Book title image

Logo

Die Bibelstellen sind nach der im gleichen Verlag erschienenen
„Elberfelder Übersetzung“ (Edition CSV Hückeswagen) angeführt.

1. Auflage 2016

© by Christliche Schriftenverbreitung, Hückeswagen, 2016

Umschlaggestaltung: markom werbeagentur e.K.
Satz und Layout: Christliche Schriftenverbreitung
E-Book: Verbreitung christlichen Glaubens e.V., www.vvcg.de

ISBN E-Book: 978-3-89287-557-4
ISBN Printversion: 978-3-89287-404-1

www.csv-verlag.de

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Sich mit der Person des Herrn Jesus zu beschäftigen, ist wohl die größte Freude und der größte Segen für jeden Christen. Darüber hinaus gibt es vielleicht kein anderes Thema, das uns so sehr erfreuen kann, wie über die geistlichen Segnungen nachzudenken. Gott hat uns in Christus Jesus „mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern“ gesegnet (Eph 1,3). Dieser Segen ist unerschöpflich.

Ein „Diamant“ dieser wertvollen „Edelsteine“ des Segens ist die christliche Auserwählung. Wer sich mit ihr befasst, wird Gott glücklich danken. Dass Gott an uns gedacht hat, bevor wir überhaupt gelebt haben, ist unfassbar groß. Dieser Gedanke ist so unfassbar, so unbegreiflich, dass er uns über die Grenzen hinausbringt, die wir mit unserem menschlichen Verstand erfassen können. Daher bin ich weit entfernt davon, zu denken, alle herrlichen Einzelheiten der Auserwählung zu verstehen. Im Gegenteil: Je mehr ich mich mit der christlichen Auserwählung und mit dem erwählenden Gott beschäftige, umso mehr spüre ich die eigene Begrenztheit.

So bin ich sehr dankbar für viele Hinweise, die andere mir bei der Beschäftigung mit diesem Thema gegeben haben. Gerade bei der Durchsicht der ersten Entwürfe gab es eine Menge wertvoller Anregungen. Erst dadurch ist das Buch in der vorliegenden Form entstanden.

Zudem ist mir erst durch den Austausch deutlich geworden, wie sehr Gott sich selbst durch die Auswahl von Menschen verherrlicht. So bleibt – bei aller Hilfe durch Menschen – bestehen:

Gott allein die Ehre!


Einleitung

„Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ (Eph 1,3). Mit diesem Lobpreis beginnt Paulus seinen Brief an die Epheser. Was für einen Anlass hat Paulus, seine Empfindungen auf diese Weise auszudrücken?

Er hat seinen Gott und Vater vor Augen und auch den Ratschluss, den Er vor aller Zeit in seinem Sohn Christus Jesus gefasst hat. Dazu gehört auch, dass Gott „uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und untadelig seien vor ihm in Liebe“ (V. 4). Paulus schaut in das Herz Gottes. Und da kann er nicht anders, als Gott zu preisen und anzubeten.

Die christliche Auserwählung

In diesem Buch geht es um die christliche Auserwählung. Sie wird im Neuen Testament mit ewigem Segen und himmlischer Herrlichkeit verbunden, nicht mit Bekehrung oder Rettung vor Feinden und Herrlichkeit auf der Erde.

So großartig die Auserwählung der Erlösten ist, so schwierig scheint dieses Thema zu sein. Es gibt manche Missverständnisse, die unter Gläubigen leider auch zu Streit geführt haben. Schade, dass dies bei einer solch erhabenen Wahrheit vorgekommen ist. Will Gott nicht, dass wir uns daran schon auf der Erde erfreuen? Doch, das will Er. Aber Satan, der große Widersacher unseres Herrn, unternimmt alles, um Gläubigen den Genuss an diesem großartigen Segen zu rauben.

Unser Schöpfer hat dem Menschen eine Fähigkeit gegeben, für die wir Ihm nur danken können: Dinge logisch miteinander zu verknüpfen, also vernünftige Schlussfolgerungen ziehen zu können. Gott und das, was Er schenkt, übersteigen jedoch in mancher Hinsicht die menschliche Logik. Sein Wort allein ist der Maßstab, ob eine solch menschliche Folgerung wahr ist.[1] Das wird gerade bei der Auserwählung deutlich. Hier bleibt, bei allem Genuss dieses Segens, ein Gefühl der Begrenztheit zurück, weil wir die Auserwählung in ihrem ganzen Ausmaß und in ihrer Tiefe letztlich nicht verstehen, geschweige denn erklären können.

