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Stefan Brönnle
Der Paradiesgarten

Stefan Brönnle

DER PARADIESGARTEN

Gärten der Kraft planen und gestalten

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1. Auflage 2011

Inhalt

EINLEITUNG

Das Paradies – der Garten als Seelenlandschaft

Paradiessymbole in der geomantischen Garten- und Landschaftsplanung

Der Omphalos – die heilige Mitte

Die Axis Mundi – die Vertikale

Der Drache – das Alignment

Der Odem Gottes – der Äther

Weitere geomantische Phänomene

GEOMANTIE IN DER GARTENKUNST

Die Klostergärten des Mittelalters

Im Geist des Barock

Nymphenburg

Schleißheimer Schloßgarten

Feuer und Wasser – der Schloßpark Weikersheim

Das Wirken der Orden: Templer, Johanniter und Deutschherren

Kleve

Der Klever Tiergarten

Der Sternbusch (Alter Park)

Lenné und die Hohenzollern

Herrenchiemsee

Das Wirken der Logen: Freimaurer, Rosenkreuzer und die hermetische Tradition

Friedrich Ludwig von Sckell – der Englische Garten in München

Park Oppenweiler und die Umgestaltung des Nymphenburger Schloßparks

Goethe und der Park an der Ilm

Zurück nach Potsdam – Sanssouci

Der Neue Garten Friedrich Wilhelms II

Hermann Fürst Pückler-Muskau

Gärten der Moderne

Der Feng-Shui-Garten des Thomas Bao Shann Suen

DIE PRAXIS

Die Pflanzen

Symbolik der Pflanze

Symbolik der einzelnen Pflanzen

Der Äther

Die energetische Qualität der Pflanzen

Die Kraft der Bäume

Yin und Yang – die beiden Pole des Lebens

Von der Zwei zur Vier

Weitere Wirkungen der Bäume

Praxisbeispiele

Der Stein

Symbolik des Steins

Die Kraft der Steine

Arbeiten mit Steinen

Arbeit mit der Polarisation der Steine

Steine als Antenne

Arbeit mit der ätherischen Polarität der Steine

Wegebau

Detailbeispiel Kräuterspirale

Speichern, Auf- und Entladung von Energien

Das Wasser

Die Symbolik des Wassers

Die Energie des Wassers

Die Grundlagen des energetischen Wasserbaus

Der Temperaturgradient · Wirbelbildung im Strömungsprofil

Energetischer Wasserbau

Arbeit mit Symbolen

Aufbau von Vertikalphänomenen durch Wasserführung

Brunnen und Teiche

Vom Ming Tang zur Ätherpumpe

Die Gestaltung

Die Grundstücksform

Der Energiefluß

Der Boden und seine seelische Wirkung

Die energetische Bodenmodellierung

Klassische Gestaltungsmittel

Clumps · Enge und Weite · Der Beltwalk · Eyecatcher

Die fünf mythischen Tiere

Die richtige Pflanze für die richtige Richtung

Die Wegeführung

Sonderfall Allee

Geistige Kräfte im Garten

Kommunikation mit Pflanzen

Der Umgang mit Naturwesen

Der Genius des Gartens

Der richtige Zeitpunkt

Ausklang: Der Garten als seelisches Erfahrungsfeld

Anhang

Zitierte Literatur

Weiterführende Literatur

Weiterführende Adressen

Abbildungsverzeichnis

Einleitung

Das Paradies – der Garten als Seelenlandschaft

Und Gott der Herr pflanzte einen Garten Eden gegen Morgen, und setzte den Menschen drein, den er gemacht hatte. Und Gott der Herr ließ aufwachsen aus der Erde allerlei Bäume, lustig anzusehen und gut zu essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen…

1. Buch Moses 8, 9

Der erste Kontakt des Menschen mit der Erde, der Materie, geschah gemäß der Bibel in einem Garten, dem Garten Eden, dem Paradies. Das alte persische Wort paiori-daeza bedeutet »schöner eingezäunter Garten«. Der Garten Eden wird als abgegrenzt von der »wilden Natur«, als ein eigenständiger heiliger Bezirk beschrieben. Er ist von Geist durchdrungen und wird – über den Baum der Erkenntnis – zum Erkenntniswerkzeug des Menschen. Durch ihn, durch den Garten, erkennt er sich selbst als das, was er ist: nackt und von der Natur getrennt.

Doch im Garten erfährt der Mensch auch den Wunsch Gottes, die Erde zu heiligen, die Natur zu erkennen und zu benennen und sie zu gestalten.

