Ein verborgener Schatz

Immer wieder zeigen Menschen, dass sie trotz traumatischer Erfahrungen ein sinnerfülltes Leben führen können. Sie loten das Potenzial, das sich ihnen eröffnet, zur Gänze aus und bewältigen Schwierigkeiten, wie sie es vorher wohl selbst nicht für möglich gehalten hätten. Was du tun kannst, um die Dinge für dich zum Positiven zu wenden, wie du den verborgenen Schatz hebst, das erfährst du auf den folgenden Seiten.

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Impressum

 

© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2020

© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2020

Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung und öffentliche Zugänglichmachung, auch auszugsweise, sowie die Verbreitung durch Film und Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Zustimmung des Verlags.

 

Projektleitung: Reinhard Brendli

Lektorat: Daniela Weise

Covergestaltung: independent Medien-Design, Horst Moser, München

eBook-Herstellung: Isabell Rid

 

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ISBN 978-3-8338-7333-1

1. Auflage 2020

 

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Coverabbildung: Getty

Fotos: Privat (Autorenfoto)

Syndication: www.seasons.agency

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Das verlorene Urvertrauen

Auf der Suche nach Gründen, weshalb so viele Mensch das Urvertrauen verloren haben, stoßen wir schnell auf traumatische Ereignisse, wie sie vielen Menschen schon in der frühen Kindheit geschehen sind, manchmal bereits in vorgeburtlicher Zeit, wenn wir nur an das unterschätzte Thema des verlorenen Zwillings denken. Ehe es zu den Methoden geht, Vertrauen zurückzugewinnen, wollen wir auf den nächsten Seiten ein wenig Ursachenforschung betreiben.

Traumatisierungen, die Killer des Urvertrauens

»Der größte Ruhm im Leben liegt nicht darin, nie zu fallen, sondern jedes Mal wieder aufzustehen.«

NELSON MANDELA

Jeder Mensch hat aller Wahrscheinlichkeit nach bereits ein Trauma erlebt, schrieb ich zu Beginn. Aber nicht jeder Mensch ist dadurch auch automatisch traumatisiert. Die Art der Verarbeitung macht den Unterschied. Es gibt verschiedene Arten von Traumata und ich werde sie auf den folgenden Seiten vorstellen. Alle diese Traumata können zum Verlust von Vertrauen führen. Aber Menschen reagieren keineswegs gleich, manche sind nach einem schlimmen Ereignis eine Weile »völlig durch den Wind«, erholen sich aber bald wieder, andere hingegen entwickeln eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS, oder englisch PTSD).

Was ist das überhaupt, ein Trauma?

Das Wort »Trauma« (Mehrzahl: Traumata, auch Traumen) kommt aus dem Griechischen und bedeutet »Verletzung«, sei es körperlich (Schleudertrauma) oder seelisch. Meist bezieht sich der Begriff auf die seelische Komponente, auch wenn ein Ereignis mit körperlichen Verletzungen einhergeht. Es kann sich um ein einzelnes katastrophales Ereignis handeln wie eine Vergewaltigung oder auch um lang anhaltende seelische Verletzungen in der Kindheit.

Trauma wissenschaftlich gesehen

Sehen wir uns die wissenschaftliche Definition an, wie sie laut »Internationaler statistischer Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme« (ICD) gegeben wird, dem wichtigsten, weltweit anerkannten Klassifikationssystem für Diagnosen, sowie dem »Diagnostischen und statistischen Leitfaden psychischer Störungen« (DSM).

Ein Trauma ist laut ICD die Folge eines Ereignisses, das

1. objektiv: »mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß« einhergeht.

2. subjektiv: »bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde« oder mit »starker Angst, Hilflosigkeit und Grauen« erlebt wird.

Im DSM wird hingegen dann von einem Trauma ausgegangen, wenn dem Betroffenen während des traumatisierenden Ereignisses der Tod drohte, er tatsächlich oder potenziell eine ernsthafte Körperverletzung erfahren hat oder aber seine körperliche Unversehrtheit beziehungsweise die eines anderen gefährdet war.

