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HEIDI EMFRIED

DIE AKTE KALKUTTA

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IMPRESSUM

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2018 Verlag Anton Pustet

Covergestaltung: Tanja Kühnel, unter Verwendung von Bildern von © Vasili Kushniarevich und © Eky Studio, © 2018 mit Genehmigung von Shutterstock.com
Bild Titelseite und Impressum: © Vasili Kushniarevich, © 2018 mit Genehmigung von Shutterstock.com

Grafik, Satz und Produktion: Tanja Kühnel

Lektorat: Karl Peretti

eISBN 978-3-7025-8046-9

Auch erhältlich als Hardcover mit Lesebändchen, ISBN 978-3-7025-0893-7

www.pustet.at

Inhalt

Prolog

Kalkutta: Oktober

Wien

2. November

3. November

4. November

5. November

6. November

7. und 8. November

9. November

10. November

11. November

12. November

13. November

14. November

16. November

18. November

19. November

20. November

21. November

23. November

24. November

25. und 26. November

27. November

29. November

30. November

1. Dezember

2. Dezember

3. Dezember

4. Dezember

5. Dezember

6. Dezember

7. Dezember

8. Dezember

9. Dezember

10. Dezember

11. Dezember

14. Dezember

15. Dezember

16. Dezember

21. Dezember

25. Dezember

Glossar für Dialektausdrücke und österreichisches Deutsch

Personenverzeichnis

Kalkutta (Prolog)

Österreich

Prolog

Kalkutta

Oktober

Sunil saß auf der untersten Stufe der Veranda, die an drei Seiten des Hofes verlief, die Ellbogen auf die Knie gestützt, das Gesicht in den Händen, und überlegte, wen er zum Spielen bewegen konnte. Die Regenzeit war fast vorbei, sie mussten kaum befürchten, dass ein Monsunguss den Hof in eine Schlammgrube verwandeln würde. Im Gegenteil, der gestampfte Lehmboden war steinhart und staubig. Es war sehr still. Zwei der Aufseher saßen apathisch an einem der Tische unter dem Verandadach und fächelten sich Kühle zu. Frau Nase, die Aufseherin mit dem großen Riechorgan, war mit den Kleinen beschäftigt.

Vor dem Beginn der Regenzeit, als Shaukat noch seine beiden Beine hatte, war alles noch viel einfacher gewesen. Damals stand Shaukat gleich in der Früh mit dem Ball, den sie aus alten Lappen gebastelt hatten, neben ihm, und schon ging’s los. Shaukat war ein wahrer Zauberer, er drehte, wirbelte, schupfte und rollte den Ball mit allen Körperteilen, unten durch, oben drüber, zwischen den Beinen und hinter dem Nacken. Klar war er unendlich viel größer und älter als Sunil, aber sie verstanden sich gut. Abgesehen von seiner Größe war Shaukat auch sonst sehr verschieden von Sunil und den anderen Kindern, und auch von den Aufsehern, wenn Sunil es recht bedachte. Seine Haut und Augen waren sehr dunkel und seine Haare schwarz und kraus. Auch die Aufseher waren dunkel und schwarzhaarig, aber auf eine andere Art. Und er hatte eine ganz breite Nase.

Überhaupt waren sie alle untereinander sehr verschieden, fand Sunil. Er selbst hatte sehr helle, fast weiße Haare und blaue Augen. Deshalb nannten sie ihn auch Sunil, was »leuchtendes Blau« bedeutet. Ramzo war mehr so wie die Aufseher, während Mowgli eine helle Haut und ganz eigenartige Augen hatte – schwarz und irgendwie schräg und schmal. Die Außergewöhnlichste unter ihnen war aber Aruna. Sie war schon fast eine Erwachsene, aber viel kleiner als Shaukat, mit sehr heller Haut mit vielen kleinen braunen Pünktchen und einer wilden, kupferroten Korkenzieherlockenmähne. Niemand wusste, was in ihrem Kopf vorging. Sie sprach nie und tat auch sonst nichts aus eigenem Antrieb. Meist saß sie auf dem Boden mit ausgestreckten Beinen, vor oder auf der Veranda, den Rücken angelehnt, den Kopf manchmal leicht wiegend. Würden die Aufseher sie nicht füttern, sie würde verhungern. Eine Aufseherin musste sich um ihre Notdurft kümmern und sie waschen. Nachts wurde sie gemeinsam mit den anderen Mädchen in einem der Schlafräume unter dem Verandadach eingesperrt. Sunil mochte sie sehr gern, weil er sich zu ihr setzen und den Kopf an ihre Schulter lehnen konnte, wenn er traurig war. Sie schien ihm zuzuhören, nie wurde er ihr lästig. Als Gegenleistung achtete er auf sie, so gut er konnte.

Beunruhigt sah er auf. Sie saß auf der gegenüberliegenden Hofseite vor der Veranda, im Schatten der hohen Mauer, die den Hof an der verandalosen Seite begrenzte. Es würde nicht mehr lange dauern, und die Sonne würde sie erreichen. Bald würde er sie woandershin bugsieren müssen.

Auch das war sehr mühsam geworden, seit Shaukat ihm nicht mehr so gut helfen konnte.

Während der Regenzeit hatte das Unglück plötzlich begonnen. Doktor Rauch kam so wie immer, um sie alle zu kontrollieren. Sie nannten ihn so, weil er ständig rauchte, sogar während der Untersuchungen. Er sah sich Shaukats Bein an und sagte, dass es krank sei – Shaukat müsse in ein »Krankenhaus« zur Behandlung. Sie hatten das alle sehr aufregend gefunden, am meisten Shaukat selbst. Niemand von ihnen hatte jemals vorher den Hof verlassen.

Shaukat war lange weggewesen, zehn Tage und noch einige. Als er zurückkam, hatte man ihm das Bein abgenommen, weil es so krank war. Seither humpelte er auf einem Bein und zwei Holzkrücken herum und konnte nicht mehr Ball spielen. Oder doch, aber nicht mehr so gut und so lange.

Seit dieser Sache mit Shaukats Bein fürchtete Sunil sich vor Doktor Rauch. Wer hätte gedacht, dass ein Bein plötzlich so krank sein konnte? Vorsichtig betastete er seine eigenen Oberund danach die Unterschenkel. Sie fühlten sich ganz normal an. Auch die Arme, in die er sich – mit einer Umarmungsbewegung – anschließend kniff. Aber Shaukat hatte ja auch keine Ahnung von seiner Krankheit gehabt. Wie sie hieß, hatte Doktor Rauch nicht gesagt. Er sprach überhaupt sehr wenig. Sunil hoffte sehr, dass seine eigenen Gliedmaßen diese unheimliche Krankheit nicht bekommen würden.