Der Mensch gestaltet im Garten ein Stück Natur nach seinem Willen so, daß er sich darin wie in einem Spiegel selbst erkennt. Dieser Drang nach Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung ist es wohl letztlich, der den Menschen über alle Kulturen und Zeiten hinweg bis heute dazu trieb, Gärten anzulegen und zu gestalten. Mal folgte er dazu einem inneren Ideal, einer Vision und versuchte die Natur diesem Ideal anzupassen, mal lauschte er der Natur und suchte eine Gestaltung, die ihr gemäß erschien. Immer aber stand der Wunsch dahinter, ein Stück geistdurchdrungener Natur zu schaffen, ein Stück Erde, welches das Paradies repräsentiert oder mit diesem in Einklang steht. Er nutzte dazu die Kraft der Symbolik, Sympathiemagie, die Erkenntnis der energetischen Gesetze oder auch einfach nur seinen Instinkt.

Ähnlich wie das abendländische Denken versuchte auch der Daoismus über die Gestaltung der Natur in Form von Gärten sich diesem mythischen Urzustand, der Einheit des Menschen mit der Natur, anzunähern. Nach der chinesischen Legende leben die »Unsterblichen« auf Inseln weit draußen im Meer, die wie die sagenumwobene keltische Insel Avalon von Nebeln umhüllt sind. Wem es gelingt, dorthin zu gelangen, der wird in die Reihen der »Unsterblichen«, der Heiligen, aufgenommen. Um 140 v. Chr. sandte Kaiser Wu mehrere Expeditionen aus, um die Inseln der Unsterblichen zu finden. Doch keines dieser kostspieligen Unternehmen war von Erfolg gekrönt. So beschloß Wu, die Unsterblichen zu überlisten und sie auf das Festland zu locken, indem er in seinen Gärten die mythischen Inseln nachgestaltete: Er ließ künstliche Seen schaffen, in denen ferne Inseln zu erahnen waren. Seine Gärten sollen mehr als achtzig Quadratkilometer groß gewesen sein und waren mit allerlei Tieren bevölkert.

Noch heute besteht der ideale chinesische Garten zu zwei Dritteln aus Wasserflächen. Denn das Wasser gilt als Speicher der Lebenskraft Qi, jenes »göttlichen Odems«, der die Natur und den Menschen gleichermaßen durchdringt und ewiges Leben gibt. Das Land der Unsterblichen mußte wahrlich stark von Qi durchdrungen sein! Aus dem Bestreben, in Harmonie mit sich selbst und der Natur zu leben, wurde in China die geomantische Lehre des Feng Shui (»Wind und Wasser«) geboren, die in der Zeit der Han-Dynastie unter dem Namen Kan Yu (»aufsteigendes Land«) erstmals zu einer professionellen Kunst zusammengefaßt wurde und im 4. Jahrhundert n. Chr. unter dem Begriff Xiang Di (»die Erde interpretieren«) zur eigenständigen Wissenschaft avancierte.

Noch heute ist die chinesische Gartenkunst durchdrungen von den Gesetzen des Feng Shui, und viele Elemente dieser geomantisch orientierten Gestaltungslehre kamen – wie wir noch sehen werden – zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert durch die Übernahme von Teilen der chinesischen Gartenkunst indirekt auch in unsere Gärten.

Was in der chinesischen Gartenkunst der Daoismus mit der aus ihm entsprungenen Lehre des Feng Shui war, das war in Japan der Zen-Buddhismus. Aus dieser Schule der Achtsamkeit entsprangen viele Künste, die sich mit der Gestaltung des Raums befassen. So ist der Zen-Garten ein Ort der Stille und Meditation oder, wenn man so will, reiner Geist in eine Raumgestaltung gebracht. Zwar entsprechen sich westliches Paradiesdenken und fernöstliche Bewußtseinsschulung nicht unbedingt, doch der Wunsch, den Garten zum Tor zu machen, welches das Hier und Jetzt mit der mystischen allgegenwärtigen Ewigkeit verbindet, ist beiden gemein. So strebt der Zen-Garten danach, die vollkommene Harmonie von Yin und Yang zu erschaffen. Erde (Yang) und Wasser (Yin) sollen ausgewogen sein. Noch wichtiger aber sind Symbole der Dauerhaftigkeit, der Ewigkeit. So ist in den klassischen sogenannten Trockenen Gärten das wandelhafte Wasser durch den dauerhaften Stein ersetzt. In Kies geharkte Muster erinnern an das Meer, symbolisieren stehende oder fließende Gewässer. Die Gestaltung soll auch durch die Jahreszeiten möglichst wenig gestört werden. Deshalb kommen im Zen-Garten selten Pflanzen vor und wenn, dann in stets gleiche Form gestutzt. Aus diesem Grunde kann man viele Gärten Japans noch heute so erleben, wie sie vor Jahrhunderten angelegt wurden.

Der Zen-Garten soll seinen Betrachter zur Erkenntnis des ewig Unwandelbaren führen – des Geistes. Er ist wie der daoistische Garten ein Tor zum Zustand der Harmonie, der Einheit von Geist und Materie. Im Hinduismus ging man dagegen den Weg, das Göttlich-Geistige mit Hilfe eines rituellen Aktes auf die Erde zu bannen. Urbild ist ein Mandala – das Vastu-Purusha –, das in seiner vielgeteilten Form dem Raum Funktion und Nutzung zuweist.