Schocktrauma

Dabei kann es sich beispielsweise um einen gewalttätigen Übergriff, eine Vergewaltigung oder um eine Naturkatastrophe handeln. Die klassischen Symptome eines Schocktraumas sind unter anderem die sogenannten »Flashbacks«, also die Erinnerungen und Bilder an das Trauma, die die Betroffenen unwillkürlich wieder erleben. Zu Flashbacks kommt es auch noch viele Jahre später, manchmal erst nach Jahrzehnten. Ausgelöst werden die Flashbacks durch Schlüsselreize. Diese können eine bestimmte Umgebung, Geräusche, ja sogar ein bestimmter Geruch sein – was immer mit dem ursprünglichen traumatischen Erlebnis in Verbindung steht. Darüber hinaus besteht eine Übererregung des Nervensystems, entweder ist der traumatisierte Mensch ununterbrochen auf sehr hohem Erregungsniveau oder es besteht ein Wechsel zwischen extremer Übererregung und dem fast gänzlichen Fehlen von Erregung. Dann kann der Betroffene nicht normal entspannen, das Nervensystem fährt nicht herunter, sondern kollabiert fast.

Trügerisches Lächeln

Personen mit Schocktrauma sind nicht in der Lage, über das Ereignis in einem normalen Rahmen zu erzählen, etwa begleitet von Weinen, Trauer oder Wut. Sie distanzieren sich beim Erzählen quasi von sich selbst, weil allein die Erzählung für sie so schlimm ist wie das Ereignis. Sie werden von Bildern und Gefühlen regelrecht überflutet, was sie in der Regel nicht ertragen können. Sie brechen bei der Erzählung entweder vollkommen zusammen oder spalten sich von den Gefühlen ab. Das erkennt man an einer flachen, monotonen Stimme.

Vielleicht kennst du dieses Verhalten von deinen Großeltern oder von älteren Menschen, die über Kriegserlebnisse sprechen. Mit ausdrucksloser Stimme erzählen sie von Situationen, die sie erlebt haben. Ja, es kann sogar sein, dass sie beim Erzählen von etwas ganz Schlimmem, wie dem Auffinden einer Leiche, lächeln oder sogar lachen. Sie sperren ihre Gefühle ein, um nicht daran zu zerbrechen.

Entwicklungstrauma

Bei dieser Art von Trauma entwickeln sich die Symptome über Jahre, schleichend, so wie sich auch die traumatisierenden Erlebnisse über Jahre hinziehen. Die meisten beginnen schon in frühester Kindheit, zum Beispiel durch Vernachlässigung oder Gewalttätigkeit, durch fehlende Mutterliebe, ständige Ablehnung, Alkoholismus eines Elternteils sowie seelischen, körperlichen und sexuellen Missbrauch.

Vielen Menschen, die unter einem Entwicklungstrauma leiden, fehlt die Wahrnehmung des eigenen Körpers. Gefühle und Bedürfnisse werden meist ignoriert und verdrängt. Die Betroffenen selbst sehen darin manchmal kein Problem.

Auch hier kann eine Übererregung des Nervensystems als Symptom auftreten. Meist wird versucht, dieses Symptom mit Beschäftigung oder Arbeit auszugleichen beziehungsweise die Übererregung hinter Beschäftigung und Arbeitswut zu verstecken. Andere Symptome wie Wutanfälle, Schlaflosigkeit, Depressionen oder Konzentrationsschwierigkeiten können bei einem Entwicklungstrauma ebenso auftreten.

Die Verletzungen finden über einen langen Zeitraum statt und setzen sich tief in der Seele der Betroffenen fest.