Der Verlust des Beines war zwar klarerweise sehr schlimm für Shaukat, doch zugleich hatte er während seiner Abwesenheit so viel erlebt, dass die anderen Kinder im Hof an seinen Lippen hingen, wenn er davon erzählte. Er hatte in diesem Krankenhaus Kinder kennengelernt, die ihn zuerst wegen seines Aussehens und seiner dürftigen Sprache hänselten. Später ließen sie ihn dann doch mitspielen und er durfte mit ihnen gemeinsam in einen Kasten schauen, den sie »Fernseher« nannten. Das war ein wirkliches Wunder, sagte Shaukat. Da passierte alles Mögliche, da sah man unzählige Menschen und so viele Dinge, für die er keine Worte wusste. So wie Sunil kannte er nur die Sprache der Aufseher, und diese sagten immer nur das Nötigste. Die Kinder im Krankenhaus oder in der »Klinik«, wie sie sie nannten, halfen ihm beim Verstehen und Benennen der Dinge. So erfuhr er von Wundern wie Familie, Vater, Mutter, Gärten, Autos, Fahrrädern, Tieren, Flugzeugen, Computern, Meeren, Bergen, Musik, Schulen, Geschäften, Büchern, Smartphones, Filmen, Polizei, Romanzen, Kriegen … es nahm kein Ende.

Sunil sah auf. Endlich kam Shaukat nun angehumpelt, in seinem Schlepptau Indica und Aleika, die beiden Mädchen, die Sunil immer etwas von oben herab behandelten, weil sie älter waren als er. Sagar und Mowgli kamen von der anderen Seite herbei. Sunil seufzte leise. Das lief wohl wieder auf eine Erzählstunde hinaus, nichts mit Spielen. Ärgerlich und schön zugleich – er beneidete Shaukat um seine Rolle als wichtigstes Kind, aber gleichzeitig faszinierten ihn die Geschichten, so wie alle anderen.

»Erzähle das von den Eltern noch einmal!«, forderte Indica, nachdem sie sich neben Sunil auf die Veranda gesetzt hatte.

Shaukat setzte sich ebenfalls, schwerfällig mit seinem verbliebenen Bein in die Hocke gehend, die drei anderen kauerten sich auf den Boden des Hofes. Sie mussten aufpassen, sich nicht zu auffällig zu benehmen, sonst würden die Aufseher, die dieses Gequatsche – wie sie es nannten – nicht mochten, die Gruppe auflösen.

»Die Eltern sind ein Mann, der heißt Vater, und eine Frau, die Mutter«, begann Shaukat leise und ein wenig wichtigtuerisch. »Sie sind zusammen und dann bekommen sie Kinder. Die Kinder heißen Brüder und Schwestern, und alle zusammen sind dann eine Familie. Die Eltern sorgen für die Kinder und lassen sie bei sich wohnen, bis sie groß sind. Sie müssen in eine Schule gehen. Dort haben sie Zeichen, mit denen man die Sprache auf ein Blatt Papier bringen kann, das heißt schreiben, und später kann man die Sprache von dem Papier wieder hervorholen, das heißt dann lesen. Und …«

»Wo sind denn unsere Eltern?«, unterbrach ihn Aleika rüde. Das mit Sprache und Lesen hatte Zeit. So sah es auch Sunil.

»Die sind gestorben, als wir noch ganz klein waren, und dann waren wir Waisen«, erwiderte Shaukat. Die anderen nickten. So musste es sein. Schließlich war allen klar, dass die Aufseher nicht ihre Eltern waren. »Deshalb sind wir hier, in einem Waisenhaus. Es muss aber etwas Besonderes sein. Die anderen Kinder im Krankenhaus haben mir gesagt, dass Waisen normalerweise nie in eine Klinik kommen. Eine Klinik ist für reiche Leute, das ist, wenn Eltern alles haben was man sich vorstellen kann, und dann geben sie ihre Kinder in so eine Klinik, wenn sie krank werden.«

»Und was ist mit den Kindern im anderen Hof? Sind das auch Waisen? Wieso sind dort so viele? Wieso kommen wir nicht mit denen zusammen?«, mischte sich Mowgli-mit-denschrägen-Augen jetzt ein.

Die Fragerei brachte Shaukat in Verlegenheit, denn diese Dinge wusste er auch nicht. Erst bei seiner Rückkehr vom Krankenhaus – bei der Einlieferung hatte er zuvor ein Schlafmittel bekommen – hatte er diesen anderen Hof zu Gesicht bekommen. Es gab nur eine einzige Verbindungstür, zugleich die einzige Tür ihres Hofes. Diese war immer verschlossen, außer wenn die Aufseher durchgingen, und dann passten sie auf, dass keines der Kinder in der Nähe war. Aber als Shaukat zurückkam, hatten sie im Glauben, er würde schlafen, seine Trage auf der Veranda des anderen Hofes abgestellt und ihn eine ganze Weile dort stehen lassen. So konnte er in die Räume dahinter sehen. Sie waren vollgestopft mit Kindern, aber die waren ganz anders als Shaukat, Sunil und ihre gemeinsamen Freunde. Unglaublich schmutzig, in Lumpen gekleidet, voller Wunden, verängstigt, schweigsam und ständig an irgendwelchen Maschinen beschäftigt, die Kleider hervorbrachten. In ihrem eigenen Hof mussten sie nur leichte Arbeiten verrichten, und niemals mit Maschinen. Shaukat war Zeuge geworden, wie ein Junge von einem Aufseher geschlagen wurde, richtig hart und so, dass er blutete. Nicht so wie sie, wenn sie ganz selten mal eine Ohrfeige oder Schläge auf den Hintern von den Aufsehern bekamen. Es war Shaukat nicht gelungen, eines der Kinder mit seinem geflüsterten »pssst – he – komm mal her« heranzulocken. Der einzige Junge, der einmal zu ihm hingesehen hatte, hatte die Augen sofort wieder niedergeschlagen.

»Ist doch egal«, versuchte Shaukat seine Erzählerautorität wiederherzustellen. »Habe ich euch das von den Flugzeugen schon erzählt? Das sind riesige Dinger die aussehen wie Vögel, aber so groß, dass unglaublich viele Leute darin sitzen können, und dann fliegen sie in die Luft mit all diesen Leuten, ganz weit weg zu einem anderen Land, über das Meer, von dem ich euch letztes Mal erzählt habe.«

Sunil wusste nicht, ob er ihm das wirklich glauben sollte. Er konnte sich so große Vögel gar nicht vorstellen, und wie kamen die Leute dort hinein? Wurden sie etwa vom Vogel verschluckt? Außerdem wurde es jetzt wirklich Zeit, Aruna woanders hinzubringen. Die Aufseherin, die bisher mit den drei ganz Kleinen beschäftigt gewesen war, sah auch schon herüber. Sicher würde ihr bald wieder irgendeine langweilige Tätigkeit einfallen, die von ihnen verrichtet werden musste, Zwiebeln schneiden, Näharbeiten oder Fegen, für jeden etwas anderes, sodass das Gequatsche ein Ende haben würde.

Ob er wohl jemals so ein Flugzeug aus der Nähe kennenlernen würde?