Ausgehend vom heiligen Zentrum – dem Nabel der Purusha-Figur – nimmt die Heiligkeit mehr und mehr ab. Die Grenzen der einzelnen Teilquadrate des Mandalas (Padas) werden dabei als Energiezonen verstanden, die in der Gartenkunst als Wege gestaltet werden. So entsteht ein rasterförmig angelegter Garten – nicht unähnlich dem europäischen Garten des Barock –, der das Geistige materiell werden läßt, den Geist in Raum und Zeit fixiert. Auch hierin zeigt sich der Wunsch, Geist und Materie zu verbinden und in der Gestaltung erlebbar werden zu lassen.

Die ersten großen Gärten westlicher Prägung, die das alttestamentliche Paradies und auf seiner Grundlage die Vorstellungen der drei großen monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam zu verwirklichen suchten, waren die persischen Gärten.

Für die Perser war die Vierteilung von größter Bedeutung, denn in der Genesis stand geschrieben: Und es ging aus von Eden ein Strom, zu wässern den Garten, und teilte sich von dannen in vier Hauptwasser. Das erste heißt Pison (...), das andere Wasser heißt Gihon (...), das dritte Wasser heißt Hiddekel (...), das vierte Wasser ist der Euphrat (1. Moses 10-14). So nahmen die Perser an, die Welt bestehe aus vier Vierteln, die durch vier Flüsse getrennt würden, welche in der heiligen Mitte, wo der Baum des Lebens steht, entspringen. Die heilige Mitte (Omphalos) und die Axis Mundi, die Weltenachse, waren so bildlich mit der Vierteilung der Welt verbunden – ein Urmythos, der auch in der symbolischen Gestaltung späterer Jahrhunderte noch öfter auftauchen sollte. Im klassischen islamischen Garten gibt es deshalb vier Kanäle, die von einem zentralen Becken gespeist werden und den Garten in vier Viertel teilen. In größeren Gärten wiederholte man die Vierteilung mehrmals, um zu gewährleisten, daß man stets in Hörweite des Wasserklanges und damit der Quelle des Lebens nahe war. Entsprechend der Beschreibung des Paradieses im Koran pflanzte man Zypressen und Obstbäume, und leuchtend bunte Kacheln entlang der Wege brachten auch außerhalb der kurzen Blütezeit der Wüste Farbe in den Garten.

Von großer Bedeutung war auch die Umzäunung, die Mauer des Gartens. Sie schützte den Bezirk nicht nur vor ungebetenen Gästen, sondern diente vor allem dazu, das kühl-feuchte Gartenklima vor der Wüstenhitze zu bewahren. Doch im wesentlichen war dies eine weitere Anspielung auf das Paradies, das durch seine Mauern als von der diesseitigen Realität abgegrenzt gedacht wurde.

Einen ähnlich hohen Stellenwert hatte die Umhegung des Gartens im christlichen Mittelalter. Sie sollte den Garten der Alltagswelt entrücken und – der schützenden Gebärmutter gleich – einen Rahmen für spirituelle Räume schaffen. Als »hortus conclusus«, »verschlossener Garten«, war er Inbegriff der Schönheit und Reinheit Mariens und bildete als solcher innerhalb von größeren Gärten oft einen kleineren heiligen Raum. Wie Roni Jay in »Heilige Gärten« schreibt, mündete diese gestalterische Idee im Mittelalter schließlich im »Mariengarten«. Hier hatte wie auch im mittelalterlichen Klostergarten jede Pflanze ihre symbolische Bedeutung. Vor allem die Rose wurde zur symbolträchtigsten Blume schlechthin. In ihrer weißen Form war sie Sinnbild der Reinheit Mariens, während ihre rote Schwester das Blut Christi in Erinnerung rief.

Die Gartenkunst der Renaissance baute auf der Denkweise des Mittelalters auf. Wie in meinem Buch »Landschaften der Seele« ausgeführt, hatte die Vorstellung der mittelalterlichen Scholastik von einem geordneten Universum, in dem jeder Teil seinen festen, zugewiesenen Platz hat, auch in der Renaissance ihre Gültigkeit. Der »hortus conclusus«, der »Paradiesgarten«, wurde in der Renaissance zum »Giardino segreto« (dem geheimen Garten) und symbolisierte wie dieser den Himmel auf Erden.