Vorsprachliches Trauma

Traumatische Stresserfahrungen aus der vorsprachlichen Zeit haben eine grundlegende Bedeutung. Ein normales drei- oder vierjähriges Kind hat kognitive und sprachliche Möglichkeiten, um schlechte Erfahrungen zu bewältigen, und ist in seiner Identität weniger von der Erfüllung seiner körperlichen Bedürfnisse abhängig. Bei einem Fötus oder Säugling hingegen sieht das ganz anders aus. Er ist psychisch unmittelbar von seinem körperlichen Wohlbefinden abhängig. Darum greift ein vorsprachliches Trauma direkt den Wesenskern des Kindes an und verletzt wesentliche psychosomatische Strukturen. Dies ist wichtig zu wissen, denn jede Traumatherapie, die vor allem über die Sprache geht, hat notwendigerweise Schwierigkeiten im Umgang mit Störungen, die ihre Wurzeln in präverbalen Traumatisierungen haben. Hier sollten Körperpsychotherapien zum Einsatz kommen. Ich weiß von vielen Klienten, dass eine Gesprächstherapie oder Psychoanalyse ihnen nicht wirklich etwas gebracht hat bei der Überwindung eines Traumas. Erst der Weg über eine Körpertherapie hat ihnen dabei helfen können.

Vorgeburtliches Trauma

Vom Zeitpunkt der Befruchtung an ist das ungeborene Kind auf Beziehung und Verbundenheit angelegt und angewiesen. Sobald es Zellen gibt, sind sie lebendig, reagieren auf die Umwelt und üben auch schon Funktionen aus. Das Ungeborene nimmt alles wahr, was aus seiner vorgeburtlichen Umwelt auf es eindringt.

Vorgeburtlicher Stress hat einen starken Einfluss auf das Gedeihen eines Kindes. Stress wird nicht nur durch äußere Lebensbedingungen verursacht (wie Hektik, Überlastung oder chronischer Lärm), sondern auch durch innere Denkprozesse und Emotionen, etwa wenn sich die Mutter große Sorgen macht, wenn es finanzielle oder Beziehungsprobleme oder andere bedrückende Faktoren gibt. All das zwingt das sich entwickelnde Gehirn zu funktionellen und strukturellen Anpassungen. Die neuronalen Netzwerke werden so verschaltet, dass verzerrte Bilder von der Welt und sich selbst entstehen. So kann dann auch im späteren Leben die Stressempfindlichkeit eines Menschen erhöht sein. Ebenso beeinträchtigt können später die Lernfähigkeit und das Neugierverhalten sein.

Einem speziellen vorgeburtlichen Trauma, dem Verlust eines Zwillings, habe ich ein eigenes Kapitel gewidmet (>), da es besonders wichtig ist und viele, auch hochsensible Menschen betrifft.

Welche Folgen sind möglich?

Traumatische Erlebnisse können zu tiefen seelischen Erschütterungen führen. Diese haben eine Überforderung des angeborenen biologischen Stresssystems zur Folge. Insofern haben Traumata nicht ausschließlich seelische Auswirkungen, sondern in vielen Fällen auch körperliche. Das können beispielsweise unkontrollierbare Schweißausbrüche, Erröten oder Blässe sein. Auch ein unangenehm schneller Herzschlag, Übelkeit und Kopfdruck werden oft als Folgen beschrieben.

Auch auf psychischer Ebene können die Folgen schwerwiegend sein. Angefangen bei einem erhöhten Erregungsniveau und starker Gereiztheit bis hin zu sozialem Rückzug ist hier vieles möglich. Oft können traumatisierte Menschen das Geschehene im Nachhinein nicht mehr in Worte fassen oder sich nur noch in Teilen oder überhaupt nicht mehr an die Ereignisse erinnern.

Ein weiteres Phänomen, das häufig als direkte Folge von Traumata genannt wird, ist die Dissoziation. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Desorientiertheit, Bewusstseinseinengung und Aufmerksamkeitsdefizit, die kurzfristig (in bestimmten Situationen) und längerfristig (über Tage hinweg) andauern kann. Der Betroffene ist hier wie betäubt.