Wien

2. November

Lang wurde durch das Klingeln seines Mobiltelefons um zwei Uhr siebenundzwanzig aus dem Tiefschlaf gerissen. Er hatte wieder von Anita geträumt, der Großteil des Traumes entschwand aber, sobald er nach dem Handy griff. Einzig die ungeduldig-anklagenden Worte »Papa, bitte beeil dich, ich muss jetzt weg!« blieben in seinem Gedächtnis hängen und ließen die Trauer ihren gewohnten Platz als dumpfen Kloß irgendwo in seinem Bauch einnehmen. Er blinzelte auf das Display – das verhieß nichts Gutes. »Gabriel?«

»Ich muss dich leider stören, Leo«, drang Schneebauers ruhige Stimme etwas tiefer als sonst an sein Ohr. »Eine Kinderleiche in der Lobau. Die Kollegen von Nord haben uns alarmiert. Am besten, du kommst gleich.« Er erklärte ihm kurz und präzise, wo der Fundort war. Lang quittierte mit »bin unterwegs« und beendete das Gespräch. Ohne Rasur, Zähneputzen, Dusche oder Kaffee schlüpfte er in seine Sachen vom gestrigen Sonntag. Dann die warme Jacke, der Schal, der Autoschlüssel, Führerschein, Telefon, Dienstabzeichen, Waffe. Er war zu ungeduldig für den Lift und nahm die Treppen der drei Stockwerke im Laufschritt. Zum Glück hatte er das Auto gestern Abend ganz in der Nähe abstellen können.

Erst als er einige Minuten unterwegs war, beruhigte er sich allmählich. Um diese Zeit waren die Straßen praktisch leer, das Fahren verlangte ihm wenig Aufmerksamkeit ab und ließ ihm Zeit zum Grübeln. Die Leiche war bereits tot, es kam nicht auf die Minute an. Warum hatte er sich verdammt noch einmal nicht etwas mehr Zeit am Telefon genommen und nach Details gefragt? Kinderleiche, das konnte alles bedeuten. Vom ungewollten Säugling – hätte Schneebauer in diesem Fall nicht eher »Babyleiche« gesagt? – bis zum Junkie-Teenager nach einer Überdosis. Wie konnte es ein totes Kind geben, wenn aktuell keines vermisst wurde? In Gedanken ging er die Fälle von abgängigen Minderjährigen durch. Abgesehen von den immer häufiger werdenden Fällen von Kindesentzug durch den jeweiligen nicht erziehungsberechtigten Elternteil fiel ihm nur eine siebzehnjährige Albanerin ein, da hätte Schneebauer vermutlich nicht von einem Kind gesprochen, und eine vierzehnjährige Ausreißerin aus Graz. Vielleicht war’s die ja. Nur eines nicht, flehte sein schutzlos der Nacht ausgeliefertes Gemüt das Schicksal an, nur kein neunjähriges Mädchen mit dunkelblonden Locken, keine wie Anita. Als käme es darauf an. Bist du überhaupt schon bereit für einen solchen Fall? fragte die Stimme in seinem Inneren bohrend. Hast du deine Emotionen im Griff? Fünf Jahre sind nicht viel, wenn es um den Verlust des eigenen Kindes geht. Trotz Therapie.

Er drehte das Radio, das dezente Nachtmusik sendete, lauter, dann schaltete er es ganz aus. Sein Inneres kann man nicht übertönen, das war eine der Wahrheiten, die ihn die Therapie gelehrt hatten. Weder durch laute Musik noch durch Alkohol, Sport oder Sex. Es ist immer bei dir – wenn du es nicht akzeptieren kannst, macht es dich kaputt. Ja, ich habe meine Emotionen im Griff, bis zu einem gewissen Grad jedenfalls. Und ja, ich bin bereit, auch für einen solchen Fall, wenn es sein muss. Wenn ich nur wüsste, um was für einen Fall es überhaupt geht.

Fast drei Uhr. Er schaltete das Radio wieder ein und suchte einen Sender mit Nachrichten. Zugsunglück in Polen mit siebzehn Toten, ein terroristischer Hintergrund wird nicht ausgeschlossen. EU-Ministertreffen in Wien. O je, dachte Lang, da wird wieder die halbe Stadt abgesperrt sein. Arbeitslosenzahlen leicht gesunken, na wenigstens etwas. Schauspieler Jean Devienne letzten Freitag an einer Krebserkrankung gestorben, wie erst jetzt bekannt wurde. Wieder ein kleiner Nadelstich. Devienne hatte zu seiner Jugend gehört wie Fußball und Radfahren, an den verregneten Kindersommernachmittagen, wenn alte Filme im Fernsehen liefen und die Außenwelt dadurch entschwand. Warnende Worte des US-Präsidenten an, ja an wen? Er hatte gar nicht mehr richtig zugehört. Wetter weiterhin nasskalt, der Jahreszeit entsprechend. Die Scheibenwischer schienen die Vorhersage zu unterstreichen. Trostloses Wetter, trostlose Nacht, trostloser Anlass.

Mittlerweile hatte er sein Ziel fast erreicht. Vor sich konnte er schon Blaulicht erkennen. Der Weg führte an einigen Einfamilienhäusern vorbei und endete am Rand eines kleinen Wäldchens. Das letzte Stück würde er zu Fuß gehen müssen.

Er bahnte sich seinen Weg durch den Matsch des aufgeweichten Waldbodens, als ihm Cleo Oberlehner entgegenkam. Mein bester Mann ist eine Frau, hatte er einem Freund gegenüber neulich gewitzelt. Sie trug Gummistiefel – sehr gescheit, dachte Lang angesichts seiner eigenen, jetzt schon durchweichten Sportschuhe – und sah ganz anders aus als sonst. Der ironisch-sarkastische Zug um ihren rechten Mundwinkel war verschwunden, was ihr Gesicht nackt und überaus ernst erscheinen ließ. Die blonden Haare waren mit einem Gummiband in aller Eile zusammengebunden worden. Das Blaulicht färbte die Haare weißlich und das Gesicht bleich.

»Nicht schön«, waren ihre ersten Worte. Dann brachte sie ihn in der ihr eigenen effizienten und intelligenten Art mit kurzen Worten auf den neuesten Informationsstand. Ein Mann, der mit seinem Hund spazieren ging – mitten in der Nacht? – hatte den grausigen Fund gemeldet. Die Kriminaltechnik war schon da. Es handelte sich um die Überreste eines kleinen Jungen, oberflächlich im feuchten Boden verscharrt. Der Hund hatte ihn ausgegraben. »Die Leiche ist arg verstümmelt, Leo«, sagte sie schließlich, ihm so den schlimmsten Schock ersparend.

Er hatte sich also innerlich schon wappnen können, als er sich unter den Absperrbändern hindurch den Weg zum Fundort gebahnt hatte und sich nach einem Wink eines Mitarbeiters der Tatortgruppe der Grube nähern konnte. Dr. Sendlinger kniete auf der anderen Seite im Schlamm. Er begrüßte ihn kurz – noch ein kleiner Aufschub – dann senkte er den Blick.

Es war, wie Cleo gesagt hatte. Eine seichte Grube mit einem kleinen Körper, auf den ersten Blick wie von einem Kindergartenkind, gehüllt in Kleidung, die über und über von Blut und Regen durchtränkt und von Erde befleckt war. Doch am schlimmsten war der Kopf. Eingeschlagen, ohne erkennbares Gesicht, eine einzige undefinierbare Masse, von einer schrecklichen Gewalt zerschmettert. Er fühlte, wie sich sein Inneres trotz aller jahrelangen Erfahrung, trotz der warnenden Worte Cleos zusammenzog. Er machte kurz die Augen zu, straffte die Bauchmuskulatur, atmete durch die Nase ein und durch den Mund aus, wartete, bis der Moment der Schwäche und Übelkeit vorüberging. Als er die Augen wieder öffnete, sah er Sendlingers Blick auf sich gerichtet.

