu bereiten. Das fällt dann nicht mehr in Ihr Ressort.«

»Die Geschichte könnte aber den Tierschutzverein interessieren«, sage ich.

Sie zuckt die Achseln.

»Wenn Sie den Schuldigen gefunden haben und dann Anzeige erstatten wollen, können Sie es ruhig tun«, sagt sie.

»Nun gut«, sage ich, »man wird sehen. Jetzt erzählen Sie mir, wie es passiert ist, und sagen Sie mir, ob Sie jemanden in Verdacht haben.«

Die Patent-Oma arrangiert sich bequemer im Sessel, und Greg setzt sich vor sie hin.

»Da ist nicht viel zu erzählen«, sagt sie. »Irgendwer hat ein mit Arsenik präpariertes Stück Fleisch im Garten ausgelegt, und Sebastiano hat es gefressen.«

»Wer könnte es gewesen sein?«

»Keiner von denen, die ich kenne und die auch mit Sebastiano Kontakt hatten. Kennen Sie die Familie Foce?« »Nein«, sage ich.

»Ghiro Foce ist mein Neffe«, sagt sie. »Seine Frau heißt Ria. Ich habe für mich eine Wohnung in dem alten Palazzo in der Via Siegel. Außer meinem Neffen und seiner Frau wohnt dort auch noch seine Sekretärin bei ihrem Vater, der Gärtner ist und den Park betreut, die Köchin und der Butler. Sie alle mochten Sebastiano.«

»Ehrlich?«

»Sie tragen sogar Trauer um ihn«, sagt sie.

»Entschuldigen Sie«, sage ich, »wenn ich die Fragen stelle. Es ist der Einfachheit halber. Wenn Greg fragen würde, könnten Sie ihn wahrscheinlich nicht verstehen oder nur schwer. Haben Sie mit Sebastiano reden können?«

»O ja«, bestätigt die alte Schraube, »mit ihm habe ich mich besser verstanden als mit den Menschen.«

»Konnte Sebastiano irgendwen aus seiner Umgebung nicht leiden?«

»Nicht daß ich wüßte; er begrüßte alle schweifwedelnd, außer Fremden natürlich.«

»War er ein guter Wachhund«? frage ich. »Vielleicht hat ihn ein Dieb vergiftet.«