Auserwählung? Verantwortung?

Vielfach versucht man, zwei Dinge miteinander zu verbinden: die Verantwortung des Menschen, sich bekehren zu müssen, um in den Himmel zu kommen, und das Wirken Gottes, der Menschen aus reiner Gnade auserwählt. Das aber ist nicht möglich. Gott zeigt uns in seinem Wort, dass Er Menschen auserwählt hat. Und zugleich betont Er in seinem Wort immer wieder, dass der Mensch verantwortlich ist, sich zu bekehren. Das können wir angesichts der Beschränktheit unseres Verstandes nicht zusammenbringen. Zudem zeigen sich hier die Grenzen menschlicher Logik.

Daher ist es wichtig, diese beiden Teile der Wahrheit der Auserwählung, die uns im Neuen Testament vorgestellt werden, nicht miteinander zu vermischen. Wir lassen sie nebeneinanderstehen: das souveräne Wirken Gottes auf der einen Seite und die menschliche Verantwortung auf der anderen Seite. Beides finden wir in Gottes Wort, nie aber werden diese zwei Seiten miteinander vermischt. Wer das tut, wird zu Fehlschlüssen kommen und von der Lehre der Heiligen Schrift abweichen. Zudem verliert er den Genuss dieses herrlichen Segens.

Das Vorgehen in diesem Buch

Es besteht die Gefahr, dass wir uns an einem „theologischen Konstrukt“ mit Namen Auserwählung aufreiben. Sehr leicht geht man mit vorgefassten Überzeugungen an die Bibelstellen, in denen das Wort „Auserwählung“ vorkommt. Dabei versucht man nicht, den jeweiligen Bibelvers aus dem Zusammenhang heraus zu erklären, sondern benutzt stattdessen seine persönliche Vorstellung von Auserwählung, um dem heiligen Text eine Aussage überzustülpen.

Dieser Gefahr können wir aus dem Weg gehen, indem wir in anderer Weise an dieses großartige Thema herangehen:

  1. Im ersten Teil des Buches sehen wir uns anhand zweier Abschnitte des Neuen Testaments an, wie Gott uns in seinem Wort seinen ewigen Ratschluss präsentiert. Diese Passagen zeigen uns die christliche Auserwählung als einen Teil dieses Vorsatzes Gottes und stellen uns den Wert vor, den Gott mit ihr verbindet.
  2. Das bereitet den Weg, um in einem zweiten Schritt eine Reihe von Einzelheiten zu behandeln, die Gottes Wort an den verschiedenen Stellen, an denen das Wort vorkommt, mit der Auserwählung verbindet.
  3. Es bleibt ein wichtiges Thema offen: Wie ist dieses souveräne Handeln Gottes mit der Verantwortung zu verbinden, die Gott nach seinem Wort dem Menschen auferlegt? Immer wieder wird der Mensch aufgefordert, sich zu bekehren. Steht diese Verantwortung der Souveränität Gottes entgegen? Diese Frage hat mit den Auswirkungen des Werkes des Herrn zu tun, so dass in diesem Teil des Buches auch der Unterschied zwischen Sühnung und Stellvertretung behandelt wird.
  4. Damit der Lesefluss im Hauptteil nicht unterbrochen wird, werden zwei weitere Aspekte, die das Thema ergänzen und für das Verständnis der Auserwählung von Bedeutung sind, im Anhang behandelt.

Fußnoten

[1] Es gibt nämlich logische Schlussfolgerungen, die im Widerspruch zu Gottes Wort stehen. Folgendes Beispiel illustriert dies: 1. Maria ist die Mutter Jesu. 2. Jesus ist Gott. 3. Also ist Maria die Mutter Gottes.

Teil 1: Der ewige Ratschluss Gottes

Auserwählt in Christus vor Grundlegung der Welt (Eph 1,4)

„Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus, wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und untadelig seien vor ihm in Liebe; und uns zuvor bestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst, nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade“ (Eph 1,3–6).