»Geht’s?«, sagte der Arzt ohne eine Spur von Häme. Lang nickte, sah wieder hin.

»Wir drehen ihn jetzt um«, richtete Sendlinger das Wort an seine Mitarbeiter, die in ihren weißen Schutzanzügen schwer zu unterscheiden waren. Er selbst war an seinem schwarzen Bärtchen leicht erkennbar.

»Vorher kann ich Ihnen noch kurz etwas zeigen, sehen Sie, hier«. Er hob den oberen Teil der Kleidung, eine Art Anzugjacke über etwas, was wie ein Hemd aussah – merkwürdige Sachen für ein kleines Kind, ging es Lang durch den Kopf – mit einem zangenartigen Instrument an und schob sie etwas in die Höhe. Auf der freiwerdenden Brust des Leichnams wurde ein Chaos an Zerstörungen sichtbar. Schwärzlich verkrustete Schnitte kreuz und quer, ein großes Loch. Wieder sog Lang die Luft scharf durch die Nase ein. Sendlinger nickte wie als Antwort auf eine unausgesprochene Bemerkung.

»So etwas lässt niemanden von uns kalt, das können Sie mir glauben«, sagte er mit rauer Stimme, um dann mittels eines weiteres Nickens, diesmal an die Mitarbeiter, das Umdrehen des Körpers einzuleiten.

Lang sah weiter zu, während die Rückseite der Leiche einer ersten Begutachtung unterzogen wurde. Im Rücken zwei Löcher, eines davon wohl die Entsprechung des vorderen. Haare, die allen Verschmutzungen zum Trotz noch als weißblond erkennbar waren. Mittlerweile näherte sich jemand von hinten – Schneebauer, der ihn angerufen hatte. Sie unterhielten sich kurz. Die Kollegen der Außenstelle Nord hatten als Erstes die Tatortgruppe informiert und dann direkt Schneebauer angerufen, da dieser mit einem von ihnen befreundet war. Er hatte zuerst die Situation in Augenschein genommen, bevor er ihn und Cleo verständigt hatte, die in der Nähe wohnte.

»Ein Junge, sechs bis acht Jahre alt. Er ist schon seit mehreren Tagen tot«, drang Sendlingers Stimme an sein Ohr. Sehr viel mehr würde er sich hier und jetzt wohl auch nicht entlocken lassen. Doch Sendlinger kennend, wusste Lang, dass die Obduktion sehr rasch vonstatten gehen würde und er erste Ergebnisse am Nachmittag erwarten konnte. Er nickte und wandte sich wieder Gabriel Schneebauer zu. Dessen lange, hagere Gestalt wirkte jetzt eingesunken, ausgepowert, mit hängenden Schultern, die Hände in den Taschen des Parkas, den Blick ins Leere gerichtet. Wie Leo wusste, hatte Gabriel selbst zwei kleine Jungen.

»Wo ist der Hundebesitzer?«, fragte er.

Der Jüngere richtete sich auf, schluckte und sagte dann mit fast normaler Stimme: »Da drüben, beim Einsatzwagen.«

Jetzt erst fiel Leo auf, dass eines der Blaulichtfahrzeuge ein Notarztwagen war. Daneben stand ein älterer Mann mit kugeliger Figur, eine Decke über die Schultern geschlagen, aufgespannten Regenschirm in der linken Hand, Hundeleine in der rechten. Am anderen Ende der Leine ein Dackel. Die beiden wirkten wie ein lebender Beweis der These, dass sich Hund und Herrchen im Laufe der gemeinsam verbrachten Jahre immer ähnlicher werden: Auch der Vierbeiner war alt, dick, unansehnlich und trist. Sie schienen keine andere Farbe als Grau zu kennen. Die Haare des Mannes, sein Hut, der Mantel, der Regenschirm, die schlammverkrusteten Schuhe, das Mäntelchen des Dackels, ja sogar die umgehängte Decke – alles grau in grau.

Sie gingen hinüber zu dem regungslos verharrenden Paar, beide froh, sich von der Leiche abwenden zu können, keiner bereit, sich selbst oder dem anderen das einzugestehen. Lang stellte sich als Chefinspektor und Schneebauer als Bezirksinspektor vor. Der Mann war ihm von der ersten Sekunde an, schon von weitem, überaus unsympathisch. Es kostete ihn Mühe, den Kugelmann nicht in barschem Ton anzufahren. Dieser verstärkte Leos Gefühle noch dadurch, dass er seinen Dackelblick auf ihn richtete, ohne sich jedoch seinerseits vorzustellen oder sonst ein Wort zu sagen.

»Wir müssen Ihnen einige Fragen stellen. Zunächst bitte Ihre Personalien, dann erzählen Sie uns, was heute Nacht vorgefallen ist.« Keine überflüssigen Freundlichkeiten. Er wollte den Bericht möglichst zeit- und situationsnah haben. Tatsächlich machte der Graue jetzt den Mund auf und lieferte das Gewünschte.

»Johann Laski, i bin siebzg und pensionierter Buchhalter und i wohn dort drüben.« Er zeigte mit dem Schirm die Richtung an und nannte die Adresse. »Und er haaßt Micky, nach Mick Jagger. Er is dreizehn, eigentlich schon a bisserl bequem. Drum wor i aa überrascht, wia er auf amoi vom Weg obogn is in den Woid hinein. Er is nimma kumma, bin i eahm nach. Da hob i gsehn, wia er in der nossn Erdn buttlt hat. Er hat mer ned gfoigt, aa ned aufn Pfiff. Bin i hin, hat er si in was verbissn, siech i dass des a klane Hand is. Dann hob i mern gschnappt, den Micky, und die Polizei angrufen mim Handy.«

Schneebauer, groß und dürr und neben Laski wirkend wie Stan neben Ollie, nahm die Befragung auf. Lang fragte weiter: Wieso er mitten in der Nacht mit dem Hund ging und wieso gerade hier, es sei doch ziemlich weit zu seiner Wohnung und noch dazu bei Regenwetter, und weit und breit kein Mensch. Doch Laski hatte logisch klingende Erklärungen: Er leide unter Schlaflosigkeit, ein langer Spaziergang würde oft helfen, egal bei welchem Wetter; seine Frau sage immer, es gebe kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung, der Dackel brauche mehr Bewegung und ihm selbst würde es auch nicht schaden. Und die einsame Gegend sei ihnen beiden egal, wenigstens müsse man nicht dauernd reden und sich keine Sorgen wegen anderer Hunde machen, und sich auch nicht irgendwie schön anziehen. Lang hatte bei diesen Worten plötzlich eine Vision von Laski im dunklen Anzug mit Krawatte, wie er Mick Jagger II die Prater Hauptallee entlangschleifte, ständig unterbrochen durch grüßende und plaudern wollende Menschen – unbändiges Gelächter versuchte, sich einen Weg an die Oberfläche zu bahnen. Vorsicht, jetzt nicht hysterisch werden. Schlucken, konzentrieren, weg mit der Prater Hauptallee.