Die Gärten der Renaissance waren aus dem Zusammenspiel römischer Gartenarchitektur mit dem scholastischen Gedankengut des Mittelalters entstanden. In Francesco Colonnas Werk »Hypnerotomachie ou Discours du Sagne de Poliphile« von 1546 muß Poliphilo auf der Suche nach Polia viele Prüfungen bestehen. Durch sie erfährt er die Bedeutung seines Unbewußten. Bevor seine Initiation jedoch vollzogen werden kann, muß Poliphilo zwei geheime Gärten entdecken: den gläsernen Garten (die Welt der Vernunft) und den seidenen Garten (als Symbol der Welt der Sinne). Diese Gärten – der Nutzgarten und der Lustgarten – sind die beiden Archetypen des Renaissancegartens. Vor allem der »seidene Garten« (also der Ziergarten) wurde in der Renaissance zu einem Mittel der Offenbarung, um tief im Inneren vergrabene Empfindungen zu wecken, ja man ging sogar so weit, mit Hilfe mystischer Bildwerke, hinter denen man das Wirken freier Naturkräfte vermutete, eben jene Kräfte auf magische Art zu beeinflussen. Dabei war die Platzwahl für diese Figuren von entscheidender Bedeutung.

Im 16. Jahrhundert verbreitete sich mehr und mehr die Erkenntnis, daß der zunächst historisch gedachte Garten Eden nicht mehr existiert. Es entwickelten sich Legenden, er sei in die vier Ecken der Welt gestürzt. Um daher das Paradies erneut zu erschaffen, wurden Pflanzen aus allen Teilen der Welt gesammelt. Die ersten botanischen Gärten entstanden. Mit dem gegen Ende des 16. Jahrhunderts aufkommenden Barock und der Aufklärung fühlte sich der Mensch mehr und mehr als Herr über die Natur. »Macht Euch die Erde untertan« wurde zunehmend wörtlich begriffen, und ähnlich den Gärten des Zen-Buddhismus wurden Pflanzen nur noch in idealisierter – hier geometrischer – Form geduldet. Gemäß dem pythagoräischen Gedankengut galten Maß und Zahl als die direkteste Verbindung zur Welt des reinen Geistes. Die Natur wurde geometrisiert, um sie so zu vergeistigen und das Paradies auf Erden zu schaffen. In der Gartenkunst gewannen die mittelalterlichen Ritterorden großen Einfluß. Sie suchten ihre Paradiesbilder auf ihre Weise auf die Welt der Materie zu übertragen: mit Hilfe der Geometrie (dazu später mehr).

In derselben Zeit entstanden vor allem in England sogenannte Knoten-Gärten, die durch Hecken in Form endloser Flechtbänder gegliedert waren. Diese waren zum einen Sinnbild der Ewigkeit (ohne Anfang und Ende), zum anderen ein Symbol des Weges der Seele zum ewigen Leben. Die symbolisch-magische Kraft des Knotens durfte niemals unterbrochen werden, deshalb waren die lediglich zur Betrachtung gedachten Gärten von einem Zaun umschlossen, der sie zum »hortus conclusus« machte.

Die Vision des verlorenen Paradieses, das sich in der gegenwärtigen Natur zeigt, schlug sich unter anderem in den Werken des englischen Dichters John Milton gegen Ende des 17. Jahrhunderts nieder:

So geht die Reise fort; er kommt gen Eden.

Wo näher nun gerückt, das Paradies,

Das wonnigliche, einem grünen Ring

Von Wachstum krönend, gleich einem Wall,

Um eines Tafelberges schroffe Klippe,

Dessen mit Dickicht überwachsener Rand

Den Zugang stachelig und rauh verwehrt…

Schon 1685 hatte Sir William Temple in seinem Buch »Upon the Gardens of Epicurus« die barocken Gärten kritisiert, weil die Natur dort ihrer Authentizität beraubt werde. Mehr und mehr wollte man das Numinose in der Natur, die Immanenz Gottes, erfahren. Es wundert daher nicht, daß man im 18. und 19. Jahrhundert immer wieder auf chinesische Stilelemente zurückgriff, in denen die Lehren und Gesetzmäßigkeiten des Feng Shui spürbar wurden und die die Harmonie von Natur und Mensch erfahrbar werden ließen. Die elysischen Gefilde als Spielart des christlichen Paradieses wurden nun zum Ziel der Gartengestaltung.

Diesem Wirken eher bürgerlich-freimaurerischer Ideen in der Gartenkunst standen bis ins 19. Jahrhundert immer wieder christlich-esoterische Gestaltungsideen vom irdischen Paradies in der Tradition der Ritterorden gegenüber. Selbst im 20. Jahrhundert sind Rudimente dieser großen Gestaltungsidee, das »Paradies auf Erden« zu schaffen, noch nachweisbar. So ist der »innere Ganzheitstrieb«, wie es C. G. Jung nannte, das Bedürfnis, mit der Gestaltung eines Stücks Natur am Schöpfungsakt teilzuhaben und die Ureinheit von Mensch und Natur, von Geist und Materie neu zu erschaffen, das zentrale Thema, ja die eigentliche Motivation der Gartengestaltungen durch die Jahrhunderte.