Nach einem kurzen Grußwort in Epheser 1,1.2 bricht der Apostel Paulus in einen Lobpreis Gottes aus. In einem einzigen zusammenhängenden Satz preist er den „Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ für eine Vielzahl an Segnungen, deren Ausmaß für uns nicht zu ermessen ist (V. 3–14). An dieser Stelle beschränke ich mich auf diejenigen, die uns in den Versen 3 bis 6 genannt werden:

Der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus als Quelle von allem

Dies alles geschah nach dem Wohlgefallen seines Willens (V. 5) und zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade (V. 6).

Der auserwählende Gott (V. 3)

Gott, der Vater, gewährt uns in diesen Versen einen Blick in sein Herz. Von Ihm geht alles aus, Er ist die Quelle und der Geber dieser Segnungen. Von Sündern oder Sünde ist hier überhaupt keine Rede. Vor Grundlegung der Welt gab es die Sünde nämlich nicht, und da hatte Gott den ausdrücklichen Willen (V. 4.5), Menschen in Christus reichlich zu segnen. Dass diejenigen, die Er segnen möchte, begnadigte Sünder sind, kommt erst in Kapitel 2 ins Blickfeld. Im Gegensatz zum Römerbrief, der mit den Bedürfnissen des Menschen beginnt, geht es in Epheser 1 um die Wünsche Gottes, die Er für sich selbst (V. 5.6.9.11.12.14) und für seinen Sohn hat (V. 10.22.23) und die Er sich in und für Christus erfüllt.

Gott hat den Menschen, die Er schon vor Grundlegung der Welt vor Augen hatte, keine einzige geistliche Segnung vorenthalten. Er verbindet sie mit sich selbst, so wie Er mit Christus, seinem geliebten Sohn, dem jetzt verherrlichten Menschen, verbunden ist.

Alles, was Menschen einmal im Himmel in der Gegenwart Gottes und in Gemeinschaft mit Ihm in Vollkommenheit werden genießen können, schenkt Er ihnen nach seinem Wohlgefallen für ihr Glaubensleben schon heute. Sie leben, obwohl sie nach den Gedanken Gottes zum Himmel gehören, für einige Zeit auf der Erde. Und schon hier können sie durch Gottes Wort um diesen Segen wissen.

Diese wunderbaren Segnungen zählt Paulus zunächst einmal auf. Sie gehören nicht zur Erde, sondern zum Himmel. Dennoch können wir uns bereits jetzt auf der Erde an ihnen erfreuen und sie genießen, weil wir nach Epheser 2,6 heute schon im Glauben sowie mit unseren Herzen und Gedanken in diesem himmlischen Bereich leben.

Auserwählung in Christus (V. 4)

Die erste konkrete Segnung, die Paulus nennt, ist die Auserwählung vor Grundlegung der Welt. Paulus spricht hier nicht davon, dass der Mensch in Sünde gefallen ist. Er verbindet die Auserwählung auch nicht mit der Errettung. Es geht auch nicht darum, was der Mensch aufgrund seiner Sündenschuld nötig hat. Der Apostel entfaltet hier vielmehr Gottes Segensabsichten für Geschöpfe, völlig unabhängig von der Frage der Sünde. Im griechischen Grundtext steht hier eine Form, die ausdrückt, dass Gott Menschen für sich selbst auserwählt hat. Diese Auswahl von Menschen entspricht somit dem Wunsch Gottes, des Vaters, selbst.

Gott verherrlicht sich selbst dadurch, dass Er Menschen für sich auserwählt hat. Diese Wahl hat Er nicht nur vor dem Sündenfall getroffen, sondern zu einem „Zeitpunkt“ in der Ewigkeit, als es außer Gott nichts gab. So wichtig waren wir Ihm, dass Er uns mit himmlischem Segen überschütten wollte, um uns vor sich zu stellen.

Gott hat Freude an uns und wird uns in Ewigkeit ganz für sich besitzen. Es ist sein Ziel, in einer Atmosphäre heiliger Liebe Gemeinschaft mit uns zu haben. Dabei bedenken wir, dass wir von dem ewigen Gott sprechen, der die sichtbare und unsichtbare Schöpfung ins Leben gerufen hat. Er ist die höchste Autorität, die es gibt, ja das erhabenste Wesen, der Einzige, der nie geschaffen wurde, weil Er ewig ist.