»Gehen Sie diesen Weg öfter? Wann war das letzte Mal?«, wollte Schneebauer wissen. Eine sehr gute Frage, konnte sie doch einen Hinweis darauf liefern, wie lange der Junge schon dort vergraben war. Laskis letzter Spaziergang in dieser Gegend war schon über eine Woche her.

»Kann i dann? Mir is koit und mei Frau mocht si Surgn«, kam die nasale Stimme des Buchhalters, der anscheinend ein Gelübde abgelegt hatte, nach der Pensionierung nie wieder Hochdeutsch zu sprechen. Sie erfragten noch die genauen Zeiten – wann zu Hause weggegangen, wann hier angelangt, wann Polizei angerufen, dann ließen sie ihn gehen.

Cleo tauchte wieder auf, und Lang diskutierte die Spurenlage mit ihr und Schneebauer. Es war anzunehmen, dass derjenige, der die Leiche verscharrt hatte, mit einem Auto gekommen war und es irgendwo in der Nähe abgestellt hatte – vielleicht dort, wo auch Lang und die anderen parkten –, dann das letzte Stück zu Fuß gegangen war.

»Wenn sie mit dem Körper fertig sind«, – das Wort »Leiche« schien ihm unangebracht –, »sollen sich die Spurenleute um die umliegenden Plätze kümmern, wo man ein Auto stehenlassen kann. Vielleicht gibt es irgendwo Reifenspuren.«

Cleo nickte. »Hab schon mit Sendlinger geredet«, sagte sie. »Viel Hoffnung besteht nicht, es regnet seit Tagen durch, wie du weißt. Aber vielleicht haben wir ja Glück und er ist Raucher oder so.«

Lang sah auf die Uhr. Bald sechs Uhr. Müdigkeit und Kälte drohten sich in den Vordergrund zu drängen, seinen beiden Mitarbeitern erging es wohl ähnlich.

»Gehen wir«, sagte er. »Hier gibt’s für uns im Moment nichts mehr zu tun. Wir sehen uns nachher im Büro.«

Als er kurz nach halb neun in der Berggasse eintraf, hatte er zu Hause geduscht, sich rasiert, die Kleidung gewechselt, sich zwei doppelte Espressi gekocht und diese mit etwas heißer Milch getrunken sowie unterwegs ein Käseweckerl gefrühstückt. Er fühlte sich körperlich fit, was in seinem seelischen Zustand keine Entsprechung fand. Das Bild des kleinen Körpers in der Grube war keinen Augenblick aus seinem Kopf gewichen, war größer und größer geworden und füllte alles um ihn herum aus, stieg aus der Kaffeetasse empor, prasselte aus dem Brausekopf auf ihn herab und leuchtete aus den Verkehrsampeln, die ihm das Vorwärtskommen im Frühverkehr erschwert hatten.

Statt zu seiner Gruppe zu gehen, suchte er sofort Bruno Sickinger, seinen Vorgesetzten, auf, und erstattete dem aufmerksam Zuhörenden Bericht. Der Oberst war an die sechzig, nicht allzu groß, ein wenig untersetzt, intensiver Raucher und in seiner Freizeit Freund von spritzigen Weißweinen und fetten Fleischspeisen. Doch trotz seines gemütlichen Habitus wussten alle, dass er über einen scharfen Verstand und die nötige Einfühlsamkeit verfügte. Er war es gewesen, der Leo vor fünf Jahren zur Auszeit und vor allem zur Therapie gedrängt hatte, als ihm nach Anitas Tod alles über den Kopf zu wachsen gedroht hatte. Deshalb wunderte Lang sich auch nicht über die erste Frage Sickingers: »Und, Leo, wie geht’s dir damit?«

Es hatte wenig Sinn, zu versuchen, Bruno etwas vorzumachen.

»Schlecht«, antwortete er wahrheitsgemäß. »Es macht mich fertig. Fertig und wütend. Und deshalb muss ich den Jungen seinen Eltern zurückgeben, wenn auch tot, und denjenigen finden, der das getan hat. Das sind wir dem Jungen und seinen Eltern schuldig. Und dann werde ich wenigstens wissen, auf wen ich so wütend bin.«

Oberst Sickinger blickte ihn aus seinen kleinen braunen Knopfaugen eine Weile an.

»Tu das, Leo«, sagte er dann, »tu das und halte mich auf dem Laufenden. Ach ja, und Mehrdienstleistungen sollen kein Problem sein. Gelten hiermit als freigegeben.« Dann ging er zum Fenster und öffnete es einen Spalt, und Leo wusste, dass die Besprechung beendet war und der Chef eine rauchen wollte.

Als er die Tür zu seiner Gruppe öffnete, traf sein Blick sofort auf Nowotny und Goncalves, die irgendeinen Scherz am Laufen hatten. Jedenfalls hatte Goncalves die Reste eines Grinsens im Gesicht, während Nowotnys Mundwinkel nicht nach unten zeigten, was bei ihm schon als Zeichen von Amüsement gedeutet werden konnte. Der Gegensatz zu seinem eigenen Gemütszustand war derart stark, dass er seine Verärgerung nicht ganz verbergen konnte. Statt des »Guten Morgen!«, das in dieser Situation angebracht gewesen wäre, brachte er lediglich ein überaus kurz angebundenes »Schneebauer noch nicht da?« heraus. Cleo, die konzentriert in ihren Bildschirm gestarrt hatte, blickte überrascht auf.

»Der muss seine Zwerge in den Kindergarten bringen, wird sicher gleich da sein«, sagte sie in neutralem Ton, und sofort fühlte er sich etwas besänftigt und verärgert über seine eigene Unbeherrschtheit. Der Vorgesetzte darf seine Launen niemals an seinen Mitarbeitern auslassen, ging es ihm durch den Kopf. Ein Gruß und ein paar Worte über das Wochenende hätten eine gute Atmosphäre geschaffen und motivierend gewirkt. Zu spät, da musste er jetzt irgendwie durch.

»Okay, sobald er kommt, bitte gleich Teambesprechung. Cleo, würdest du die Kollegen bitte vorinformieren?«

»Hab ich schon«, sagte sie, ihm in sein Büro folgend, wo er die Jacke auszog und sich hinter seinen nicht gerade leeren Schreibtisch setzte. Sie machte die Tür hinter sich zu.

»Leo, sie können nichts dafür«, sagte sie. »Sie waren nicht dabei, sie haben noch nicht wirklich realisiert, was da passiert ist.«

»Ja, ist mir inzwischen auch klargeworden, ich habe wohl ein bisschen überreagiert. Aber es ist wirklich eine extreme Ausnahmesituation, wenn so ein perverses Schwein ein kleines Kind malträtiert und es wie eine tote Katze im Wald verbuddelt.«

»Wer sagt dir denn, dass es ein Perverser war?« Ihre Frage überraschte Lang.

»Die Verstümmelungen, das zerschmetterte Gesicht, die Schnitte …« Doch sie schüttelte kaum merklich den Kopf und hob die Augenbrauen.