Paradiessymbole in der geomantischen Garten- und Landschaftsplanung

Wie wir gesehen haben, ist die Geschichte der Gartenkunst eng mit dem Symbol des Paradieses verknüpft, jenem Ort oder Zustand vor der Schöpfung, in dem Geist und Materie, Mensch und Natur noch eins waren, nicht getrennt voneinander und zugleich einander nicht unterworfen. Ob jener Mythos nun als das Paradies der Bibel erscheint, als Nirvana des Buddhismus, als die elysischen Gefilde der Antike oder als das Land der Unsterblichen des Daoismus – immer wurde er durch die Gestaltung eines Gartens mit dem konkreten Ort im Zusammenhang gebracht. Neben diesem übergeordneten Mythos gab es aber immer Teilsymbole, die als »pars pro toto« für das Paradies an sich standen.

Der Omphalos – die heilige Mitte

In den Gärten des Islam war die Mitte die heilige Quelle des Lebens, die in vier Flüsse mündet. In dieser als Wasserbassin gestalteten Mitte lag oft eine Insel, auf der als Symbol des Lebensbaumes (ein weiteres Paradiessymbol) ein Baum oder ein kleineres (meist rundes) Bauwerk stand. Diese heilige Mitte ist eines der wichtigsten Paradiessymbole überhaupt, denn das Paradies wird oft in der Mitte des Menschen angesiedelt, und in der buddhistischen Tradition spielt eben jene »Nabelschau« eine zentrale Rolle, um das »Rad« des Karma zu verlassen.

Im indischen Vastu ist die heilige Mitte der Nabel der Purusha-Figur. In Griechenland war sie bekannt als der Omphalos, der Nabelstein. Der Legende nach konnte einst das Orakel von Delphi an einem einzigen Tag im Jahr weissagen, nämlich an jenem Tag, an dem die Urschlange (ein weiteres Paradiessymbol) Python anwesend war, die den Geist der Erde verkörperte. Nachdem der Sonnengott Apollo mit seinem Pfeil oder seiner Lanze (das dritte Symbol) die Schlange getötet hatte, setzte er auf ihr Haupt einen ovalen Stein: den Omphalos. Von nun an konnte Pythia jeden Tag weissagen, denn die Kraft der Erdschlange war gebannt. Dieser Nabelstein wurde die heilige Mitte des Kultes. Er war Grabmal und Weltenberg in einem.

Die heilige Mitte ist die Nabe des Rades – Zentrum des Materiellen und doch selbst immateriell, quasi verborgen. Es ist der »hortus conclusus«, der verschlossene Garten des Mittelalters oder der »giardino segreto« der Renaissance. Die heilige Mitte ist das Gefäß, der Gral, der mythische Gegenstand der mittelalterlichen Legende, der verborgen von der diesseitigen Realität im Gralsschloß ruht. Oft wurde diese heilige Mitte wie in den persischen Gärten oder im Beispiel der iranischen Stadt Fizzurabat gestaltet, kreisrund angelegt, mit einem künstlichen Weltenberg als heiliger Mitte im Zentrum.

Ebenso oft aber blieb die Mitte – gleich dem Gral – im Garten verborgen und ließ sich allerhöchstens anhand der Gartenthematik, der verwendeten Motive erahnen – wie es oft in den englischen Landschaftsgärten des 19. Jahrhunderts der Fall ist.

Die Axis Mundi – die Vertikale

Das zweite zentrale Symbol des Paradiesmythos’ ist der Aufbau einer vertikalen Achse. Sie drückt sich aus in der germanischen Weltenesche Yggdrasil, die das Reich der Götter, der Menschen und der Unterwelt verbindet – oder christlicher im Mythos des Lebensbaumes. Dieser steht laut Genesis im Zentrum der Welt und ist damit mit der Mitte identisch, lediglich eine Spielart davon. Diese »Axis Mundi« (Weltenachse) verbindet das Geistige mit dem Materiellen. Es ist der Pfeil oder die Lanze des Sonnengottes (Geist) Apollo, der die Schlange (materiell bzw. »Geist der Materie«) in Raum und Zeit fixiert. In der Gralssage tritt die Vertikale uns als heiliges Schwert entgegen, das beim dritten Schlag (dem Zusammenstoß mit der Materie) zerbricht, durch das heilige Wasser (Ursprung) aber wieder zusammengefügt wird.

Die Vertikale wird in der Gartenkunst zum Teil ausgestaltet – wie in manchen islamischen Gärten oder in vielen barocken Anlagen (z. B. Karlsruhe); zum Teil aber vollzieht sich die Bildung der Vertikalen wie etwa im Zen-Garten (Zusammentreffen von Geist und Materie) als Ergebnis eines Erkenntnisprozesses im Menschen selbst.

In der Geomantie ist das Element der Vertikalen als sogenannter Einstrahlpunkt bekannt, einem feinstofflichen Phänomen in Form einer vertikalen Säule. Wie ich in meinem Buch Die Kraft des Ortes näher ausgeführt habe, entsprechen solche Vertikalphänomene den trichterartigen Energiezentren des Körpers (Chakren), welche die Verbindung zwischen geistigen Kräften und dem materiellen Körper herstellen. Einstrahlende Punkte und andere Vertikalphänomene sind die eigentlichen Eintrittsorte geistiger Kräfte in den Erdorganismus und wurden als solche auch in der Gartengestaltung stets gerne genutzt (Beispiel Karlsruhe, Schloßturm).

