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© ABENTHEUER VERLAG digital

April 2016

Alle Rechte vorbehalten.

Illustrationen von Natalie Meyer

Textbearbeitung von Karl Ernst Horbol

Grafik, Layout, Mastering von Tibor Horvath

ISBN: 978-3-945976-34-0

www.abentheuerverlag.de

An einem Sommermorgen saß ein Schneiderlein auf seinem Tisch am Fenster, war guter Dinge und nähte aus Leibeskräften. Da kam eine Bauersfrau die Straße herab und rief: „Gutes Mus zu verkaufen! Gutes Mus ganz billig!“ Das klang dem Schneiderlein lieblich in die Ohren, es steckte sein zartes Haupt zum Fenster hinaus und rief: „Hier herauf, liebe Frau, hier wird sie ihre Ware los.“ Die Frau stieg die drei Treppen mit ihrem schweren Korb zu dem Schneider herauf und musste die Töpfe sämtlich vor ihm auspacken. Er besah sie alle, hob sie in die Höhe, hielt die Nase dran und sagte endlich: „Dieses Mus scheint mir gut genug zu sein. Wieg sie mir doch vier Lot ab, liebe Frau. Wenn‘s auch ein Viertelpfund ist, kommt es mir nicht darauf an.“ Die Frau, welche gehofft hatte, eine größere Menge zu verkaufen, gab ihm, was er verlangte, ging aber ganz ärgerlich und brummig fort. „Nun, das Mus soll mir Gott segnen“, sprach der Schneider, „und es soll mir Kraft und Stärke geben.“ Er holte das Brot aus dem Schrank, schnitt sich ein Stück ab und strich das Mus darüber. „Das wird bestimmt nicht bitter schmecken“, sprach er. „Aber erst will ich den Wams fertig machen, bevor ich anbeiße.“ Er legte das Brot neben sich, nähte weiter und machte vor lauter Ungeduld und Vorfreude auf die schmackhafte Mahlzeit immer größere Stiche.