»Ich habe mich an das Kriminologieseminar von Professor Sauer erinnert, weißt du noch?« Er nickte. Auch er hatte, in den beiden Jahren, die er mit dem nicht beendeten Jusstudium verbracht – oder besser vergeudet – hatte, dieses Seminar besucht, ebenso wie Cleo, nur, dass sie neben der Arbeit immer noch gelegentlich Lehrveranstaltungen besuchte und ihr Studium wahrscheinlich eines Tages – im Unterschied zu ihm – abschließen würde. Zwar lagen mindestens sechs Jahre zwischen seinen letzten und ihren ersten Uni-Erfahrungen, aber Sauers Seminar hatte sie beide fasziniert.

»Einmal ging es um Verstümmelung von Opfern, da legte er eine ganze Palette von Ursachen dar, und Sadismus war nur eine davon. Ich habe inzwischen das statistische Material ein wenig recherchiert. Die häufigsten Ursachen sind: erstens Unkenntlichmachung, um die Identifizierung zu erschweren, zweitens Zerstückelung, um die Leiche leichter loszuwerden – das können wir in unserem Fall wohl ausschließen, schließlich gab es keine Zerstückelung –, drittens unbändiger Hass auf das Opfer, viertens Organhandel, und erst an fünfter Stelle finden sich, schon weit abgeschlagen, psychisch gestörte Täter, sexuell motiviert oder nicht. Interessant, nicht?«

Langsam dämmerte ihm, dass ihn seine Emotionen weit weg von einer professionellen Betrachtungsweise geführt hatten, weg vom Fall und von einer strukturierten Bearbeitung desselben, hin zu einer überstürzten Kategorisierung und möglicherweise in eine völlig falsche Richtung. Er richtete sich in seinem Bürostuhl, in den er sich beim Hinsetzen hineingelümmelt hatte, gerade auf und sah Cleo in die Augen.

»Du hast recht«, sagte er. »Gut, dass du gleich damit gekommen bist. Unbändiger Hass scheint mir bei einem so kleinen Kind auch nicht gerade wahrscheinlich. Damit wären unsere Ansatzpunkte Unkenntlichmachung, Organhandel und vielleicht der psychisch Gestörte. Oder eine Kombination von Unkenntlichmachung und einem der beiden anderen Motive. Das werden wir als Einstieg festhalten. Danke, Cleo.«

Ihr befriedigtes Nicken fiel zusammen mit Goncalves’ Klopfen. Er steckte seinen milchkaffeebraunen Kopf durch den Türspalt und meldete Schneebauers Erscheinen.

»Danke, Roberto, wir sind schon unterwegs«, sagte Lang in der Hoffnung, dass seine Stimme und ein angedeutetes Lächeln seinen geänderten Gemütszustand offenbaren würden. Tatsächlich fühlte er sich jetzt viel besser, voller Tatendrang, weniger wuterfüllt und desorientiert. Das hier war ihre Arbeit und sie sollten sie gemeinsam und gut machen. Dazu war das Team da.

Im Besprechungszimmer hatte Nowotny bereits die ganze Technik eingeschaltet, die Flipcharts bereitgestellt und ihre Telefone zur Zentrale umgeleitet, die nur dringende Anrufe durchstellen sollte. Das war sonst eigentlich nicht seine Art, das Technikzeugs sollten lieber die Jungen machen – schlechtes Gewissen? Leo schmunzelte innerlich, ließ sich aber nichts anmerken. Er wusste ja, was er an seinem ältesten Mitarbeiter – fünfzehn Jahre älter als er selbst – hatte.

Der »echte Wiener« Helmut Nowotny trug nach außen eine recht mürrische Miene zur Schau, die gut zu seinem etwas ungepflegten, sehr konservativen Äußeren passte. Verschnudelt, hatte Regina, Leos Ex-Frau, einmal gesagt. Dünne, graue, etwas zu lange Haare, Brille mit dünnem Silberrand, Hemd mit Streifenmuster, abgewetztes Sakko. Etwas Übergewicht und der charakteristische Geruch des Rauchers taten ein Übriges zur Komplettierung der Erscheinung und ließen Außenstehende nicht vermuten, wieviel Scharfsinn, Hausverstand und Erfahrung Nowotny sein Eigen nannte und wie gut er trotz seiner offensichtlichen Unsportlichkeit schießen konnte, wenn es sein musste. Zum Glück musste es fast nie sein. Leo hatte sich über die Jahre mit ihm zusammengerauft; er wusste, dass er sich auf ihn verlassen konnte. Mit seinen Untugenden, insbesondere einer kaum verhohlenen Abneigung gegen alles »Andersartige«, wie zum Beispiel Schwule und Migranten, musste man halt leben, sofern sie das erträgliche Maß nicht überstiegen, die Arbeit nicht beeinträchtigten und nicht an die Öffentlichkeit gelangten. Wenn es darauf ankam fand Nowotny übrigens immer wieder Gründe, weshalb gerade der oder die in Frage stehende Andersartige eine Ausnahme seiner selbst erstellten Regeln bildete. So war auch zu erklären, weshalb gerade er sich so gut mit dem »Ausländer« und »Neger« Goncalves verstand. Das N-Wort war dem Nowotny einfach nicht auszureden, so sehr Lang es auch mit allen Tricks der Mitarbeitermotivation und mit Verweis auf die Vorschriften versucht hatte. Michael Sikas, des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit, Verbot von 1994 rief nur sarkastische Reaktionen hervor – übrigens auch bei den anderen, jüngeren, die in dieser Hinsicht keine Probleme hatten oder machten.

»Was soll i denn sunst sogn?«, pflegte ihn Nowotny gerne in die Ecke zu treiben. »Schwarzafrikaner, wenn i noch gar ned weiß, wo der herkommt? Farbiger, wenn die Leute aber ned grün oder blau, sondern nur braun sind? Außerdem ist des jo aa wieder rassistisch, hob i mir sogn lossn. Vielleicht Maximalpigmentierter?« An dieser Stelle pflegte Nowotny sogar zu grinsen. »Für mich ist ein Neger einfach ein Mensch mit dunkler Hautfarbe, die haben wir als Kinder schon so genannt, damit war nichts Schlechtes gemeint, nur eine Beschreibung, und das kann mir ein Sika auch nicht ausreden. Wisst ihr eigentlich, wie ein Mohr im Hemd jetzt politisch ganz korrekt heißt?« Und nach kurzer Pause, in der alle anderen wegen des Bartwitzes sicht- oder unsichtbar die Augen verdrehten: »Schokoladenüberzogene Schaumzuckermasse mit schwarzafrikanischem Migrationshintergrund!« Da derlei Sprüche Nowotnys nie das Büro verließen und er sich trotz seiner Grantlermiene Menschen gegenüber meist sehr geschickt verhielt, verwandte Lang seine Energie nur sehr selten auf neue Anläufe, den Älteren zu »bekehren«.