Das Ziel der Auserwählung: Menschen stehen vor Gott (V. 4)

Gott hat Menschen also mit einem wunderbaren Ziel auserwählt: Sie sollen vor Gott stehen und dort seine Liebe uneingeschränkt genießen – und das in einem Zustand, der unvergleichlich besser ist als der von Adam und Eva bei ihrer Erschaffung. Der ursprüngliche Zustand des ersten Menschenpaares kann als unschuldig bezeichnet werden, weil Adam und Eva am Anfang ihres Lebens noch nicht gesündigt hatten und Sünde in diesem Sinn auch nicht kannten. Aber sie waren nicht heilig. Dass etwas der Stellung nach „heilig“ ist, bedeutet: Gott hat etwas für sich selbst reserviert, für sich selbst abgesondert (vgl. 1. Mo 2,3). Seit dem Sündenfall ist das mit einer konsequenten, bewussten Trennung von allem Bösen verbunden.

Heiligkeit ist das grundsätzliche Wesen einer Natur, die Wohlgefallen findet an Reinheit. Diese Natur stößt das Böse ab und meidet es. Dadurch ist man (der christlichen Stellung nach) in Gemeinschaft mit dem heiligen, reinen Gott und unantastbar für das Böse.

Gott hat uns zu Menschen gemacht, die heilig und untadelig vor Ihm stehen. Dazu hat Er uns eine Natur geschenkt, die Ihm entspricht. So sind wir nach seinem Ratschluss heilig, wie Er heilig ist, und untadelig, wie Er untadelig ist. Man kann auch hinzufügen: Wir sind – unserer Stellung nach – heilig und untadelig, wie Christus dies immer war und bleiben wird. Da wir „in Ihm“ diesen Segen besitzen, ist Er für uns die Quelle davon und Sicherheit dafür.

Zugleich besitzen wir diesen Segen auch jetzt schon, während wir auf der Erde sind, weil Gott uns bereits heute in Christus sieht. Wenn Er seinen Sohn sieht, den verherrlichten Menschen im Himmel, dann sieht Er dich und mich. Wir sind in seinen Augen so, wie Er es immer war und als verherrlichter Mensch auch gegenwärtig ist. So sind wir in Überstimmung mit Gott und erfreuen uns der Gemeinschaft mit Ihm, der Licht ist (1. Joh 1,5). Jemand, der diese heilige Natur nicht besitzt, könnte die Gegenwart Gottes nicht ertragen. Wir dagegen können und werden Gott in seiner Heiligkeit und Reinheit genießen.

Gott hat uns also auserwählt, um uns seine eigene Natur zu schenken. Er ist Licht (1. Joh 1,5) und Liebe (1. Joh 4,8.16). So sind wir nicht nur heilig, sondern vor Ihm „in Liebe“. Wir besitzen die Wesensmerkmale Gottes, der Licht und Liebe ist. Und das ist nicht erst im Himmel wahr, sondern bereits heute (vgl. Kol 1,22). Schon jetzt haben wir den neuen Menschen angezogen, der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit (Eph 4,24; Kol 3,10).

Die praktische Seite der Heiligkeit

Das heißt nicht, dass wir in der Praxis, in unserem Lebenswandel, immer so handeln, wie es dieser Heiligkeit entsprechen würde. Solange wir noch auf der Erde leben, haben wir das Fleisch – die alte, sündige Natur – noch in uns. Aber wir sind nicht mehr gezwungen zu sündigen, weil Gott uns eine neue Natur geschenkt hat. Das ewige Leben (Joh 3,16) will und kann nicht sündigen. Wir sind der göttlichen Natur teilhaftig geworden, dem Verderben in der Welt entflohen (2. Pet 1,4). Gott hat uns darüber hinaus den Heiligen Geist gegeben, der in uns wohnt (1. Kor 6,19; 1. Joh 4,13). Daher wollen wir so leben, wie Gott uns bereits heute sieht: indem wir uns von der Sünde fernhalten, um Ihn zu ehren.

Diese praktische Seite unseres Glaubenslebens behandelt der Apostel an dieser Stelle allerdings noch gar nicht. Er beschäftigt sich mit dem, was im Herzen Gottes für die Menschen war. Er wollte sie segnen – Er hat es getan.