Bei einer Dissoziation versucht sich die Psyche von dem Erlebten zu distanzieren.

Die posttraumatische Belastungsstörung

Wenn uns Menschen verletzen, wir eine geliebte Person verlieren, in einen schweren Unfall geraten, eine Naturkatastrophe erleben oder von einem Tag auf den anderen unsere Arbeit verlieren oder wenn Soldaten über Monate und Jahre in kriegerische Handlungen einbezogen sind, so kann dies zu einer posttraumatischen Belastungsstörung führen (PTBS, englisch PTSD). Dies kommt beispielsweise häufig bei Soldaten vor, die aus einer Kampfzone im Krieg zurückkehren. Symptome sind unter anderem oft wiederkehrende unangenehme Erinnerungen sowie Angstzustände oder Panikattacken.

Traumatisierte Menschen können emotional abstumpfen. Sie empfinden nur noch wenige oder keine positiven Emotionen und Dinge, die ihnen wichtig waren, spielen keine Rolle mehr.

Auslöser von Traumata

Im Folgenden wollen wir uns einige Erlebnisse, die zu Traumatisierungen führen können, genauer ansehen.

Erkrankungen, Unfälle und Naturkatastrophen

Schwere Erkrankungen, unter Umständen auch mit der Erfahrung der Todesnähe, und sogar schlimme Diagnosen können Menschen traumatisieren. Was Unfälle und Naturkatastrophen betrifft, so handelt es sich meist um Schicksalsschläge, die viele auf eine »höhere Gewalt« zurückführen, die aber auch auf menschlichen Eingriffen basieren können oder zumindest auf menschlichem Versagen. Das Leid, das die Betroffenen zu tragen haben, wiegt im einen wie im anderen Fall schwer.

Politische Verfolgung und Gewalt

Weltweit werden Millionen von Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer politischen Ansicht, ihrer Religion oder ihrer sexuellen Ausrichtung verfolgt. Die ständige Angst und die Hilflosigkeit, die damit einhergeht, sorgen bei vielen Betroffenen für schwerste psychische Traumatisierungen. Folter ist Realität für viele, zumindest stellt sie eine starke Bedrohung dar. Menschen, denen bei uns Asyl gewährt wird, bekommen wenn nötig und von den Kapazitäten her möglich eine psychologische Betreuung, sofern eine psychische Traumatisierung vorliegt.

Verlust und damit verbundene Trauer

Fast jeder ist irgendwann in seinem Leben mit dem Tod eines geliebten Menschen konfrontiert. Plötzliche Todesfälle lösen zusätzlich dazu anfangs Starre und Fassungslosigkeit aus und können so ein Schocktrauma bewirken. In den folgenden Phasen kann es zu den verschiedensten Emotionen kommen. Sei es, dass man den Tod des Verstorbenen nicht wahrhaben möchte, oder sei es, dass man wütend auf den Verstorbenen ist, weil er einen zurückgelassen hat. Das Problem: Häufig wollen sich Betroffene diese »irrationalen« Gefühle nicht zugestehen. Schließlich gilt hierzulande, dass man über Tote nichts Schlechtes sagt.

Auch, wenn man nach dem Tod eines lieben Menschen ausgiebig Abschied nimmt, kann die Trauer Monate oder gar Jahre anhalten und zu einer wahren Belastung werden.

Der Tod einer dir nahestehenden Person kann allerdings auch dazu führen, dass du den Verlust mit einer Art »Selbst-Verlust« verbindest und glaubst, ein Teil von dir sei ebenfalls verstorben. Dieser Zustand muss nicht dauerhaft bestehen bleiben. Es gibt die Möglichkeit, im Rahmen einer Therapie oder eines Coachings den »verstorbenen Teil« von dir wieder zurückzuholen. Das ist oft mühsam und kann einige Zeit dauern. Viele Betroffene berichten, dass sie ihr Trauma überwinden konnten, indem sie die Trennung von dem geliebten Menschen innerlich vollständig vollzogen haben.