Der Drache – das Alignment

Neben dem Omphalos und dem Speer Apolls ist die Schlange das dritte Symbol der Sage von Delphi. Auch sie tritt uns bereits in der Bibel entgegen als das Element, das die Menschen erdet. Sie – die Schlange oder auch der Drache (beide sind im griechischen Wort »drakon« vereint) – ist der Grund für die Vertreibung aus dem Paradies, das heißt, sie führt den Menschen in die Materie und entspricht damit im hinduistischen Denken durch ihre Häutungsvorgänge dem Rad der Wiedergeburten.

Sie tritt uns daher im Raum-Zeit-Gefüge unserer materiellen Existenz nicht punktuell entgegen wie die Axis Mundi, sondern zweidimensional, als eine Aneinanderreihung von Objekten und Orten auf einer geraden Linie. In England wurden solche Phänomene als »Leys« bekannt, und es überrascht nicht, daß viele der Orte, die sich auf einem solchen Alignment aneinanderreihen, Kirchen waren, die Drachentötern (Sankt Michael, Sankt Georg, Sankt Margarete usw.) geweiht waren.

Im Gralsmythos tritt uns dieses Symbol als Lanze entgegen. An der durch sie verursachten Verwundung leidet der Fischerkönig, das heißt, er erleidet als ein geistiges Wesen die Materie.

In der Gartengestaltung wird dieses »Erleiden« oder »Erfahren« der Materie als lineare Achse ausgestaltet. Doch wir sollten den Aspekt des »Leidens« nicht zu absolut nehmen. Die Schlange ist zugleich eine der stärksten Verkörperungen der Lebenskraft, weshalb sie im Daoismus in Gestalt des Drachen auch besonders verehrt wird. Ebenso können viele gerade Achsen in geomantisch gestalteten Gartenanlagen als Quellen oder besser als Pfade der Lebenskraft erfahren werden.

Der Odem Gottes – der Äther

Gott hauchte Adam seinen Odem ein. Dadurch übertrug er seine Lebens- und Schöpfungskraft auf den Menschen. Dieser Odem durchfließt den Garten Eden, ja die ganze Schöpfung und läßt sie leben. Es ist jene kosmische Urkraft, welche die Chinesen Qi (= Atem) nennen, die Inder Prana, die Griechen Pneuma. So sahen die Stoiker, griechische Naturphilosophen, die Welt als von Pneuma, dem »aus Feuer und Luft gewordenen Hauch«, durchdrungen und geformt. Ebenso erscheint im chinesischen Feng Shui die Landschaft von Qi durchströmt, und aus der Formensprache der Erde lassen sich die Menge und der Zustand der vorhandenen »Drachenkraft« ablesen.

Ich verwende für jene Urkraft, jenen göttlichen Odem, gerne den Begriff des Äthers. Dieser Aspekt der frei fließenden kosmischen Kraft fand vor allem in der chinesischen Gartenkunst, aber auch in der Gartenkunst des 18. und 19. Jahrhunderts Eingang. So war man im 18. Jahrhundert der Auffassung, Bäume würden den Ort von Miasmen (negativem Äther) befreien. Das Gedankenmodell des Äthers kann hier nicht umfassend dargelegt werden. Wer sich eingehender damit beschäftigen will, der sei auf mein Buch Die Kraft des Ortes verwiesen. Ich möchte den Äther hier nur vorstellen als eine Kraft, die die Landschaft durchfließt und sowohl in ihrer Qualität als auch in ihrer Quantität von der Topographie, von Wasser und Pflanzen beeinflußt wird, weshalb man gerade in der Gartengestaltung gerne mit ihr spielte. Es ist jene kosmische Urkraft, die als Mittler dient zwischen der Ebene des Geistes und jener der Materie und somit sowohl Formungs- als auch Gedankenprozessen unterliegt. Dazu später mehr.

Der Äther läßt sich in vier Aspekte untergliedern, die den vier Elementen entsprechen: den Wasseräther, den Erdäther, den Luftäther und den Feueräther. Diese vier Äther unterscheiden sich in ihrem Fließverhalten ebenso wie in ihrem charakteristischen Einfluß auf die menschliche Psyche und das körperliche Wohlbefinden.