Roberto Goncalves, dem großgewachsenen Halbbrasilianer mit Wiener Mutter, war es übrigens völlig egal, wie Nowotny ihn nannte. Er selbst sprach ihn manchmal mit »Oida« an, oder, wenn dieser protestierte, mit »Blada«. Mit seiner athletischen Gestalt, den ebenmäßigen Zügen, den pechschwarzen Haaren und Augen und der natürlichen, gesund wirkenden Bräune wusste er genau, dass abfällige Bemerkungen von Männern über sein Äußeres nur einem Neidgefühl entspringen konnten. Leo war froh, dass Goncalves nicht nur ansehnlich, sondern auch kompetent, intelligent und sehr fleißig war. Dass er perfekt Portugiesisch konnte, wurde zwar selten benötigt, aber er verstand dadurch auch die meisten Texte in anderen romanischen Sprachen wie Spanisch, Italienisch, Französisch und sogar Rumänisch – besonders Letzteres war schon öfters von Nutzen gewesen. Kein Wunder, dass er manchmal zur Überheblichkeit und dazu neigte, sich in den Vordergrund zu spielen, doch im Großen und Ganzen besaß er genügend Gespür für die Kollegen und fügte sich gut ins Team ein. Dass er wie die Verkörperung von südamerikanischer Lässigkeit wirkte, hatte ihn immer zu besonderen Leistungen angespornt, um diesen Eindruck zu widerlegen. Goncalves war der Arbeitsamste, der Streber des Teams. Leo hatte den Eindruck, dass er trotz seiner Jugend – er war gerade mal dreißig und damit der Benjamin der Gruppe – nach Höherem strebte und möglichst schnell Karriere machen wollte.

Schneebauer wirkte übernächtig. Vermutlich sehe ich auch nicht viel besser aus, dachte Lang, Kaffee und Dusche zum Trotz. Die Einzige, bei der der Schlafentzug kaum Spuren hinterlassen hatte, war Cleo. Vermutlich, weil sie daran gewöhnt ist, macht ja alles Mögliche nachts, nur nicht schlafen, dachte Lang. Sofort schämte er sich für den Gedanken – gerade er hatte es nötig, Cleos sexuelle Freizügigkeit zu kritisieren. Ich, der schlechteste Liebhaber aller Zeiten. Wir haben jetzt wirklich andere Sorgen.

Nach einigen kurzen einleitenden Worten beschrieb er möglichst präzise die Ereignisse der vergangenen Nacht. Dann bat er Cleo und Gabriel, es ihm gleichzutun, die Geschichte jeweils von ihrer Warte aus zu erzählen. Alle hingen an den Lippen des jeweils Berichtenden, Goncalves erstellte nebenbei bereits eine Falltafel. Einen solchen Fall hatten sie noch nie gehabt. Viele Gewalttaten hatten sich in den neun Jahren, in denen Lang als Chefinspektor tätig war – abzüglich mehr als eines Jahres Krankenstand – um »häusliche Gewalt« gedreht, ein verharmlosender Ausdruck für Mord und Totschlag sowie den Vorstufen dazu innerhalb von Familien und Lebensgemeinschaften. Kriminelle, die aufeinander losgingen, Streit und Schlägereien unter Saufkumpanen, Vergewaltigung mit schwerer Körperverletzung, Drogendelikte, bewaffneter Raub mit Schießerei, alles Mögliche fiel in ihre Zuständigkeit. Doch eine verstümmelte Kinderleiche hatten sie zum ersten Mal.

Roberto räusperte sich in die entstandene Stille.

»Sollten wir nicht einen Fallnamen vergeben?«, fragte er. »Solange der Junge nicht identifiziert ist, müssen wir ihn ja irgendwie nennen, auch der Öffentlichkeit wegen.«

Lang nickte, Goncalves hatte völlig recht. Auch wenn ihm Tätigkeiten, die zur eigentlichen Fallarbeit nichts beitrugen, widerstrebten, brauchten sie als Erstes einen Namen.

»Vorschläge?«

Es blieb eine Weile still. Dann sagte Nowotny »Caspar, wie Caspar Hauser«, was Lang nicht wirklich passend fand. Doch Goncalves schrieb den Vorschlag auf ein eigenes Flipchart, und dann folgten rasch weitere. Schneebauer trug »Enen, wie N. N.« bei. Es kamen noch »Allerseelenkind«, »Anonymus«, »Inkognito« und »Micky, wie der Finder«, – natürlich Nowotny. Lang gab sich Mühe, eine völlig neutrale Miene zu bewahren.

»Eduard oder Richard«, sagte Cleo. Auf die verwunderten Blicke der anderen reagierte sie mit der Erklärung »englisches Königsdrama – die Buben, die Richard III. im Tower einsperren und laut Shakespeare ermorden ließ – seine Neffen –, hießen so.« Lang erinnerte sich, dass sie vor einiger Zeit erwähnt hatte, sich in der Freizeit die Shakespeare’schen Königsdramen vornehmen zu wollen – in Originalsprache, klarerweise. Ihre letzte Urlaubsreise hatte sie nach London geführt, Theaterabende eingeschlossen.

Goncalves hatte drei südländisch klingende Namen, jedoch mehr dem Spanischen und Latein entlehnt als dem Portugiesischen – das könne niemand richtig aussprechen, meinte er. »Ribero« wegen der Au und des Flussufers, »Silvio« als einer, der im Wald gefunden wurde, und »Rubio«, was auf Spanisch »blond« bedeutet. Seine Vorschläge gefielen Lang am besten; auch die anderen waren dieser Meinung. Nach kurzer Diskussion fiel die Wahl auf »Silvio«, den Jungen aus dem Wald. Goncalves schrieb den Namen oben an die Falltafel, ohne seinen Stolz ganz verbergen zu können. Gut so, dachte Lang, du hattest heute wenigstens schon ein kleines Erfolgserlebnis.

Als nächstes berichtete Cleo über ihre Recherchen. Die Diskussion in der Gruppe ergab, dass unbändiger Hass auf das Kind doch nicht voreilig als Motiv ausgeschlossen werden sollte.

»Zum Beispiel ein Stiefvater, der in ihm immer wieder seinen Nebenbuhler sieht«, äußerte Schneebauer.

Fast automatisch gelangten sie zu den To-do’s, die ohne nähere Informationen dürftig ausfielen. Sie würden sich zunächst auf die Vermisstendatei und die Häuser in der Umgebung der Fundstelle konzentrieren müssen. Hatte jemand in einer der vergangenen Nächte etwas Ungewöhnliches gehört oder gesehen?

»Eine Sache noch, bevor wir anfangen«, sagte Lang. »Die Presse. Natürlich keinerlei Direktkontakte, auch wenn ihr persönlich angesprochen werden solltet. Alles geht über die Pressestelle, und die wird ausnahmslos nur durch mich informiert. Bitte also auch keine eigenmächtigen Informationen an die Pressestelle. Verweist den Siegl einfach an mich, wenn er euch ansprechen sollte.«

Oberst Hubert Siegl war der Leiter der Pressestelle, der mehrere professionell ausgebildete Pressesprecher angehörten. Das war gut so, denn bei Direktkontakten war die Gefahr, in diverse Fettnäpfchen zu treten, enorm. Er würde als nächstes gleich zu Siegl gehen. Der nächtliche Einsatz konnte nicht verborgen geblieben sein, auch wenn kein Reporter an Ort und Stelle aufgetaucht war. Bestimmt glühten die Telefon- und E-Mail-Leitungen in der Pressestelle schon.