Mobbing

Von Mobbing kann grundsätzlich jeder betroffen sein. Gründe dafür gibt es zuhauf. Nachgewiesen ist, dass Mobbing gesundheitsschädigende Folgen hat, wenn es länger als ein halbes Jahr stattfindet. Schlafstörungen, Wutausbrüche und Reizbarkeit, Depressionen und Konzentrationsschwierigkeiten sind nur ein paar der möglichen Folgen. Unter Umständen kann das Mobbing bis hin zur Frühberentung oder zur Arbeitsunfähigkeit führen.

Negative Intimität, sexueller Missbrauch, Vergewaltigung

Jeder Mensch hat eine Intimsphäre. Nicht selten wird diese allerdings von anderen Menschen ignoriert, auch gegenüber Kindern. Die Folge ist eine Überschreitung der Intimgrenze und es findet eine Straftat statt.

Die Folgen dieser speziellen Traumata sind Gefühle von Ekel und Beschmutzung, die das Opfer unter Umständen nicht nur nach der Tat, sondern dauerhaft empfindet.

Wenn Trauma stärker macht

»Vertrauen ist die Mutter der Sorglosigkeit.«

BALTASAR GRACIÁN Y MORALES

Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine Reaktion auf eine schwere traumatische Erfahrung. Es gibt aber auch Menschen, die leichter als andere ein sehr hartes Trauma bewältigen und daran sogar wachsen. Dies nennt man posttraumatisches Wachstum. Manche Personen schaffen es, aus ihren schlechten Erfahrungen etwas Positives zu ziehen. So kann jemand, der seinen Partner verloren hat, gezwungen sein, Dinge neu zu lernen, für die bisher der Partner zuständig war. Er oder sie kann an den neuen Aufgaben persönlich wachsen und Erfahrungsvertrauen aufbauen.

Einige Menschen berichten über ein höheres Selbstwertgefühl und mehr Ausdauer nach dem Trauma. Freundschaften und Beziehungen können sich verbessern, wenn die Betroffenen erkennen, wer ihre wahren Freunde sind und auf welche Menschen sie sich in Krisensituationen verlassen können. Viele sprechen von einer neuen Dankbarkeit für das Leben.

Dies bedeutet nicht, dass Menschen, die ein posttraumatisches Wachstum erleben, nicht unter den negativen Erfahrungen leiden. Im Gegenteil, natürlich können diese heftigen Erlebnisse auch bei ihnen zu schlechten Gefühlen, Schmerzen und Leiden führen. Möglicherweise entwickeln sie zuerst eine Belastungsstörung. Dann jedoch überwinden sie das Trauma und entwachsen der Bürde. Die traumatische Erfahrung hat sie am Ende stärker werden lassen.

Wie können wir an negativen Erfahrungen wachsen?

Zwei Faktoren sind für posttraumatisches Wachstum wichtig: zum einen Hilfe und Beistand durch das Umfeld, zum anderen der Sinn, den man dem Geschehen beimisst.

Soziale Unterstützung

Das sind deine Familie, deine Freunde, dein Partner. Sehr wenig im Leben ist so unglaublich wichtig wie Beziehungen. Wenn die persönlichen Verbindungen positiv sind, geschieht es wesentlich seltener, dass ein Mensch ängstlich oder depressiv wird. Ebenso wurde nachgewiesen, dass ein Trauma unsere körperliche Gesundheit beeinträchtigen kann. Zum Beispiel entwickelten manche Frauen, die ihren Partner verloren hatten, auch physische Symptome. Als sie sich jedoch an ihre Freunde wandten, um Unterstützung zu erhalten, nahmen diese Anzeichen signifikant ab. Bei Frauen mit Krebserkrankungen, die von Freunden und Verwandten unterstützt wurden, konnte ein signifikanter Anstieg der Anzahl von Killerzellen, die den Tumor angriffen, nachgewiesen werden.