Der Wasseräther läßt sich durch ein Gefühl der kühlen Feuchte erfahren, der Erdäther durch ein Gefühl des Druckes, der Luftäther durch die Wahrnehmung eines Lufthauchs und der Feueräther als starkes Wärmegefühl. Dabei hat der Wasseräther die Eigenschaft, nach unten zu rinnen, der Erdäther, sich unter Druck anzusammeln, der Luftäther, nach oben zu streben und Bewegungen zu folgen, und der Feueräther, sich insbesondere an spitzen Formen zu sammeln. Das Element Wasser beeinflußt dabei unsere Emotionen, die Erde unseren Sinn für Realität und Materie, die Luft unser Denken und das Feuer unseren Willen. Eine charakteristische Gestaltung mit den Ätherkräften bewirkt daher eine Beeinflussung unseres Gefühls, ja unserer ganzen Person. Auf ähnliche Weise unterscheiden die Chinesen fünf Arten von Qi, nämlich Erde, Metall, Wasser, Holz und Feuer. Diese stehen in einem konstruktiven und einem kontrollierenden Zyklus in Verbindung zueinander, können sich so gegenseitig erzeugen oder zerstören. Auch im chinesischen Feng Shui wurde daher mit der feinstofflichen Kraft des Äthers, von den Chinesen Qi genannt, gestaltet.

Weitere geomantische Phänomene

In den Gartengestaltungen des Barock und des englischen Landschaftsstils wurden häufig weitere geomantisch-geologische Phänomene genutzt, die hier kurz erwähnt seien.

Wasseradern sind unterirdisch fließende Rinnsale, Bäche oder Flüsse. Durch die spezifische Form der Strahlung fließenden Wassers wird der Mensch, der selbst je nach Alter zu sechzig bis achtzig Prozent aus Wasser besteht, in seinem biologischen System stark angeregt. Dies kann körperlich aufbauend sein, je nach Intensität und Polarisation der abgegebenen Strahlung, aber auch zu Streßsymptomen führen. Wie ich noch zeigen werde, sind die mit Hilfe der Radiästhesie (Wünschelrutengehen) gefundenen Wasseradern aber ein hervorragendes Mittel, um die Atmosphäre eines Ortes zu verbessern und anzuregen, und wurden als solche auch gerne in historischen Gartenanlagen genutzt.

Unter Gitternetzen versteht man radiästhetisch mutbare Reaktionsoder Reizzonen (also Strahlungszonen, die einen Wünschelrutenausschlag provozieren), die netzartig in den Haupthimmelsrichtungen mit einem Abstand von etwa 2 Metern (sogenanntes Globalgitter) oder in den Zwischenhimmelsrichtungen mit einer Maschenweite von 3 bis 4 Metern (sogenanntes Diagonalgitter) verlaufen. Vor allem an Kreuzungspunkten zweier Zonen des Globalgitters wurden in der Renaissance und im Barock häufig Statuen plaziert, da diese ein unsichtbares Ordnungsschema in die chaotisch gedachte Natur brachten.

Eine Oktavierung der Frequenz des Diagonalgitternetzes führt uns in das Schwingungsspektrum der Farbe Grün, weshalb dieses Gitter auch mit Aspekten der Lebenskraft in Verbindung gebracht und als »Wachstumszone« bezeichnet wird. Gerne wurden auf Kreuzungspunkten dieses Gitternetzes Alleebäume gepflanzt, um die Pflanzen zu kräftigen und über die Antennenwirkung der Bäume die Qualität der Lebenskraft in die Umgebung auszustrahlen.

Geomantie in der Gartenkunst

Wie wir in der Einleitung gesehen haben, war die Gestaltung eines Parks oder Gartens kaum jemals eine profane Handlung. Es schwang stets etwas von der Aura der sakralen Handlung mit. Der Gestalter wähnte sich in den Fußstapfen Gottes, als dessen »verlängerter Arm«. Jede Erschaffung eines Gartens kam der Schöpfung selbst gleich. Damit berührten wir aber bislang lediglich die Symbolebene, die Motivation der Handlung.

Im nun folgenden Teil möchte ich zeigen, daß große Parkanlagen in der Tat nach geomantischen Konzeptionen gestaltet wurden, daß hinter ihnen geistige und energetische Prinzipien standen, die allein aus einer künstlerischen Intuition heraus nicht zu erklären sind. Vielmehr präsentieren sich die Gärten und Parks im geomantischen Stil der jeweiligen Epoche und lassen das zugrunde liegende Weltbild seiner Erbauer erahnbar werden.

Ich bin mir bewußt, daß vieles im eigentlichen Sinne nicht bewiesen werden kann, da auf Methoden wie die der Radiästhesie zurückgegriffen werden muß, die längst noch nicht allgemein wissenschaftlich anerkannt sind, obgleich inzwischen verschiedene Universitäten die Radiästhesie und Geomantie in ihr Vorlesungsprogramm aufgenommen haben.

Die Klostergärten des Mittelalters

Wie einleitend beschrieben, hatte jedes Ding, jede Pflanze, jedes Kraut seinen festen symbolischen Platz im Gefüge des Gartens. Jede Pflanze stand – wie noch näher zu erläutern sein wird (siehe Übersicht Christliche Symbolik der Pflanzen, S. 92) – für eine genau bezeichnete göttliche Gabe oder christliche Tugend. Klostergärten stellten somit, geomantisch betrachtet, ein geistiges Gesamtgefüge, ein sogenanntes Holon dar.