Nachdem Sendlingers Assistent ihn am späten Nachmittag telefonisch verständigt hatte, dass man mit der Obduktion so weit sei, machte er sich mit Goncalves auf den Weg in die Gerichtsmedizin. Sensengasse, wie passend. Niemand mochte diesen Teil der Ermittlung, doch er war nun einmal unumgänglich.

Dr. Sendlinger führte sie nach kurzer Begrüßung zum Seziertisch mit dem abgedeckten Körper. Gleich wurde Lang wieder drastisch bewusst, wie klein und schutzlos der Sezierte war. Er bemerkte, dass auch Goncalves bleich wurde unter seiner Bräune. Der Gerichtsmediziner kam gleich zur Sache.

»Da haben sich die Kollegen aber nicht mit Ruhm bekleckert, muss ich schon sagen«, war seine Einleitungsbemerkung, die Lang und seinem Mitarbeiter verwunderte Blicke entlockte. Der Gerichtsmediziner ließ sie nicht lange rätseln. Ohne weitere Vorwarnung schlug er das Laken zurück, was Goncalves dazu veranlasste, unwillkürlich einen Schritt zurück zu machen, als hätte er Angst, der Leichnam könnte beißen. Lang hingegen war nach den Erfahrungen der vergangenen Nacht eher erstaunt, wie wenig ihn der neuerliche Anblick des Jungen – Silvio – bewegte, sorgfältig gereinigt, in steriler Umgebung, mit den unverkennbaren Spuren der Autopsie zusätzlich zu den bereits vorher bestanden habenden Verletzungen.

Sendlinger deutete sachlich auf die Schnitte. »Kollegen, ja, Arztkollegen. Dies hier sind Operationsschnitte, sehr grob und ohne jede Sorgfalt ausgeführt und zusammengenäht. So als wäre es egal, wie groß die Schnitte sein würden und wie die verheilten Wunden aussehen würden. Es wurde die linke Niere entnommen, aber offenbar nicht wegen einer Nierenerkrankung des Kleinen. Er war, was die Nieren anbelangt, völlig gesund und auch sonst in bemerkenswert gutem Zustand für einen Jungen seines Alters – sieben Jahre, schätzen wir. Keine größeren Verletzungen, Narben, Brüche, Spuren von Misshandlungen oder Schwerarbeit. Normal entwickelt, Zähne nicht kariös, normal gepflegt, keine Zahnbehandlungen. Finger- und Zehennägel wurden kürzlich geschnitten, genau wie die Haare. Einige frische Einstiche, aber nichts, was nicht durch die Operation erklärbar wäre. Fast perfekt, könnte man sagen, bis auf die Tatsache, dass er HIV-positiv war.«

»Was?«, entfuhr es Lang, »man hat ihm husch pfusch eine Niere herausgenommen, vermutlich für eine Organspende, obwohl er HIV-positiv war, und ihn dann schlampig wieder zugenäht? Habe ich das richtig verstanden?« Cleos Stimme »Organhandel …« klang in seinem Kopf.

Sendlinger nickte. »Im Großen und Ganzen ja«, antwortete er. »Aber der Pfusch bezieht sich nur auf das Aufschneiden, das Zunähen und die Tatsache, dass trotz HIV-Infektion das Organ entnommen wurde. Die Entnahme selbst wurde fachlich einwandfrei durchgeführt. Ich nehme an, dass große Eile geboten war, so groß, dass die Zeit für die ordnungsgemäße Durchführung aller Tests nicht reichte. Sonderbar. Hat man also gar nichts getestet und einfach drauflos transplantiert? Oder – das wäre die andere, noch abstrusere Möglichkeit – das Organ transplantiert, obwohl man von der Infektion wusste?«

»Es kann auch ganz anders gewesen sein«, sagte Lang. »Vielleicht wollte man einfach nur irgendeine Niere, um sie auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen, und wollte die Tests der Käuferorganisation überlassen.«

Doch Sendlinger zog sein Gesicht in skeptische Falten. »Warum hat man dann nicht noch mehr Organe entnommen, Hornhäute und so weiter? Es hätte genug gegeben, was unbeschädigt und gut verwertbar gewesen wäre.«

Ein Geräusch ließ sie auf Goncalves aufmerksam werden, dessen Anwesenheit beide vergessen hatten. Er stützte sich in leicht gebückter Haltung auf eine Theke, seine andere Hand auf den Magen gedrückt, Schluckbewegungen machend.

»Ist Ihnen nicht gut?«, eilte Sendlinger gleich zu Hilfe, »möchten Sie ein Glas Wasser oder etwas Mentholsalbe unter die Nase? Setzen Sie sich lieber hin.«

Doch Goncalves wollte sich keineswegs eine Blöße geben und schüttelte heftig den Kopf. »Nein, nein«, sagte er gepresst, »ich war nur ein wenig irritiert über die technische Diskussion von wegen Organe und Verwertung … es geht schon wieder, danke.« Er richtete sich auf und lächelte gekünstelt.

Leo fühlte sich wegen der »technischen Diskussion« vage schuldig, wollte aber jetzt auch keine Zeit verlieren mit Erklärungen über die Emotionen der vergangenen Nacht. Vielleicht verstand Roberto jetzt, weshalb er heute früh nicht gut drauf gewesen war.

»Was war jetzt eigentlich die Todesursache?«, wandte er sich wieder an den Arzt. »Ist bei der Operation etwas schiefgegangen, und woher kommt das Loch im Rumpf? Was ist mit dem zerschmetterten Gesicht?«

Sendlinger nickte. »Natürlich, Entschuldigung. Die Operation führte keineswegs zum Ableben, Todesursache war ein Schuss in den Rücken aus einiger Entfernung etwa zwei Tage nach der Operation. Todeszeitpunkt vor etwa einer Woche, Montag oder Dienstag. Die Kugel ging hindurch und trat vorne wieder aus, das Projektil wurde am Tatort nicht gefunden, Hülse detto. Auch kein zusätzliches Blut, der Fundort ist definitiv nicht der Tatort. Es muss einige Zeit zwischen Eintritt des Todes und Vergraben vergangen sein, mindestens eine Stunde. Es gab aber noch einen zweiten Schuss und hier hatten wir mehr Glück, das Projektil ist im Körper stecken geblieben. Hier sehen Sie es« – er hielt einen Plastikbeutel mit einer Kugel unter Leos Nase – »dürfte ein 9-mm-Geschoß sein, es geht gleich an die Ballistik. Leider keine Fremd-DNA, wie gesagt, der Schuss erfolgte aus einiger Entfernung. Derjenige, der ihn zum Fundort gebracht hat oder zumindest sein Fahrzeug muss aber voller Blut des Opfers gewesen sein.«

»Die Zerstörungen am Gesicht«, setzte Sendlinger fort, »sind postmortal mit einem harten, flachen Gegenstand zugefügt worden. Kein herumliegendes Holzstück, da hätten wir wohl Holzpartikel finden müssen. Ich tippe am ehesten auf eine Schaufel oder Ähnliches. Wahrscheinlich zwei bis drei Schläge.«

Wieder ein Geräusch von Goncalves.