Hinter den Ereignissen einen Sinn finden

Wenn Dinge plötzlich und ohne ersichtlichen Grund passieren, ist es für viele Menschen schwierig, diese Erfahrung zu verstehen, geschweige denn sie zu akzeptieren. Das gilt besonders für diejenigen, die nicht spirituell beziehungsweise gläubig sind. Wenn etwa ein geliebter Mensch bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommt, fragen sich viele nach dem Warum. Warum dieser Mensch? Warum zu dieser Zeit? Warum muss ich das erleben?

Menschen, die es schaffen, in ihrer traumatischen Erfahrung einen Sinn zu erkennen, zeigen deutlich weniger Stresssymptome.

Betroffene können leichter mit dem Verlust eines geliebten Menschen umgehen, wenn sie einen tiefen Sinn darin finden. Beispielsweise das Gefühl, etwas über das Leben selbst gelernt zu haben. Manche empfinden eine große Dankbarkeit für ihr eigenes Leben. Viele kommen auf diese Weise dazu, anderen Menschen in ihrem Leiden zu helfen.

Impuls: Dankbar sein

Mit Dankbarkeit wächst dein Erfahrungsvertrauen. Wenn das Leben gerade echt schwer ist, dann suche etwas, das dich dankbar sein lässt. Wenn dein Leben gerade süß schmeckt, bedanke dich ebenfalls und feiere das Leben. Ob Gutes oder Schlechtes – bedanke dich für alles. Dankbarkeit ist die Grundlage für Lebenszufriedenheit und Glück.

Auch schmerzhafte Lebensumstände verdienen Dankbarkeit, da sie die Basis für geistiges, emotionales und spirituelles Wachstum sein können.

Leiden und schwere Erfahrungen sind starke Dünger für deine persönliche Entfaltung. Trauer kann zu bedeutungsvollen Änderungen führen und eine verbesserte Version von dir schaffen. Dies nennt man posttraumatische Entfaltung.

Was sagt die Wissenschaft?

Mitte der Neunzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts untersuchten die Psychologen Lawrence G. Calhoun und Richard G. Tedeschi das posttraumatische Wachstum. Die Forscher entdeckten, dass 90 Prozent derjenigen, die einen traumatischen Einschnitt in ihrem Leben erleiden mussten, zumindest ein Merkmal für posttraumatisches Wachstum aufwiesen. Sie definieren posttraumatische Entwicklung als eine lebensbejahende psychologische Modifizierung, die durch Schwierigkeiten und Probleme verursacht wird. Traumatische Ereignisse fordern von einem Menschen, die Welt zu verstehen, sich anzupassen und den Schmerz zu ertragen. Diese Begleitumstände tragen zu einem bedeutungsvollen und tiefen Prozess persönlicher Veränderung bei.

Wachstumschancen nach einem Trauma

  • Mehr Offenheit: der Wunsch, neue Möglichkeiten zu entdecken, neue berufliche Orientierung oder ein intensiveres soziales Engagement

  • Mehr Empathie: Entwicklung von besseren Beziehungen mit anderen Menschen, Anerkennung von Freundschaften, gesunde Abgrenzung und Hilfsbereitschaft für Notleidende

  • Mehr Selbstbewusstsein: Bewusstsein der eigenen Stärke und gleichzeitig der eigenen Verletzlichkeit, Gewissheit, dass Sicherheit im Leben unsicher ist

  • Mehr Wertschätzung: Dankbarkeit den eigenen Lebensumständen gegenüber, Bewusstsein für das Wesentliche und für die einfachen Dinge des Lebens

  • Mehr Sinnhaftigkeit: wachsendes spirituelles Bewusstsein, auch bei bisher nicht gläubigen Menschen, und dadurch eine Neuausrichtung des Lebens