Unter einem Holon versteht man einen begrenzten Raum, der gemäß der christlichen Lehre »wie im Himmel, so auf Erden« oder dem Gesetz »wie im Großen, so im Kleinen« – alle geistigen Archetypen des Kosmos in sich trägt. So bildet jede in sich geschlossene Einheit, jedes »Individuum«, ein solches Holon. Mannigfaltig sind so auch die analogen Darstellungen von Mensch und Erde im Mittelalter. Der mittelalterliche Klostergarten kann geradezu als Prototyp eines Holons verstanden werden. Seine Mauern bildeten die Haut, die diese räumliche Einheit gegen andere räumliche Einheiten abgrenzte. Durch die exakte Plazierung der geistigen Urbilder oder Archetypen – vertreten durch die Pflanzen – in ihrem gegenseitigen Verhältnis zueinander wurde ein Feld aufgespannt, das in völliger Übereinstimmung mit dem christlichen Kosmos stand.

Energetisch wurde dies vor allem durch den geomantisch orientierten Bau der Mauern verstärkt. Dies geschah zum einen durch die gezielte Setzung der Mauern auf Strahlungszonen, zum anderen durch den Bau der Mauern mit Hilfe von sogenannten polarisierten Steinen. Wie weiter unten (siehe Kapitel Arbeiten mit Steinen) noch näher beschrieben wird, besitzt jeder Naturstein eine Polarität. Vereinfacht ausgedrückt, schwingt jedes der gegenüberliegenden Enden eines Steines im gegenpolaren Sinne – ähnlich einem Magneten mit einem Nord- und einem Südpol. Wie wir noch sehen werden, eröffnet dies vielfältige Möglichkeiten der Steinsetzung, die wie im Falle der mittelalterlichen Klostermauern eine starke Trennung von Innen und Außen hervorrief.

Dies unterstützte die Bildung eines geistigen Holons. Doch allein darauf verließ man sich nicht. Die Mauern wurden, wie gesagt, häufig auf starke Strahlungsquellen gesetzt, mit Vorliebe auf Wasseradern. Die Zisterzienser waren Meister des Wasserbaus. Stets gründeten sie ihre Klöster an Flüssen, von denen sie kunstvoll unterirdische Kanäle unter Kirchenschiffe und Klostermauern lenkten, um diese durch die energetische Abstrahlung des Wassers anzuregen. Häufig zeigt sich die positive Kraft des Ortes in Schwalbennestern im Kreuzgang oder im Portal, denn Vögel nisten nur dort, wo ein für ihre Nachkommen positives Strahlungsmilieu herrscht.

Wichtig war stets auch die Gestaltung der Mitte. Oft wurde sie mit einem Springbrunnen besetzt, wo dies nicht adäquat oder möglich war, durch einen einzeln stehenden Apfel- (Lebensbaum!) oder Maulbeerbaum. Wir erkennen hier das Motiv der heiligen Mitte und der Axis Mundi wieder – und wirklich: Sehr häufig findet sich hier auch eine energetische Achse, ein sogenannter einstrahlender Punkt.

So steht in der Mitte des Klostergartens von Shrewsbury Quest in Großbritannien ein Weißdorn, ein Ableger des heiligen Weißdornbusches, den Josef von Arimathea in Glastonbury gepflanzt haben soll. Eine wahrlich heilige Mitte, die selbst den Mythos vom heiligen Gral in sich trägt.

Im Geist des Barock

Im Barock wurde die Enge des Mittelalters gedanklich gesprengt. So schrieb Giordano Bruno: Unendlicher Raum hat unendliche Möglichkeiten, und in dieser unendlichen Möglichkeit können wir einen unendlichen Akt der Existenz preisen (zit. in Norberg-Schulz 1985, S. 6). Die Mauern, die im mittelalterlichen Klostergarten der wesentliche geomantische Bezug waren, innerhalb derer sich der innere Mikrokosmos entwickeln konnte, werden nun gesprengt.

Mit der Hinwendung des Menschen zum geistigen Prinzip der Vernunft kommt es zu einer enormen technologischen Entwicklung. Diese Entwicklung, gerade auch in der Kriegstechnologie, nimmt der Mauer ihre bisherige Schutzfunktion. Sie wird überflüssig. In der Gartengestaltung wird dies als Chance verstanden: Die weltlichen und religiösen Zentren werden als Kraftorte, als solare Zentren begriffen, von denen Kräfte ausstrahlen, die auf keinerlei räumliche Grenzen mehr stoßen. Idealbild ist die Ebene, auf der, von einem Brennpunkt – einer heiligen Mitte – ausgehend, die Achsen schnurgerade ins Land führen. Das dahinter stehende Symbol ist die Sonne.

Kleve