Vorherbestimmung zur Sohnschaft (V. 5)

Das aber ist bei weitem noch nicht alles. Gott hat uns nicht nur seine Natur geschenkt, Er hat sich auch mit uns als Vater verbunden. Nach dem Wohlgefallen seines Willens hat Er uns vorherbestimmt zur Sohnschaft.

Während uns Vers 4 mit der Natur bekannt macht, in der Gott Menschen vor sich selbst hinstellt, zeigt uns der Apostel in Vers 5 etwas über unsere Beziehung zu Gott als Vater. Als solcher hat Er Menschen in dieselbe Beziehung zu sich gebracht, die Er mit seinem Sohn, dem verherrlichten Menschen Christus Jesus, pflegt.

Auch die Engel haben eine Beziehung zu Gott, die großartig ist: Sie sind seine Diener. Sohnschaft dagegen weist auf eine ganz anders geartete Beziehung hin: Wir sind in eine Stellung der Nähe gebracht worden und haben zu Gott jetzt eine innige Beziehung. Diese Stellung der Sohnschaft, die der Herr Jesus als Mensch besitzt, ist uns von unserem Vater geschenkt worden.[2] Ja mehr als das: Er hat uns zu dieser Nähe ausdrücklich vorherbestimmt, das heißt, bevor dieses Universum und die Menschen geschaffen worden sind.

Sohnschaft hat auch mit Einsicht zu tun. Der Vater kann mit dem Sohn über alles sprechen, was ihn beschäftigt. Der Vater vertraut dem Sohn das an, was ihm wichtig ist. Umgekehrt hat ein Sohn Interesse an dem, was den Vater beschäftigt. Er freut sich über den Austausch, die Gemeinschaft mit dem Vater. Das ist im höchsten Maß wahr für Gott, unseren Vater, im Blick auf uns, die wir seine Söhne geworden sind.

Dazu hat Gott uns vorherbestimmt: Er hat uns als Söhne angenommen, und zwar „durch Jesus Christus“. Dieser Ausdruck ist auffallend, denn normalerweise spricht der Apostel Paulus in Epheser 1 von „in Christus“. Das heißt, wenn uns eine Segnung zuteilwird, dann „in“ Christus. Gott sieht uns in seinem Geliebten, der als verherrlichter Mensch alle diese Segnungen in sich vereint. Aber wenn es um unsere Sohnschaft geht, dann heißt es in Epheser 1,5: „durch“ Ihn. Gewiss will der Heilige Geist darauf hinweisen, dass Christus in ganz anderer und viel höherer Weise „Sohn“ ist. Er ist nicht nur Sohn als Mensch, sondern zugleich der ewige Sohn Gottes, und als solcher ist und bleibt Er immer allein. An dieser Herrlichkeit haben wir keinen Anteil. Wir können Ihn darin aber bewundern.

Auch der Segen der Sohnschaft hat nichts mit dem zu tun, was wir nötig hatten. Nein, Gott wollte Söhne „für sich selbst“. Er selbst genießt es – wir sagen das mit Ehrfurcht –, dass Er eine Beziehung mit Menschen hat, die Er liebt und mit denen Er Gemeinschaft sucht und pflegt. Das war sein ausdrücklicher Wille, ja mehr als das, es war das „Wohlgefallen seines Willens“. Es hat Ihm so gefallen, ja Er hat seine Freude an diesem Beschluss. Begreifen können wir das letztlich nicht. Aber wir bewundern unseren Gott und Vater dafür.

Staunend nehmen wir an, dass Er uns an seinem eigenen Wohlgefallen Anteil nehmen lässt. Er zeigt uns damit, was die Quelle jeder Segnung für uns ist: sein eigenes Wohlgefallen.

Die Herrlichkeit der Gnade Gottes (V. 6)

Der Apostel Paulus fügt dann noch hinzu, dass die Segnungen der Auserwählung und der Sohnschaft zum Preise der Herrlichkeit der Gnade Gottes sind. Vers 6 bezieht sich sowohl auf Vers 4 als auch auf Vers 5. Das unterstreicht noch einmal: Gott hat bei diesem Handeln nicht das im Blick, was wir nötig haben, sondern seine eigene Freude und Christus, seinen Geliebten. Es war sein ureigener Wille, aus Menschen Söhne zu machen. Sowohl die Auserwählung als auch die Vorherbestimmung dienen dem Preise der Herrlichkeit seiner Gnade.