Wie ein schrecklicher Unfall das Beste in einem Menschen hervorbrachte

Wenn du die Biografie des Schauspielers Christopher Reeve ansiehst, der die Hauptrolle in vier Superman-Filmen gespielt hat, kannst du viel über inneres Wachstum herausfinden. Christopher Reeve litt nach einem schweren Reitunfall an Tetraplegie, er war vom Hals abwärts gelähmt. Dieses Drama ließ ihn an Selbstmord denken. Reeve konnte jedoch mit seinem inneren Superman Kontakt aufnehmen und wurde so Vorbild und Botschafter für Menschen mit Verletzungen der Wirbelsäule. Er gründete ein Rehabilitationszentrum und förderte die Stammzellenforschung. Gelegentlich arbeitete er sogar noch als Schauspieler. Reeve handelte mit derselben Entschlossenheit wie Superman. Dies ist nur ein Exempel dafür, wie schwerwiegende Krankheiten, Einschränkungen oder Einbußen zu innerer Wandlung führen können.

Solche tragischen Ereignisse sind wie ein Erdbeben, das sämtliche Möbel im Kopf des Betroffenen zerbrechen lässt. Aber sie verschaffen ihm die Möglichkeit, alles neu einzurichten.

Andrea (49): Leben mit einem alkoholkranken Vater

In meiner Familie habe ich mich häufig als Fremdkörper empfunden, nie hatte ich Lebensbedingungen, in denen ich Urvertrauen entwickeln konnte. Meine Mutter ist zwar sehr liebevoll, aber sie war ständig mit der Alkoholkrankheit meines Vaters beschäftigt. Noch heute ist das so. Mein Vater war und ist, wenn er betrunken ist, ebenfalls sehr liebevoll und umgänglich. Ich habe einen älteren und einen jüngeren Bruder, einer von ihnen trinkt ebenfalls zu viel, der andere ist geradezu militanter Abstinenzler.

Durch meine Familiengeschichte bin ich als junge Frau leider an den falschen Mann geraten. Von 18 bis 28 war ich mit einem Alkoholiker verheiratet, denn für mich war das zunächst kein Problem, schließlich war meine Erfahrung ja, dass mein Vater sehr liebevoll war, wenn er betrunken war. Allerdings zu liebevoll, weswegen ich mich immer sehr geschämt habe. Ich dachte, ich mache etwas falsch, wenn mein Vater mich so übergriffig behandelte.

Bei meinem Mann war das anders: Der wurde betrunken massiv beleidigend, aggressiv und am Ende auch gewalttätig gegen mich. Ich bin so froh, dass ich mit ihm aufgrund seiner Zeugungsunfähigkeit kein Kind bekommen konnte.

Als ich es dann mit der Hilfe eines Frauenhauses und einer Therapeutin schaffte, mich von ihm zu trennen, habe ich erstmals in meinem Leben begonnen, mich selbst wirklich kennenzulernen. Bis dahin wusste ich ja nicht einmal, wer ich wirklich bin, was meine Wünsche an das Leben sind oder dass ich überhaupt welche haben darf. Es hat mich wirklich Mühen gekostet, das zu lernen. Aber am Ende hat es sich gelohnt, denn ich konnte aus der Familiengeschichte aussteigen.

Heute bin ich glücklich verheiratet und meine Töchter haben bei der Wahl ihrer Partner ein gutes Händchen gehabt. Ich kann jeder Frau dringend dazu raten, nicht so lange zu warten.

Wie du Vertrauen wiederfindest

In den folgenden Kapiteln zeige ich dir viele bewährte Strategien und Methoden, um Erfahrungsvertrauen aufzubauen und so deine innere Heimat zu finden. Es ist wichtig, dass du weißt: Du bist nicht ausgeliefert, sondern du kannst selbst die Veränderungen bewirken, um ein gutes Leben zu führen. Vertraue den Möglichkeiten der Selbstermächtigung und gib dir die Erlaubnis dafür, die Dinge in die Hand zu nehmen.